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Die Gewerkschaft NGG will sich nicht mit „Peanuts“ abspeisen lassen.

© dpa/Paul Zinken

Warnstreik bei Süßwarenherstellern: Mitarbeiter wollen ein größeres Stück vom Kuchen

Für 24 Stunden stenden die Produktionslinien im Berliner Bahlsen-Werk still. Das ist der Auftakt für eine größere Streikwelle, betont die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten.

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Für den berühmten Ausspruch beim Durchfahren des Tempelhofer Industriegebiets – „Nach was riecht es denn hier so gut?“ – ist am Montag der duftende Anreiz weggebrochen. Die Produktionslinien im Berliner Bahlsen-Werk an der Oberlandstraße standen still. Die rund 100 Mitarbeiter der Frühschicht hatten sich zusammen mit Kollegen aus anderen Unternehmen vor dem Werk zu einer Kundgebung versammelt, um für mehr Lohn zu demonstrieren. Der Warnstreik bei Bahlsen sollte laut Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) 24 Stunden dauern, also bis Dienstagmorgen.

Neben Bahlsen wurden weitere Berliner Süßwarenhersteller bestreikt, allerdings nur in der Frühschicht, darunter die Wilhelm Reuss GmbH (330 Beschäftigte), Cargill (200 Mitarbeiter) und Stollwerck (230 Mitarbeiter).

Stollwerck betreibt eine Schokoladenfabrik in Marienfelde, Cargill stellt in Reinickendorf und Lichtenrade Schokomasse her, Wilhelm Reuss produziert in Neukölln vor allem Nuss-Nugat-Cremes. Bahlsen mit rund 440 Beschäftigten (nach Angaben der NGG) produziert in Berlin vor allem die „Pick up“-Kekse, in denen ebenfalls viel Schokolade steckt.

Die NGG ruft bundesweit zu Warnstreiks auf. Die Gewerkschaft fordert für die 60.000 Beschäftigten der Branche 500 Euro mehr pro Monat in den unteren Tarifgruppen und 400 Euro mehr in allen anderen. Mit einer Laufzeit von einem Jahr. Azubis sollen 200 Euro mehr bekommen.

Die Wut in den Betrieben ist riesig.

Sebastian Riesner, NGG-Geschäftsführer für die Region Berlin-Brandenburg

Die Arbeitgeber hätten bislang nur prozentuale Erhöhungen der Löhne um 3,8 Prozent für 2023 und 2,9 Prozent für 2024 angeboten. Zum Vergleich: Im Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen liegen die Steigerungen insgesamt zwischen zehn und 13 Prozent.

„Das wird der prekären Situation vieler Arbeitnehmer:innen in keiner Weise gerecht. Die Unternehmen haben ihren Umsatz zuletzt um elf Prozent gesteigert und wollen die Beschäftigten dennoch mit Peanuts abspeisen“, sagt NGG-Geschäftsführer für die Region Berlin-Brandenburg, Sebastian Riesner. „Die Wut in den Betrieben ist riesig.“

Arbeitgeber bieten Sonderzahlungen von 1500 Euro

Die Arbeitgeber weisen die Darstellung der NGG zurück. Die NGG habe die Tarifverhandlungen im Mai einseitig abgebrochen, obwohl man ein „ordentliches Angebot“ unterbreitet und „deutliche Signale für weitere Zugeständnisse“ gesendet habe, erklärte Ernst Kammerinke vom Bundesverband der deutschen Süßwarenindustrie (BDSI).

Der BDSI habe Sonderzahlungen von insgesamt 1500 Euro und eine Lohnerhöhung von 125 Euro ab Oktober 2023 und weiteren 100 Euro ab September 2024 angeboten. Das entspräche prozentualen Erhöhungen zwischen 6,6 und 9,5 Prozent. Bis zu den Sommerferien hoffen die Arbeitgeber auf einen Tarifabschluss.

Die Berliner Süßwarenindustrie ist überschaubar. Beim Streik nicht dabei: Der größte Berliner Hersteller von Schokoprodukten, die Firma Storck, die in Reinickendorf ihre Zentrale hat. Dort sind nach Firmenangaben rund 1200 Mitarbeiter beschäftigt. „Storck ist beim nächsten Mal dran“, sagt Reisner. Die mittelständischen Marzipanhersteller Moll und Lemke aus Neukölln stehen indes nicht auf der Liste der Gewerkschaft. „Die gehören nicht zum BDSI“.

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