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Beschäftigte klagen über Schmerzen: IG Metall bezeichnet Arbeit bei Tesla als „Knochenjob“
Der US-Konzern von Elon Musk ist ein harter Gegner für Gewerkschafter. Die IG Metall hat Beschäftigte zu den Arbeitsbedingungen befragt – mit drastischen Ergebnissen.
Stand:
Auf der Jahrespressekonferenz der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen am Mittwoch kritisierte Bezirksleiter Dirk Schulze den US-Konzern Tesla scharf. „Die Arbeit bei Tesla in Grünheide ist ein Knochenjob“, sagte er. „Mehr als 80 Prozent der Beschäftigten fühlen sich überlastet.“
Nur jeder zehnte Befragte glaube, die Belastung bis zur Rente aushalten zu können. „Neun von zehn Beschäftigten leiden unter arbeitsbedingten Schmerzen, etwa Kopf-, Nacken-, Gelenk- oder Rückenschmerzen.“ Die Arbeiter:innen bräuchten Zeit zum Durchatmen, zum Trinken oder zum Gang auf die Toilette. In anderen Autowerken sei das üblich, sagte der Gewerkschafter.
Neun von zehn Tesla-Beschäftigten leiden unter arbeitsbedingten Schmerzen.
Dirk Schulze, Bezirksleiter IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen
Wie viele der 10.000 Angestellten der Gigafactory in Grünheide in der IG Metall organisiert sind, wollte Bezirksleiter Schulze nicht verraten. „Mir geht es nicht um Mitgliederzahlen, sondern darum, dass sich die Arbeitsbedingungen unter den Beschäftigten verbessern.“ Denn um die stehe es gar nicht gut für die 10.000 Beschäftigten der Gigafactory.

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Umfrage trotz ängstlicher Stimmung
Bei Tesla herrsche eine sehr autoritäre Managementkultur, es werde alles versucht, die IG Metall herauszuhalten, sagte Schulze. Zwar wurden zum November 2024 die Löhne um vier Prozent erhöht, die Bedingungen blieben jedoch schlecht, das Betriebsklima sei insgesamt verschlossen und sogar von Angst geprägt. Die repräsentative Umfrage unter den Beschäftigten im vergangenen Herbst habe deshalb mehrere Wochen gedauert. 1200 Mitarbeiter:innen äußerten sich am Ende anonym.
Der Tesla-Chef Elon Musk bekämpfe weiterhin die Errungenschaft eines konstruktiven Austauschs von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen, der insbesondere bei deutschen Automobilkonzernen eine Tradition habe, meinte Schulze.
Wahlkampf und Rechtsstreit
Bei Tesla steht die Gewerkschaft mit ihrer Arbeit noch ganz am Anfang. Schulzes Ziel für 2025 ist eine Mehrheit im Betriebsrat. Denn bisher ist die IG Metall dort nur mit 40 Prozent vertreten. Die Gewerkschaft will Wahlkampf machen und das Kräfteverhältnis bei der nächsten Wahl im Frühjahr 2026 verändern.
Bis dahin geht die Industriegewerkschaft auf juristischem Weg gegen die Tesla-Geschäftsführung vor. Die aktuelle Tesla-Betriebsratsvorsitzende Michaela Schmitz wurde von der IG Metall wegen „grober Pflichtverletzung“ verklagt.
Anfang Februar wird darüber in einer Güteverhandlung am Arbeitsgericht Frankfurt (Oder) verhandelt. Im besten Fall wird Schmitz abgesetzt. Dann rückt allerdings jemand anderes von ihrer Liste nach. Es bleibt also ein Machtkampf.

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Sogenannte solidarische Lösungen, wie sie zuletzt im Dezember mit dem Autobauer-Konkurrenten Volkswagen gefunden wurden, und die zunächst eine Schließung der Standorte in Zwickau und Chemnitz verhinderten sowie eine Beschäftigungssicherheit bis 2030 erreichen konnten, scheinen bei Tesla noch in weiter Ferne. Und ein Streik aus Solidarität, wie aktuell in dänischen und schwedischen Tesla-Werken, wäre mit dem deutschen Streikrecht nicht zu vereinbaren.
Am 15. März will die IG Metall mit einem bundesweiten Aktionstag für sichere und gute Arbeit in der Industrie Druck auf die künftige Bundesregierung und die Arbeitgeber machen. Die zentrale Kundgebung im Osten soll unter dem Motto „Mein Arbeitsplatz. Unser Industrieland. Unsere Zukunft!“ in Leipzig stattfinden.
Schulze forderte alle Industrieunternehmen der Region auf, sich zu ihren Standorten zu bekennen: „Wir brauchen Unternehmen, die auch was unternehmen und nicht nur jammern.“ Weil der „industrielle Aufbruch“ in wirtschaftlich schwierigen Zeiten aber eine „gemeinsame Anstrengung“ sei, erwarte er von der zukünftigen Bundesregierung, sich von der Schuldenbremse zu verabschieden.
Nach eigenen Angaben konnte die IG Metall in der Region 2024 einen Mitgliederzuwachs verzeichnen. Allerdings konnte der Zulauf von 9000 neuen Mitgliedern den demografisch begründeten Schwund nicht ganz ausgleichen. Insgesamt hat die IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen demnach aktuell 142.500 Mitglieder.
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