
© Holger Gross / Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Berlin e. V.
Finale bei den Berliner Freiwilligentagen: „Wir wollen gehört und aktiv beteiligt werden“
Rund 250 Menschen feiern im Roten Rathaus den Abschluss der „Gemeinsamen Sache“. Wie kann das Ehrenamt nicht nur während der Projekttage in der Stadt sichtbar bleiben?
Stand:
Zu einem feierlichen Anlass wie diesem gehört Musik. So gebührt es dem Ensemble „Zentralblech“, sich mit Trompeten, Tuba und Saxophon Gehör zu verschaffen. Das Orchester des Landesmusikrats Berlin e.V. besteht aus denjenigen, die an diesem Abend im Roten Rathaus gefeiert werden: Ehrenamtliche.
Rund 250 Menschen kamen zur Abschlussveranstaltung der „Gemeinsamen Sache“ / Berliner Freiwilligentage. Und zwar in den „schönsten Saal Berlins“, so nennt es der Regierende Bürgermeister Kai Wegner, – den Festsaal mit den hohen Bogenfenstern und den großen Kronleuchtern.
Wann kommen Ehrenamtliche hier schon mal rein? Eine von ihnen, in einer hinteren Reihe, packt ihr Fernglas aus. Es ist ein Dankes-Abend mit viel Politik-Prominenz: Neben Kai Wegner ist auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus gekommen, Joe Chialo, Senator für gesellschaftlichen Zusammenhalt und die ehemalige Sozialsenatorin Elke Breitenbach.

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„Mit Ihrem Engagement tragen Sie jeden Tag dazu bei, Berlin ein Stück besser zu machen“, begrüßt die Geschäftsführerin des Paritätischen Wohlfahrtsverbands LV Berlin e.V., Gabriele Schlimper, die Gäste. Im Publikum sitzen viele, die im Rahmen der Freiwilligentage (20.-30. September) berlinweit die über 220 Mitmachaktionen organisiert und durchgeführt haben. Damit noch mehr Leute Lust bekommen, sich ehrenamtlich zu engagieren: etwa bei gemeinsamen Clean-ups oder beim Unterstützen von anderen.

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„Sie zeigen, dass es wichtig ist, in dieser Stadt etwas für andere zu tun und auch Spannungen und Vorurteile abbaut, wenn sich Menschen begegnen und kennenlernen“, sagt Schlimper. Die Frage, wie engagierte Nachbarschaften und somit auch die Demokratie gestärkt werden können, ist Thema des Abends. Kai Wegner, Schirmherr der Freiwilligentage, sagt in Bezug auf die Landtagswahlen: „Unsere Demokratie ist in Gefahr – von außen und innen. Sie als engagierte Freiwillige machen Berlin zu dem, was es ist. Sie sorgen für Zusammenhalt und dass unsere Demokratie gestärkt wird.“
Was braucht es also, um die Ehrenamtlichen zu stärken? Politische Rahmenbedingungen und Orte, wo sich Menschen hinwenden können, weiß Schlimper. Gemeint ist auch hauptamtliches Personal und finanzielle Unterstützung. Eine Forderung, wie gemacht für die Berliner Politik, auch mit Blick auf die Sparzwänge im Haushalt.
Jährlich befristete Förderungen, Bürokratiezuwachs – das ist die Realität für Stadtteil- und Familienzentren. Wegner sichert zu, sich für die Erhöhung der Förderungsdauer auf „mindestens zwei bis drei Jahre“ einzusetzen. Auch die Erhaltung von Orten der interkulturellen Arbeit sei ihm wichtig.
Demokratie wäre ohne Engagement nur eine leere Hülle.
Lisa Paus (Grüne), Familienministerin
„Demokratie wäre ohne Engagement nur eine leere Hülle“, sagt Engagementministerin Lisa Paus. In ihrer Keynote nennt sie eine Reihe von Bundesprogrammen, unter anderem „Demokratie leben!“ (2023: 182 Millionen Euro), „Menschen stärken Menschen“ (240.000 Patenschaften), die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) mit Förderungs- und Beratungsangeboten. Im Dezember will Paus eine neue Engagementstrategie vorstellen. Engagement soll so unbürokratischer werden, Strukturen gestärkt und der Engagementpreis weiterentwickelt werden.

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Redebeiträge, von denen es an diesem Abend auf dem Podium mehr hätte geben können, waren die von Ehrenamtlichen. In der kurzen Gesprächsrunde sagte Sami Almohamad Alchahin: „Wir wünschen uns eine echte Partnerschaft. Wir wollen gehört und aktiv beteiligt werden.“ Er ist ehrenamtliches Vorstandsmitglied des Vereins, der das interkulturelle Stadtteilzentrum Ulme35 in Westend betreibt. Als Beispiel für das „Nicht gehört werden“ von der Politik nennt er die neue Geflüchtetenunterkunft in der Nähe des Zentrums. Die Nachbarschaft hätte gerne am Konzept mitgeplant.
Dina Bott, Ehrenamtliche der Freiwilligenagentur Pankow sagte, Ehrenamt sei ein gutes Mittel gegen Frust. Die Freiwilligenagentur setzt auch einen Fokus auf Inklusion, zum Beispiel mit Beratungen in leichter Sprache. Es gibt sogar eine Beratung für blinde und sehbehinderte Menschen.
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