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Eine Frau beim Online-Shopping für Modekleidung auf ihrem Smartphone.

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Verbraucherzentrale zieht Bilanz: Das sind die aktuell größten Fallen für die Kunden

Werbung für Nahrungsergänzungsmittel im Fußballverein, falsche Ausfüllhilfen für Behördenanträge oder Online-Stores, die es gar nicht gibt. Zehntausende Berliner suchten 2024 Rat bei der Verbraucherschutzzentrale.

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Ob Nahrungsergänzungsmittel mit großen Versprechungen oder Fake-Dienste, die Hilfe mit nervigen Anträgen anbieten – der Berliner Verbraucheralltag ist voller Fallstricke, wie der aktuelle Jahresbericht 2024 der Verbraucherzentrale Berlin klarmacht.

Start-up für Nahrungsergänzungsmittel abgemahnt

Auffällig im Trend: Nahrungsergänzungsmittel, die gezielt an Jugendliche in Berliner Sportvereinen vermarktet werden. Im Fokus stehen Anbieter, die damit werben, ihre Produkte würden schneller, stärker oder widerstandsfähiger machen – gerade für ehrgeizige Nachwuchssportler ein verlockendes Versprechen. „Da kommen Vertreter direkt auf den Fußballplatz und erklären, dieses oder jenes Pulver schütze vor Verletzungen“, berichtet Britta Schautz, Projektleiterin für Lebensmittel und Ernährung, von der Beschwerde eines besorgten Vaters.

Nahrungsergänzungsmittel versprechn oft mehr, als sie dürfen.

© Getty Images/iStockphoto

„Die Werbung ist sehr gut gemacht, aber solche Gesundheitsversprechen sind schlicht verboten.“ Die Verbraucherzentrale hat gegen den Anbieter Matchday Nutrition erfolgreich eine gerichtliche Abmahnung durchgesetzt. Dennoch: Immer wieder tauchen neue Firmen mit neuen Produkten und Versprechen auf, oftmals kommen sie aus der Berliner Start-up-Szene. 

Manche Seiten sind so professionell aufgezogen, dass selbst wir zweimal hinschauen müssen.

Petra Hegemann, Bereichsleiterin Recht und Beratung

Ebenso auf dem Vormarsch: Anbieter sogenannter „Ausfüllhilfen“ und Fake-Dienstleistungen. Wer etwa im Internet nach einem Führungszeugnis sucht oder einen Antrag auf Wohngeld stellen will, landet mit wenigen Klicks auf Seiten, die aussehen wie offizielle Behördenportale. Was viele nicht merken: Für aufwendig verpackte Formulardownloads oder scheinbare Beratung werden hier teils stolze Summen verlangt.

„Manche Seiten sind so professionell aufgezogen, dass selbst wir zweimal hinschauen müssen“, erklärt Petra Hegemann, Bereichsleiterin Recht und Beratung. Nicht selten suchen Betroffene später Rat in der Verbraucherzentrale, weil sie für eigentlich kostenlose Dienstleistungen plötzlich zahlen mussten – und teils erheblich unter Druck gesetzt wurden.

Fake-Coachings für alle Lebensfragen

Ein weiteres Dauerärgernis: die sogenannten „Coachings“, die aktuell über TikTok, Instagram oder YouTube wie verheißungsvolle Rettungsringe in die Timelines gespült werden. Ob Mindset, Karriere oder Dating – überall versprechen selbst ernannte Experten schnelle Lösungen, satte Erfolge und revolutionäre Lebensveränderungen. Kostet oft mehr als 1000 Euro, geliefert wird meist ein Standardvideo und wenig Substanz. „Die Betroffenen berichten fast immer von Enttäuschung“, sagt Hegemann.

„Statt individueller Beratung gibt es ein paar PDFs und eine Einladung zu weiteren kostenpflichtigen Kursen.“ Auch Pyramidensysteme, bei denen Kunden selbst zu Werbern gemacht werden, sorgen zunehmend für Anfragen.

Zunehmend anspruchsvoll wird das Erkennen von Fakeshops. Diese Unternehmen geben sich im Internet gezielt als Berliner Traditionsbetriebe aus, schmücken sich mit ausgedachten Handwerksgeschichten und täuschend echten Ladenfotos – doch hinter der Fassade ist oft nur Leere. Die Zahl der Beratungen und Beschwerden hierzu ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen, das Phänomen ist ein prägnantes Beispiel für die Professionalisierung von Betrug im Onlinehandel.

52.202
Auskünfte, Anfragen und Beratungen zählte die Verbraucherzentrale Berlin im Jahr 2024.

Neben den rund 52.000 Verbrauchersorgen, die 2024 bei der Verbraucherzentrale Berlin eingingen, findet sich die aktuell größte Sorge in der Institution selbst. Im anstehenden Berliner Haushalt drohen Kürzungen um 1,4 Millionen Euro – das entspricht rund einem Drittel des Etats. Es stehen bis zu 40 Prozent weniger Personal im Raum, rund 20 Mitarbeiter:innen könnten zum Jahresende ihren Job verlieren.

Zahlreiche Projekte für energetische Sanierung, Ernährung, wirtschaftlichen Verbraucherschutz oder Bildungsarbeit müssten gestrichen werden. Markus Kamrad, Vorstand der Verbraucherzentrale Berlin, blickt mit einer Mischung aus Hoffnung und Ernüchterung auf die Debatte: „Ich erlebe die Politik wohlwollend. Und dennoch: Bisher hat mir noch keiner gesagt, das kriegen wir hin.“

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