
© Robert Klages
„Das ist die Lösung für den Berliner Wohnungsmarkt“: So wird eine Zweiraumwohnung passend für fünf Personen
Bett in der Küche: Der Architekt Van Bo Le-Mentzel hat seine Zweiraumwohnung in Kreuzberg für fünf Personen umgebaut. Mit seinen „Kleinstwohnungen“ will er nun in Serie gehen.
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„Das ist mein Man Cave“, sagt Van Bo Le-Mentzel und zeigt nach oben. Über dem Küchentisch ist eine Schlafnische eingebaut. Dort hat der Architekt seinen Freiraum, den einzigen Ort in der Wohnung für sich selbst. Diese „Männerhöhle“ hätten andere Väter in der Garage, in einem separaten Raum oder einer Werkstatt.
Bei Le-Mentzel ist alles etwas kleiner. Der Architekt ist bekannt als Mitgestalter der Tiny-House-Bewegung: ganze Wohnungen auf wenigen Quadratmetern als mobile Kleinhäuser. Doch damit ist Schluss. Le-Mentzel verkauft seine Tiny-Houses, die zuletzt als Ausstellungstücke dienten, und will nun in den Berliner Wohnungsmarkt einsteigen, Neubauten erschaffen und Areale kaufen, um dort Kleinstwohnungen zu errichten, wie er selbst in einer in Berlin-Kreuzberg lebt:
In der Yorkstraße, direkt neben dem Rathaus Kreuzberg, hat er eine Zweizimmerwohnung umfunktioniert, seine 5-köpfige Familie findet hier Platz auf 56 Quadratmetern. „Jeder hat seinen eigenen Raum, seinen Bereich“, sagt Le-Mentzel bei einer Begehung und strahlt.
Dem Tagesspiegel erzählt er von den Umbaumaßnahmen, worauf Familien in Zukunft verzichten sollten, und was er auf dem Wohnungsmarkt verändern möchte, damit es genug Wohnraum für alle gibt. Es würde schon genügen, wenn Mieter:innen auf ein alteingesessenes Möbelstück verzichten könnten.
Das Ehebett nämlich, so Le-Mentzel, nehme viel Platz ein in den Wohnungen. Er geht von der Küche in den ersten Raum der Wohnung. Hier steht eine ausklappbare Couch. „So sparen wir enorm viel Platz.“ Die Bettdecke muss in einer besonderen Falttechnik in den Schrank gestopft werden. In dem Raum lebt und arbeitet Le-Mentzels Frau, von Beruf Oberregierungsrätin.

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Sie hasse Hochbetten, sagt ihr Mann. Daher habe sie dieses Zimmer ganz für sich, er schlafe in dem Hochbett in der Küche. „Es ist nicht prekär, kein Ehebett zu haben. Ohne hat man viel mehr Platz.“ Ein eigenes Elternschlafzimmer sei purer Luxus, es werde nur 8 Stunden pro Tag genutzt. Durch Schrankbetten oder ähnliches könnten diese Zimmer Doppelfunktionen bekommen und tagsüber zum Beispiel als Arbeitszimmer dienen.

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Die Familie ist bei der Begehung nicht zugegen. Rubi, das jüngste Kind, hat seinen „Space“ auf einer abgesicherten Empore, kann dort spielen und schlafen.
Der zweite Raum, das Wohnzimmer, wurde durch Trennwände zum Raum für alle mit zwei Kinderzimmern. Die zwei Kinder im Grundschulalter haben ihre Bereiche in weniger als jeweils vier Quadratmetern, getrennt durch Fenster zum Gemeinschaftsbereich und durch Holzwände zum Bereich des anderen Kindes. Im Grunde nicht mehr als Hochbetten: unten stehen kleine Schreibtische, Regale, Spiegel. Oben wird geschlafen.

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„Das reicht den Kindern“, sagt Le-Mentzel. „Es ist wichtig, dass jede:r seinen eigenen Space hat. Wie groß dieser ist, spielt kaum eine Rolle.“ Noch, denn Jugendliche würden durchaus mehr Platz haben wollen. Dafür müsse man dann die Wohnung komplett neu gestalten, meint Le-Mentzel. Das würde schon gehen. Allerdings sei der Familie ohnehin gekündigt worden, die Vermieterin habe Eigenbedarf angemeldet.

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Für ihre derzeitige Wohnung zahlen sie 600 Euro warm. Der Architekt ist sich sicher, dass man kleinere, aber geräumigere Wohnungen für kaum mehr als 300 Euro schaffen könne, wenn man diese vom Schnitt her nur anders aufbaue.
Ab Oktober möchte er Geld sammeln, um eine Immobilienentwicklungsfirma namens „Gemeinwohlbau GmbH“ zu gründen, die gemeinsam mit der gemeinnützigen „Tiny Foundation“ Grundstücke in Berlin erwirbt und bezahlbaren Neubau schafft.
„Im aktuellen Wohnungsbau werden die Grundrisse zu groß geplant, das ist das Problem“, sagt Le-Mentzel. Er gibt zu bedenken: „In Kleinstwohnungen muss man sitzen, sonst fühlt man sich wie im Fahrstuhl.“ Vieles andere könne im urbanen Raum erledigt werden. Le-Mentzel hat alle seine Bücher im benachbarten Café untergebracht und verbringt dort viel Zeit.
Waschmaschine und Trockner verbrauchen viel Platz, dabei könne man in Städten in Waschsalons gehen. In seinen zukünftigen Hochhäusern mit Kleinstwohnungen allerdings soll es Gemeinschaftsräume geben und Waschmaschinen in Keller. „Wir müssen zu einem Gefühl finden, dass der urbane Raum unser verlängertes Wohnzimmer ist. Und wir müssen bereit sein, es zu teilen.“
Eines sollte man in den Kleinstwohnungen auf jeden Fall einhalten: Ordnung. Viel Platz für herumliegende Dinge oder Spielzeug ist nicht.
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