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Auf den Weihnachtsmärkten wird man sich dieses Jahr bei Glühwein und gebrannten Mandeln nicht ganz so nahe kommen dürfen.

© Carsten Koall/dpa

Besucher zählen, Stände reduzieren: So sollen in Berlin Weihnachtsmärkte trotz Pandemie stattfinden

Der Markt am Gendarmenmarkt 2020 findet aufgrund der Corona-Pandemie nicht statt. Andere Betreiber wollen es dennoch wagen.

Die rasant steigenden Corona-Zahlen beunruhigen auch die Weihnachtsmarktbetreiber in Berlin. Der traditionelle Weihnachtsmarkt auf dem Gendarmenmarkt fällt in diesem Jahr ganz aus. Das sagte Veranstalter Helmut Russ laut Medienberichten. Die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Risiken seien demnach angesichts steigender Neuinfektionen unkalkulierbar geworden.

Steht Berlin also ein Winter ganz ohne Glühwein, Langos und Lichterketten bevor? Nein. Die meisten anderen Betreiber wollen ihre Märkte unter strengen Auflagen stattfinden lassen.

Für den Weihnachtsmarkt „Lucia“ in der Kulturbrauerei stand in Absprache mit dem Gesundheitsamt das Hygienekonzept schon vor sieben Wochen fest, wie der Betreiber Michael Wiegner sagt.

Über eine Absage sei natürlich auch nachgedacht worden. „Aber wir haben 95 Prozent unserer Veranstaltungen in diesem Jahr verloren“, sagt Wiegner. „Der Weihnachtsmarkt sind die fünf Prozent, die uns noch übrig bleiben.“

Durch die aktuellen Abstandsregeln können sich höchstens 1260 Menschen gleichzeitig auf dem Gelände der Kulturbrauerei aufhalten. Hinzu kommen weitere 350, denn der Betreiber hat die angrenzende Sredzkistraße dazugewonnen.

Online können Besucher sehen, wie voll der Markt ist

An allen Eingängen werden die Besucher elektronisch gezählt. Auf der Webseite kann jeder, der auf den Markt will, dadurch „sekundengenau“ herausfinden, wie voll dieser bereits ist.

Die neue Bestimmung des Senats, nach der die Essensstände, an denen Gäste keine Maske tragen können, von den sonstigen Ständen abgegrenzt werden sollen, treffe auf die Brauerei nicht zu, da es dort ohnehin keine Indoor-Stände gebe. „Bei uns ist alles unter freiem Himmel.“

Das Konzept des Senats findet der Veranstalter „prinzipiell gut“, doch bei zu vielen Auflagen müssten die Betreiber für sich entscheiden, ob sich der Weihnachtsmarkt lohnt. Für die „Lucia“ scheint er das zu tun.

80 Prozent der Händler des vorigen Jahres sind trotz Corona auch diesmal dabei. Sechs kommen eigens dafür aus Finnland und Schweden. „Wir sind schon jetzt ausgebucht“, berichtet Wiegner. Nicht dabei sein können unter anderen die Kunsthandwerkshändler. „Sie müssen ihre Ware bereits im Sommer bestellen – das war diesmal im Lockdown kaum möglich.“

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Als Neuerung gibt es „Wohlfühlteams“: Die Angestellten sollen die Gäste freundlich an die Abstandsregeln erinnern. Das werde eine der Herausforderungen sein, sagt Wiegner. „Wir können sonst kaum steuern, vor welchen Ständen sich die Gäste ansammeln.“

Auch der Weihnachtsmarkt vor dem Schloss Charlottenburg finde statt, sagte der Veranstalter Tommy Erbe am Donnerstag. Er habe bereits im Sommer ein Hygienekonzept mit Maskenpflicht erarbeitet. Die Zahl der Stände werde um 30 bis 40 Prozent sinken – nicht nur wegen der vergrößerten Abstände, sondern auch, weil viele internationale Anbieter diesmal fernblieben.

„Es kommt niemand mehr aus Peru oder Indien“, sagt er, aus dem Ausland seien fast nur noch ein paar Verkäufer aus Polen dabei. Den gewonnenen Raum wolle er nutzen, um den Weihnachtsmarkt „noch schöner zu gestalten“, sagt Erbe.

Vor dem Roten Rathaus passen 3000 Menschen

Er habe Verständnis für die Maskenpflicht, zumal diese ja nur beim Flanieren gelte. Um Glühwein zu trinken oder eine Bratwurst zu essen, dürften Besucher den Mund-Nasen-Schutz abnehmen.

Auch vor dem Roten Rathaus soll der Weihnachtsmarkt wie geplant stattfinden. „Wir haben dafür alles getan und werden unsererseits nicht absagen“, sagt der Betreiber, Hans-Dieter Laubinger. „Wir sind gut dafür gewappnet, dass Besucher auf sicherem Boden laufen.“

Seit dem Anschlag am Breitscheidplatz war der Weihnachtsmarkt bereits eingezäunt und mit Schleusen versehen; auch die Gäste wurden gezählt. Neu ist jetzt vor allem die Nachverfolgung: Die Besucher müssen ihre Kontaktdaten hinterlegen.

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Auf mehr als 600 Quadratmetern können sich nach aktuellen Berechnungen der Veranstalter rund 3000 Besucher zur gleichen Zeit aufhalten. Nur 20 Händler, die aus Südamerika oder Litauen hätten anreisen müssen, sind diesmal nicht dabei.

Dafür seien einige neue dazugekommen, insgesamt wird es 100 Stände geben. Die Initiatoren hätten zunächst auch eine Absage erwogen. Doch das Land habe sich sehr darum bemüht, Gewerbetreibenden zu helfen, sagt Laubinger. „Und wir dachten, ein bisschen Licht soll es in diesem trüben Jahr doch noch geben.“

Der Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz wird kleiner ausfallen

Der Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz soll in diesem Jahr hingegen „viel kleiner“ ausfallen, sagt Betreiber Arnold Bergmann, ebenso die „Winterwelt“ am Potsdamer Platz, obwohl das nichts mit den Corona-Auflagen zu tun habe, sondern mit den geschlossenen Arkaden. Zugleich sei das Risiko hoch, dass kurz davor doch noch abgesagt werden müsse.

50 von sonst 100 Händlern sollen diesmal am Alexanderplatz dabei sein. Das Gelände wird eingezäunt, es gibt Eingangskontrollen, Wachschutz, Wasch- und Desinfektionsanlagen sowie Abstandsmessungen, sagt Bergmann. Am neuen Konzept des Senats kritisiert er nur eines: „Man hätte im Vorfeld mehr mit den Betreibern reden müssen.“

Cristina Marina

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