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Nils Busch-Petersen ist Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg.

© privat / Tagesspiegel

Päckchen aus Piräus?: Temu, Shein und Aliexpress liefern vorbei am deutschen Fiskus

Unsere Zollbehörden sind überfordert mit den Handelsplattformen aus China. Für die scheinen keine Regeln zu gelten. Folge 106 unserer Kolumne „In der Lobby“.

Nils Busch-Petersen
Eine Kolumne von Nils Busch-Petersen

Stand:

Shoppen Sie wie Milliardäre? Temu lädt dazu ein. Sie fragen, wer Temu ist?

Dann gehören Sie zur Minderheit von vier Prozent der Bundesbürger, die diese chinesische Online-Handelsplattform weder kennen, noch dort kaufen? Mit vier Prozent kommt man hierzulande ohne silberne Locken nicht einmal in den Bundestag!

„Drittstaatenplattformen“ wie Temu, Shein und Aliexpress fluten Europa mit Waren aus dem asiatischen Raum, weitere aus China und Indien stehen in den Startlöchern.

Sie eint eine hervorragende Social Media Strategie, kompromisslose Niedrigpreise und vor allem, Lücken bei Marktüberwachung und Wareneinfuhr zu nutzen. Gleichzeitig liegen Produktstandards bei Arbeitsbedingungen, Sicherheit, Gesundheitsgefährdung und Nachhaltigkeit meist unter den gesetzlichen Vorschriften der EU.

Die Päckchen sind in der Regel mit einem Warenwert unterhalb der 150 Euro-Zollfreiheitsgrenze deklariert, unabhängig vom realen Wert. Der 24-Stunden-Flughafen von Lüttich in Belgien ist ein Haupteinfallstor für täglich mehrere Millionen Päckchen nach Europa, jährlich sind es mehrere Milliarden! Auch der Hafen von Piräus bei Athen gehört China, eine strategische Investition.

Die europäische Marktüberwachung ist überfordert, regelmäßige Zollkontrollen gibt es nicht im Ansatz. Hinzu kommt die fehlende innereuropäische Vernetzung beim Austausch von Daten. So wird der Markt mit häufig mangelhaften Produkten zu Kampfpreisen geflutet, vorbei am deutschen Fiskus.

Der deutsche Handel hingegen erleidet eine Flut ansteigender Regulierungen wie Berichtspflichten und wird hinsichtlich seiner Öffnungsmöglichkeiten diskriminiert, als ob nicht längst ständig Bestellungen Sonntagsarbeit außerhalb Deutschlands auslösten. Scheinheilige Sonntagswahrer könnte man deshalb durchaus als Neokolonialisten bezeichnen…

Drittstaatenplattformen sind kein Feindbild, aber müssen sich an die gleichen Regeln halten, wie unsere Kaufleute vor Ort.

In unserer Kolumne „In der Lobby“ kommentieren führende Köpfe der Berliner Wirtschaft die aktuelle Lage.

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