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Warenhäuser und Bibliotheken gehören zusammen: So steuert der karge Alexanderplatz in die Zukunft
Das Warenhaus ist keine rückwärtsgewandte Idee. Im Gegenteil, findet unser Kolumnist: Manche Idee aus der Vergangenheit hat viel Potenzial. Warum sollten Warenhäuser nicht wieder Bibliotheken betreiben?

Stand:
Zum bedeutenden Ort Berlins wurde der Alexanderplatz durch die Entscheidung von Oscar Tietz, dort sein großes „Hermann Tietz“-Warenhaus im Jahr 1905 zu errichten. Auf die damals doch eher schwache Lage des Alexanderplatzes angesprochen, soll der Warenhauspionier erwidert haben: „Lage? Die mache ich!“
So ist es dann auch geschehen, der Alex wurde bedeutend, dabei nicht immer schön, sich stets neu sortierend, ohne jemals Behaglichkeit auszustrahlen. Geschäftigkeit aber schon, Weltoffenheit als Inselereignis zu den Weltfestspielen 1973 auch, Freiheitswillen und Aufbegehren am 4. November 1989 massiv. Häufig städtebaulich überformt, ohne sichtbar schöner zu werden, muss sich der Alex auf seine wachsende Rolle im neuzeitlichen Stonehenge Berlins, dem Steinkreis aus Hochhäusern, vorbereiten.
Was wird den Platz prägen? Weiterhin ein Warenhaus, finden die Berliner Kai, Franziska und Nils gleichermaßen in schöner Eintracht. Denken sie rückwärts? Nein, nur weil das Warenhaus in Deutschland eine heftige Schwächephase mit externen und internen Ursachen durchmachen musste, ist die Idee weltweit nicht vom Markt, kann das Konzept erfolgreich neugestaltet werden.
Dazu bedarf es für die Zukunft eher weniger aber stets allerbester und ausreichender Flächen, Lage also. Der Flächenbedarf eines Warenhauses muss durchgesetzt werden. Wer passt auf die so freiwerdenden Flächen? Natürlich eine Bibliothek, gerne auch eine Zentral- und Landesbibliothek. Deren über 100 Jahre währende Suche nach einem Standort zu beenden, wäre ein politischer Erfolg.
Handel und Bibliotheken gehören wie auch Gastronomie, Kultur- und Sporteinrichtungen zu den urbanen Playern, die seit Corona enger zusammengerückt sind, um gemeinsam städtisches Leben (wieder) lebenswerter zu gestalten. Warenhäuser betrieben schon vor 100 Jahren oft eigene Bibliotheken, weil das passt. Also: trau Dich Berlin!
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