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November 2020. Dieses stattliche Exemplar wurde ebenfalls im Hafen befestigt.

© Anwohner

Behördenpingpong auf dem Fluss: Der Senat hat jetzt doch eine Idee für Berlins Schrottboote

Seit 10 Monaten Thema im Tagesspiegel: die Schrottboote, für die keiner zuständig sein will. Jetzt gibt's eine konkrete Idee - und ein Vorbild in Lichtenberg.

Stand:

Diese Posse war eine der Tagesspiegel-Geschichten des Jahres. Im Mittelpunkt: die Schrottboote im Nordhafen von Berlin-Spandau, Ortsteil Hakenfelde. Behördenpingpong auf Champions-League-Niveau.

Seit Februar 2020 berichte ich hier im Tagesspiegel, hier die erste Meldung zu den Schrottbooten. Wie kam es dazu? Damals hatte ein Newsletter-Leser auf das Ärgernis aufmerksam gemacht, das zu einem großen Thema werden sollte. Schrottautos kennt jeder, aber Schrottboote? Seitdem spreche ich mit Behörden, Anwohnern, Politik, weil der Fall so gaga ist: Keiner will oder kann zuständig sein für den Müll auf dem Wasser.

Zehn Monate nach dem ersten Tagesspiegel-Bericht gibt es jetzt aber eine Idee im Senat.

Mittlerweile sind es schon 2,3,4,5, 6 Schrottboote, die im Nordhafen liegen. Die Wasserschutzpolizei ist genervt, weil die Schiffe immer wieder festgeknotet werden müssen, weil Jugendliche die Seile lösen.

Die Anwohner sind irritiert, weil der schwimmende Müll nicht entfernt wird. Zuständig? Ist jetzt doch die Senatsverwaltung für Verkehr und Umwelt um Regine Günther, Grüne. Neulich haben die Behörden noch hier im Spandau-Newsletter gerätselt.

Nachdem ich das Behördenpingpong zwischen Senat, Bezirk und Bundesbehörden hier im Newsletter dargestellt habe, klemmte sich auch Bettina Domer, SPD, dahinter und machte es zum Thema im Abgeordnetenhaus. Und sie bekam jetzt frische Infos von Staatssekretär Ingmar Streese, Grüne, die interessant sind.

„Mit Stand 30. November lagen sechs Wasserfahrzeuge im Nordhafen still, von denen zwei dort schon längere Zeit liegen und in der Presse als ‚Schrottboote‘ bezeichnet werden“, so Streese (und meint damit den Spandau-Newsletter).

Humorig ist die Wortwahl des Staatssekretärs: „Die dort liegenden Wasserfahrzeuge entsprechen zwar nicht der allgemein üblichen Bootsoptik, drohen aber gegenwärtig nicht zu sinken und sind sicher festgemacht.“ Hier zwei Fotos von der „unüblichen Bootsoptik“. Nicht lachen!

Okay, es schwimmt, aber ernsthaft: Das soll kein Schrott sein?

© Andwohner

November 2020. Dieses stattliche Exemplar wurde ebenfalls im Hafen befestigt.

© Anwohner

Kapitäne in den Knast? Entfernt werden können die Schrottboote allerdings nur, wenn „diese als herrenloser Unrat eingestuft werden“. Und dies ist nicht der Fall. Vier Eigentümer der Boote wurden ermittelt, mit Bußgeldern belegt, in einem Fall wurde sogar ein Antrag auf Erzwingungshaft beim Amtsgericht Tiergarten gestellt, weil der Eigentümer nicht zahlen will.

Die Polizei bindet die Boote immer wieder fest, weil Jugendliche sie losmachen.

© Anwohner

Jetzt die Idee: Vorbild Schrottautos? „Der Senat prüft derzeit die Rahmenbedingungen, um ein Verfahren zu entwickeln, welches es – ähnlich wie bei illegal abgestellten Kraftfahrzeugen in öffentlichem Straßenland – rechtssicher ermöglicht, dauerhaft illegal stillliegende, nicht mehr verkehrstüchtige Wasserfahrzeuge zu entfernen und den Eigentümer bzw. die Eigentümerin für die Kosten heranzuziehen“, berichtet Streese. 

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„Unabhängig davon soll als erste, kurzfristige Maßnahme die Liegestelle im Nordhafen in eine 23-Stunden-Liegestelle umgewandelt werden mit einem Liegeverbot von 11 bis 12 Uhr. Dies ist geeignet, der Wasserschutzpolizei die Ahndung von Liegeverstößen zu erleichtern.“

Was das nun wieder ist? "Ein Schiff". Oder so.

© Anwohner

„Das Behördenpingpong muss ein Ende finden", schrieb mir jetzt auch die SPD-Politikerin Bettina Domer, die den Ärger aufgegriffen hatte.

„Denkbar wäre es, dass ein Ordnungsamt ausgewählt wird und alle halterlosen Boote auf Berlins Wasserstraßen, von denen eine potentielle Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht, nach Absprache mit der zuständigen Senatsverwaltung abschleppen lässt und entsorgt.“ Um alle Schrottautos in Berlin kümmert sich zum Beispiel das Ordnungsamt in Lichtenberg.

Kaputte Planen, eingetretene Scheiben. Aber ein cooles Fotomotiv ist es ja irgendwie schon.

© Anwohner

„Eine Lösung muss her, denn auch auf der Unterhavel gab es einen ähnlichen Fall, bei dem ein augenscheinlich leckgeschlagenes Segelboot seit Monaten ‚ankert‘ und offensichtlich nicht mehr verkehrsfähig ist.“

Damit ist das Segelboot von Kladow gemeint, das seit 2019 abgesoffen in der Havel liegt ist und auch hier schon oft Thema war. Der Clou: Ein Newsletter-Leser meldet sich gerade aus dem Ruderboot: „Das Boot wurde leergepumpt und näher ans flache Ufer gezogen.“ Hier das Foto.

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