zum Hauptinhalt
Tafelspitz mit Bouillonkartoffeln.

© Bernd Matthies/Tagesspiegel

Kantinencheck im Berliner Rathaus Schöneberg: Das Essen ist abwechslungsreich, aber da geht noch mehr

In unserer Serie testen wir die Kantinen Berlins. Im Schöneberger Ratskeller steckt eine gastronomische Institution – beliebt, aber merklich in der Routine erstarrt.

Eine Kolumne von Bernd Matthies

| Update:

Hier befinden wir uns auf historischem Boden. Das Rathaus Schöneberg ist zwar längst zum rein bezirklichen Mittelpunkt abgestiegen, aber die Aura von Freiheitsglocke und weltbekannten Regierenden hebt es immer noch aus der Konkurrenz heraus. Deshalb hat auch die im alten Ratskeller untergebrachte Kantine das gewisse Extra – wenn Holztäfelungen reden könnten …

Der sorgsam restaurierte Raum hat also Atmosphäre, und trotz seiner Größe füllt er sich täglich um die Mittagszeit bis auf den letzten Platz – und zwar großteils von draußen, also mit externen Gästen, für die hier gleiche Preise gelten. Gesetzte Schöneberger Bürger, die in der Umgebung mittags kaum Alternativen haben, lassen es sich sichtlich schmecken, und sie finden ein ungewöhnlich großes Angebot vor, sogar mit einer separaten Kaffeebar. Für spezielle Anlässe wird guter französischer Sekt angeboten.

Pompöser Eingang, angenehmer Raum.
Pompöser Eingang, angenehmer Raum.

© Bernd Matthies / Tagesspiegel

Betreiber ist seit Menschengedenken die Firma Gerresheim. Es steckt also eine enorme Routine hinter dem Betrieb – aber die tritt leider übermäßig nach vorn. Das barsche Zackbumm beim Austeilen ist ein Symptom, die schlaff und essfertig in der Theke aufgebahrten Rostbratwürstchen und Hähnchen sind ein anderes. Es gibt täglich fünf Gerichte, auch vegetarisch, dazu ein Standardangebot mit Käsepasta, Grillhähnchen und verschiedenen Desserts im Glas, außerdem ein bescheidenes, eher lieblos angerichtetes Gemüsebuffet.

Die orientalische Reispfanne (vegetarisch, 6,90 Euro) trifft den aromatischen Punkt recht gut, das schmeckt authentisch nach Kreuzkümmel, und die Trockenfrüchte und Broccoli bringen Kontrast und Textur in den nicht zu weichen Reis, der allerdings – Warmhaltung – nur noch lau ist. Der Minzjoghurt dazu trägt den aromatischen Makel nahezu jeder Kantinenküche: Von Gewürzen, hier der Minze, ist wegen der Mini-Mini-Dosierung nichts zu schmecken. Aber bitte: Wir halten uns beim guten Gurkensalat mit frischem Dill (1,20 Euro) schadlos.

Der Tafelspitz, mit 8,50 Euro an diesem Tag teuerstes Gericht, ist gelungen. Das ordentlich geschnittene und portionierte Fleisch ist von unterschiedlicher Festigkeit, lässt sich aber gut essen. Es hat Aroma und harmoniert mit den ebenfalls gut abgepassten Bouillonkartoffeln, die anscheinend sogar ohne Tütenbrühe auskommen. Gut! Leider – eine ewige Krankheit dieses Klassikers – ist die Meerrettichsauce nur eine belanglose Mehlschwitze ohne Meerrettichgeschmack, und die Petersilienkrümel hübschen allenfalls die Optik auf. Dazu gibt es separat einen Salat von Rote-Bete-Würfeln, der aromatisch fremdelt, aber Frische ins Essen bringt.

Hier stimmt also manches. Das Angebot über die Woche ist abwechslungsreich, jeder Gast dürfte seins finden, Veganes mal ausgenommen. Der Zuspruch gerade externer Gäste zeigt es. Aber mit ein paar neuen Impulsen abseits der Routine wäre hier zum gleichen Preis noch deutlich mehr drin.

In der Kolumne „Der Kantinen-Check“ testet unser langjähriger Gastro-Kritiker Bernd Matthies Kantinen von Behörden und landeseigenen Betrieben in Berlin. Sie haben einen Tipp: kantinen-check@tagesspiegel.de

Zur Startseite