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 Hamid Djadda hofft auf einen Neuanfang nach der Wiederholungswahl.

© Kitty Kleist-Heinrich/Tagesspiegel

Unternehmer will stabile Verhältnisse: „Wegner und Giffey wären für mich ein Traum-Team“

Hamid Djadda ist Inhaber der Neuköllner Marzipan-Manufaktur Ohde. Als Geschäftsmann setzt er auf CDU und SPD, die seiner Ansicht nach die Wirtschaft am ehesten stärken.

Stand:

Herr Djadda, wir hatten im September 2021, direkt nach der ursprünglichen Wahl, gesprochen. Damals hatten Sie gehofft, dass Franziska Giffey nicht mit den Grünen und den Linken zusammengeht. Das sei „Gift für die Wirtschaft“. Wie schlimm waren die eineinhalb Jahre für Sie als Unternehmer?
Auf jeden Fall sehr schlimm. Nicht nur für mich, sondern für viele Unternehmer in Berlin. Und wie ich damals gesagt hatte: Rot-Grün-Rot war keine gute Idee, es hat sich wenig geändert gegenüber vorher. Allerdings darf man auch eines nicht vergessen: Die hatten Pech, denn es begann der Ukraine-Krieg mit seinen Folgen. Die hatten viele Krisen zu bewältigen, die vorher nicht absehbar waren.

Wir sprechen auf Basis der Hochrechnung von kurz vor 19 Uhr. Die CDU ist eindeutig stärkste Kraft. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?
Die Wählerinnen und Wähler in Berlin haben eindeutig für einen Wechsel gestimmt. Die CDU hat den Regierungsauftrag bekommen, mal unabhängig davon, ob es am Ende für sie reicht. Aber der Wunsch der Berlinerinnen und Berliner ist klar.

Sie sind gut vernetzt in der Berliner Wirtschaft. Was haben Sie und andere Unternehmer:innen sich von der Neuwahl erhofft?
Alle Unternehmer, die ich kenne, haben davor gezittert, dass die Grünen wieder an die Macht kommen könnten. Noch schlimmer als Rot-Grün-Rot wäre nämlich Grün-Rot-Rot unter einer Regierenden Bürgermeisterin Bettina Jarasch.

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Warum?
Das Problem der Grünen ist: Die Grünen sind gute Menschen, aber blauäugig. Sie gehen an Probleme heran wie kleine Kinder. Sie sehen die Probleme nicht global, das müssten sie aber, denn die Welt ist nun einmal komplex.

Zum Beispiel?
Die Friedrichstraße wurde einfach für Autos gesperrt, ohne zu berücksichtigen, was mit den Geschäften passiert, mit den Umsätzen und der Existenz der den Menschen, die davon leben. Und ohne zu überlegen: Bringt das denn überhaupt etwas in der gesamten Verkehrspolitik? Man muss in der Politik eine Bandbreite haben, die alle Aspekte mit einschließt.

Die Friedrichstraße wurde einfach für Autos gesperrt, ohne zu berücksichtigen, was mit den Geschäften passiert, mit den Umsätzen und der Existenz der den Menschen, die davon leben.

Hamid Djadda, Unternehmer aus Berlin

Ein anderes Beispiel: Sie wollen mehr oder weniger die Autos abschaffen in der Stadt. Das geht nicht über Nacht. Menschen, die an den Randgebieten leben, brauchen die Autos für die nahe Zukunft. Auch Handwerker brauchen die Autos. Ja, wir müssen auf Nahverkehrsmittel setzen, aber nicht radikal gegen die Autofahrer vorgehen.

Hamid Djadda und Franziska Giffey bei der Vorstellung der Avus-Tribüne, die Djadda besitzt und saniert hatte.

© imago images/Stefan Zeitz

Kai Wegner ist der glückliche Wahlsieger. Er als möglicher Regierender Bürgermeister, wie gefällt Ihnen diese Vorstellung?
Ich bleibe bei meiner Aussage: Neue Besen kehren gut. Ich begrüße die Veränderung und sehe es positiv, dass die CDU so gut abgeschnitten hat. Vor allem hoffe ich, dass es zu einer stabilen Regierung kommt – alles andere wäre wischiwaschi.

Mit welchen Parteien sollte die CDU zuerst sprechen?
Ich als Unternehmer sage: klar mit der SPD. Das Verständnis für die Wirtschaft ist bei der SPD größer als bei den Grünen. Eine schlechte Wirtschaftslage, und dazu gehört das Wohnungsproblem, hat weitaus größere Konsequenzen für die Menschen als jedes andere Thema.

Die Wohnungsnot ist das große Thema. 20.000 Wohnungen pro Jahr hat der Senat mit seinem neue geschaffenen Mietenbündnis versprochen. Die Zahl wurde nicht erreicht. Wie kann das überhaupt geschafft werden?

Indem alle an einem Strang ziehen. Die privaten Bauunternehmer müssen mit einbezogen werden. Die landeseigenen Baugesellschaften schaffen nicht annähernd die benötigte Anzahl. Das Problem ist: Der Bau in Berlin ist wegen der vielen Vorschriften und langen Genehmigungszeiten viel zu kompliziert und zu teuer. Berlin hat komplexere Bau-Vorschriften als andere Bundesländer. Die Zahl ist in den vergangenen 20 Jahren von 5000 auf nun 20.000 gestiegen. Bauen ist sehr teuer geworden, und dadurch werden auch die Mieten sehr teuer. Vonovia beispielsweise. Die hätten gern gebaut, wenn es sich rentiert hätte, es rentiert sich aber nicht für sie.

Eine Lösung wäre…?

Man muss dafür sorgen, dass der Bau für bezahlbaren Wohnraum angemessen rentabel ist. Ich spreche nicht von Horror-Profit für die Bauwirtschaft. Das geht, wenn man die Komplexität an Bauverschriften vereinfacht, diese sind einmalig in Europa. In anderen Ländern ist das doch auch möglich. Natürlich sind auch Subventionen nötig, denn sie können nicht teuer bauen und günstig vemieten.

Berlin hat 20.000 Bauvorschriften, das ist einmalig in Europa. Man muss die Komplexität abschaffen.

Hamid Djadda, Inhaber der Marzipanmanufaktur Ohde und Besitzer der Avus Tribüne

Die Koalitionsoptionen bleiben erstmal offen. Ihre persönliche Wunschkonstellation wäre?
Ich persönlich hoffe auf stabile Verhältnisse CDU/SPD. Aber eine Traum-Konstellation wäre sogar, wenn sich CDU/SPD und die Grünen als dritte Kraft einigen könnten. Das ist allerdings unwahrscheinlich.

Warum eine Dreier-Konstellation mit den Grünen?
Weil sie so eine zwei Drittel Mehrheit haben. Um beispielsweise die großen Probleme in der Berliner Verwaltung zu beheben, müsste die Verfassung geändert werden – und das geht nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Im Interesse Berlins wäre sogar eine Zusammenarbeit von Frau Giffey, Herrn Wegner und Frau Jarasch im Moment das Beste.

Wie sollte sich jetzt Franziska Giffey Ihrer Meinung nach am besten verhalten?
Auf keinen Fall die zweite Geige unter Frau Jarasch in einer derzeit auch möglichen Koalition Grün-Rot-Rot spielen. Sie müsste zwar über ihren Schatten springen, aber Franziska Giffey zusammen mit Kai Wegner als Regierender Bürgermeister, das wäre eine gute Lösung für die Stadt. Das ist ein gutes Team nach meiner Einschätzung. Ich habe beide persönlich kennengelernt, und sie haben keine allzu großen Differenzen, sondern ziehen an einem Strang. Zudem sind sie beide wahre Berlin-Fans, richtig, vom Herzen.

Was dürfte das Ergebnis für den damaligen Volksentscheid zur Enteignung großer Immobilienkonzerne bedeuten?

Ich möchte betonen, ich bin gegen Enteignung, weil es wirtschaftlich überhaupt keinen Sinn ergibt und die Mieten in Berlin weiter steigen, und zwar bei den über 1,4 Millionen Wohnungen, die ja nicht enteignet werden. Die Enteignung betrifft lediglich 250.000 Wohnungen der Großkonzerne. Das Problem sind auch nicht die Konzerne wie Vonovia, sondern die kleineren Firmen, die Steueroasen irgendwo haben, wo nicht mal feststeht, wer der Inhaber ist und die jeden Trick nutzen, um Mieten hochzutreiben. Aber wir haben nun einmal den Volksentscheid, da muss man rechtlich schauen, was das bedeutet.

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