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Ein Foto aus einer anderen Zeit: Firmengründer Peter Dussmann mit Ehefrau Catherine und Tochter Angela im Sommer 2002.

© Reetz

Testamentsänderung war korrekt: Rechtsstreit um Dussmann-Erbe in Berlin entschieden – Mutter gewinnt

Die Testamentsänderung zulasten der Tochter durch den kranken Peter Dussmann war korrekt, findet das Landgericht Berlin. Die Witwe erbt 75 Prozent.

| Update:

Fast zehn Jahre nach dem Tod von Peter Dussmann gibt es eine Entscheidung im Erbstreit zwischen Tochter und Mutter. Gutachten über die Testierfähigkeit des schwerkranken Dussmann zogen den Konflikt in die Länge, unzählige Male wurde Termine vom Gericht verschoben. Am Mittwoch verkündete das Landgericht Berlin das Urteil: Die Mutter gewinnt gegen die Tochter; die von Peter Dussmann aus dem Krankenbett heraus vorgenommene Testamentsänderung zugunsten der Mutter ist nach Auffassung der Richter korrekt. Damit ist der Streit über das Millionenerbe vorerst entschieden. Die Tochter kann Berufung einlegen.

Der Auslöser des Rechtsstreits reicht zurück bis in Jahr 2010. Damals änderte Peter Dussmann sein Testament. Aber konnte er das überhaupt? Dussmann war seit Längerem ein Pflegefall und womöglich fremdbestimmt. Davon geht jedenfalls die Tochter Angela aus. Sie wirft ihrer Mutter Erbunwürdigkeit vor, da sie das erste Testament durch ein mutmaßlich unkorrektes und auf Catherine Dussmanns Betreiben zustande gekommenes zweites Testament habe ersetzen lassen, argumentiert die Tochter.

Peter Dussmann, 1938 im württembergischen Rottweil geboren, schuf aus einem Münchener Haushaltsservice für Junggesellen einen der größten Dienstleistungskonzerne Deutschlands. Nach der deutschen Einheit kam Dussmann nach Berlin und baute eine Unternehmenszentrale sowie ein Kulturkaufhaus an der Friedrichstraße. Bereits 1981, kurz vor der Geburt der Tochter Angela, hatte der Unternehmer in einem handschriftlichen Testament verfügt, dass Ehefrau und Tochter ihn jeweils zur Hälfte beerben sollten. Dieses Testament galt fast 30 Jahre.

Dussmann war nach mehreren Schlaganfällen seit Ende 2008 ein Pflegefall und konnte kaum noch sprechen. Im Krankenbett änderte er im Mai 2010 das Testament: Statt einer Erbquote von 50:50 für Mutter und Tochter gab es nun für die Ehefrau 75 Prozent am Milliardenkonzern und den Pflichtteil von 25 Prozent für die Tochter. Im Krankenzimmer zugegen waren ein Arzt, der die Geschäftsfähigkeit Dussmanns feststellte, und ein Notar. Den Arzt konnten später weder das Gericht noch der vom Gericht beauftragte Gutachter zum Sachverhalt befragen, da er sich das Leben genommen hat. Peter Dussmann starb im September 2013 kurz vor seinem 74. Geburtstag.

Der Notar Klaus Racky wiederum verließ sich auf die Expertise des Arztes und nahm die Testamentsänderung vor. Racky las Peter Dussmann Passagen des Testaments vor, Dussmann soll die Aussagen mit Ja goutiert haben. Am Ende unterschrieb der Arzt als Zeuge das Testament, was juristisch korrekt ist. Damit war die Testamentsänderung zulasten der Tochter Angela vollzogen. Und der Familienkrieg begann.

„Zwischen Mutter und Tochter liegt ein Ozean, über den man keine Brücke bauen kann“, sagte ein Anwalt dem Tagesspiegel. Angeblich nahm das Familiendrama seinen Lauf, als Angela 2006 Ronald Göthert heiratete. Ein Esoteriker, der sich mit feinstofflichen Ebenen und deren Bedeutung für den Menschen beschäftigte. Der Vater war erschüttert ob der Wahl seiner Tochter und schuf eine Stiftung, damit nach seinem Tod das Ehepaar Göthert nicht direkt Einfluss nehmen könne auf die Firma. Und er änderte das Testament –  allerdings erst vier Jahre nach der Heirat von Angela..

Catherine von Fürstenberg-Dussmann im Kulturkaufhaus an der Friedrichstraße.
Catherine von Fürstenberg-Dussmann im Kulturkaufhaus an der Friedrichstraße.

© Tsp/Mike Wolff

Der Vater, so die Argumentation der Tochter, deren Berater den Vorfall 2015 öffentlich machten, sei viel zu schwer beeinträchtigt gewesen, um eine Testamentsänderung nach eigenem Willen durchzuführen. Vielmehr habe die Mutter das veranlasst, der Wille des Vaters sei entstellt worden. Informationen aus Krankenakten wurden öffentlich, wonach Peter Dussmann bisweilen auf das Pflegepersonal losgegangen sein soll und überhaupt nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen sei. Catherine Dussmann war entsetzt über die Veröffentlichung; das Zerwürfnis mit der Tochter nicht mehr zu heilen.

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Angela klagte gegen die Testamentsänderung, und das Gericht beauftragte den Bochumer Neurologen Pedro Faustmann mit einem Gutachten, das Anfang 2018 vorlag. Aus neurologisch-psychiatrischer und medizinischer Sicht könne eine Testierunfähigkeit bei Dussmann nicht festgestellt werden, befand Faustmann. Auf 164 Seiten fasste der Neurologe zusammen, was ihm bei der Sichtung von 5000 Seiten Aktenmaterial relevant erschien. Faustmann war auf die Akten angewiesen, denn von den drei Personen, die am 25. Mai 2010 zugegen waren, lebte nur noch der Notar. Die Anwälte der Tochter stellten das Gutachten infrage und Faustmann arbeitete nach: Die „kommunikativen Fähigkeiten und Fertigkeiten“ reichten aus, heißt es 2019 in einer zweiten Studie, eine „adäquate Kommunikation mit Herrn Dussmann war möglich“.

Faustmanns Aussage stand im Mittelpunkt einer Anhörung vor dem Berliner Landgericht im Juni 2022. Mutter und Tochter waren nicht erschienen, aber natürlich Faustmann sowie der Notar Klaus Racky und mehr als Dutzend Rechtsvertreter, darunter eine Rechtsanwältin aus den USA, der Heimat von Frau Dussmann. Aus Sicht von Catherine Dussmann hat sich der Aufwand gelohnt. Mit dem Urteil vom Mittwoch ist sie rechtmäßige Erbin von 75 Prozent des Dussmann-Vermögens. „Heute hat das Gericht den letzten Willen meines Mannes, Peter Dussmann, bestätigt und dafür bin ich sehr dankbar“, kommentierte sie das Urteil. Sie hoffe nun, „dass ich und meine Tochter Angela das alles hinter uns bringen können und ein neues Kapitel in unser Leben schreiben. Das Leben ist zu kurz“, ließ Catherine Dussmann mitteilen.

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