
© Yannik Nissen
Berliner Sängerin Marita Hintz: „Meine Generation hat sehr viel Angst vor der Zukunft“
Bei der Fête de la Musique ist Marita Hintz im CVJM Neukölln zu hören. Vor ihrem Auftritt spricht die Sängerin über ihren Song „Allein in Berlin“ – und darüber, was ihr Hoffnung macht.
Stand:
In dem Song „Allein in Berlin“ erzählen Sie von der Schwierigkeit, in dieser Stadt anzukommen. Heute wohnen Sie fast zwei Jahre hier. Fühlen Sie sich mittlerweile zu Hause?
Gerade am Anfang fand ich es schwierig, hier Anschluss zu finden. Ich kannte nur wenige Leute, die meisten waren Produzent:innen und andere, mit denen ich zusammengearbeitet habe. Mir hat es sehr geholfen, nicht alleine zu wohnen, sondern in eine WG zu ziehen.
Zudem ist meine beste Freundin ein paar Monate nach mir nach Berlin gezogen, mit der ich sehr viel Zeit verbringe. Ich habe auch wieder mit Fußball angefangen. Das hat mir ein Heimatgefühl gegeben. Nach dem Training bleiben wir oft noch auf eine heiße Schokolade bei dem Kiosk am Sportplatz. Also ja: Ich würde sagen, ich fühle mich mittlerweile zu Hause hier.
Aufgewachsen sind Sie in Aalen bei Stuttgart. Wie viel Kleinstadt steckt noch in Ihnen?
Sehr viel. Ich finde, man kann das Kleinstadtleben sehr gut damit vergleichen, wenn man in seinem Kiez bleibt. Ich gehe meistens nur an Orte, die ich in 20 Minuten zu Fuß erreichen kann und besuche die gleichen Bars, Cafés und Restaurants. Es macht mich irgendwie happy, wenn man in einer so großen Stadt in einen Laden reingeht und der Besitzer weiß schon, was du bestellen wirst. Berlin fühlt sich manchmal an wie eine große Stadt, die aus ganz vielen Kleinstädten besteht.
Gibt es auch Seiten an Berlin, die Sie nerven?
Ja, die Schnelllebigkeit in Bezug auf Dating. Ich habe mich oft in Sachen reingestürzt. Mich nervt, dass Dating-Apps einem das Gefühl vermitteln, jeden Tag könnte jemand neues kommen …
Das machen Sie auch in Ihren Texten zum Thema. Ihr Song „awg“ steht für „Alles wird gut“ – darin erzählen Sie von flüchtigen Begegnungen und Selbstzweifeln. Am Ende sagen Sie, dass trotzdem alles gut wird. Woher kommt Ihr Optimismus?
Ich habe auch Zukunftsängste, so ist es nicht. Ich bin aber trotzdem jemand, der immer denkt, in zwei Jahren wirst du zurückblicken und irgendwie ist alles ganz gut gelaufen. Vielleicht hilft es manchmal auch, sich das selbst zu sagen. So entsteht Optimismus, denke ich. Wenn man sich die Welt so anschaut, gibt es eigentlich wenig Grund dafür. Deswegen ist es wichtig, die kleinen Momente im Leben zu schätzen.
Ist das etwas, was Ihre Generation auszeichnet?
Ich glaube, meine Generation ist sehr anxious, hat sehr viel Angst vor der Zukunft. Auch wenn wir an die Generationen nach uns denken, sind wir trotzdem sehr gut darin, im „Jetzt“ zu leben und uns keine Gedanken darüber zu machen, was in fünf Jahren ist. Wir leben im Moment mit dem Bewusstsein, dass morgen alles zu Ende sein könnte.
Haben Sie musikalische Vorbilder, die Ihnen Kraft geben?
Das ist wahrscheinlich keine große Überraschung, aber eine wichtige Inspiration für mich ist Billie Eilish. Sie ist die Stimme einer ganzen Generation. Sie hat es allein durch ihre Authentizität geschafft und nicht, weil sie irgendetwas darstellen wollte. Ich kann mich mit ihrer Art, aber auch mit ihrer Musik sehr identifizieren. Trotz ihrer sanften Stimme trifft sie einen direkt mitten ins Herz. Das mag ich.
Was erwarten Sie von Ihrem Auftritt am Samstag bei der Fête de la Musique?
Ich freue mich erst mal, auf der Bühne zu stehen, ich bin dankbar für jede Bühne, die ich bekomme. Das ist ja auch nicht immer einfach. Es gibt so viele Newcomer:innen. Deswegen freue ich mich, dass ich die Chance bekomme, bei Fête de la Musique zu spielen. Und ich freue mich, dass es wahrscheinlich ein Laufpublikum geben wird, also dass Leute kommen werden, die keine großen Erwartungen haben, sondern einfach offen sind für neue Musik.
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