
© Patrick Siboni, tak Theater
Einmalige Performance in Kreuzberg: „Zora Snake“ tanzt über Raubkunst
Kulturelle Aneignung, Kunstraub sowie Ausstellungsästhetik sind die Themen einer einmaligen Tanz-Performance in Berlin. Für einen Umgang mit Kunst aus Afrika auf Augenhöhe.
Stand:
Der Tanzer „Zora Snake“ lädt zu einer einmaligen Perfomance ein über Kunstraub und seinen Folgen. Am 11. November um 20 Uhr im „tak Theater“, Prinzenstraße 85F. In „Opéra Villageois“ (Übersetzt: Die Oper der Dorfbewohner) geht es um Gold und Salz, die Geschichte der Plünderung der Reichtümer Afrikas. Performance-Kunst aus Kamerun verbindet sich mit unterschiedlichen Sichtweisen und Interpretationen.
„Es geht um einen befreiteren Dialog, insbesondere über die Rolle des Körpers in der Funktion von heiligen Kunstwerken. Es geht darum, ihre Kraft und Macht in Verbindung mit dem Körper neu spürbar zu machen“, sagt der Künstler, der 1990 in Kamerun geboren wurde und mehrere Tanzschulen in Afrika absolviert hat. Seine tänzerische Vision hat ihren Ursprung im Hip-Hop. Mit seiner Arbeit möchte er zur Erneuerung der Kunst in Kamerun und Afrika beitragen.
Es geht um kulturelle Aneignung. In den Museen Europas werde eine „Dorfästhetik“ Afrikas ausgestellt, traditionelle Masken und Statuen zu Kunst erklärt und aus Kontexten gerissen. Snakes „Tanz der Befreiung“ soll den Objekten ihre Würde zurückgeben und sie zurückholen zu Subjekten der Erinnerung.
Bis heute geschieht eine Kuration nur wenig auf Augenhöhe mit dem Land, aus dem Artefakte ausgestellt werden, viele afrikanische Künstler:innen fordern eine angemessenere Ausgestaltung und Kontextualisierung.
Deutschland ist mitverantwortlich
Theaterregisseurin Lydia Ziemke über Kunstraub.
Kolonialmächte haben im 19. und 20. Jahrhundert Unmengen an Kunstwerken aus afrikanischen Ländern gestohlen – meist unter Anwendung von Gewalt. „Deutschland ist mitverantwortlich“, sagt Theaterregisseurin und tak-Geschäftsführerin Lydia Ziemke dem Tagesspiegel.
Auch, wenn deutsche Kolonialmächte relativ wenig gestohlen hätten (meistens aus Namibia), so haben deutsche Sammlungen viel Raubkunst gekauft und ausgestellt. In Berlin bekannt ist der Fall um die „Benin-Bronzen“, die aus den hiesigen Museen teilweise nach Nigeria zurückgeschickt wurden. Aber es geht um mehr als nur die Rückgabe von Artefakten.
„Die Kunstwerke waren das Herz der Gesellschaft“, sagt Ziemke. „Ihr Raub riss Löcher in die Identität der Menschen und den Zusammenhalt in den Gesellschaften. Neben der Versklavung und der blutigen Gewalt haben die Diebstähle dieser Kunstwerke die unermesslichen Traumata der Kolonialisierung mit bewirkt.“
Das Humboldtforum ist der Ort in Berlin mit den meisten ethnologischen Objekten. Ziemke bezeichnet die Existenz des Gebäudes als höchst umstritten: „Warum ein Gebäude aus der Kolonialzeit wieder errichten?“ Allerdings versucht die Regisseurin genau dort, mit Künstler:innen aus aller Welt, das blutige koloniale Erbe aufzuarbeiten. Snakes „Opera du Villageois“ wurde dort bereits aufgeführt. Im tak Theater soll es am 11. November eine längere Version geben, dass „vollständige Performance Ritual“ – einmalig und ohne Wiederholung. Tickets können hier gekauft werden.
Dies ist ein Text aus dem Newsletter für Friedrichshain-Kreuzberg, der ab jetzt zu unserem digitalen Angebot Tagesspiegel Plus (T+) gehört. Weitere Themen aus dem Newsletter, der immer donnerstags erscheint und hier sofort bestellt werden kann:
- Postkoloniale Tanz-Performance zu Kunstraub und seinen Folgen.
- Behördenpingpong: Wohin mit über 28 000 Luftfiltern aus den Schulen?
- Lukas-Podolski-Dönerladen am Kotti geschlossen - aber er kommt zurück.
- Neonazis wollen durch linke Rigaer Straße marschieren – Gegenprotest angekündigt.
- Rundum-Grün-Ampel am Checkpoint Charlie soll zum Regenbogen werden.
- Besonders viele Gewalttaten an der U-Bahn-Linie 8.
- 1500 Quadratmeter neuer Asphalt, breite Radwege und rot markierte Bereiche: Kreuzung am Mehringdamm wird umgebaut.
Zwölf Bezirke, zwölf Newsletter – jetzt Bestandteil des Abonnements Tagesspiegel Plus (T+). Bitte hier entlang zum Spezialangebot.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: