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Die erste elektrische Straßenbahn fuhr durch Lichterfelde

© Anett Kirchner

Historische Ausstellung im Heimatmuseum Steglitz: Lichterfelde – die letzten 150 Jahre

Die Firmen Wiking, Telefunken und Siemens haben alle etwas mit Lichterfelde zu tun. Das Steglitz-Museum hat die letzten 150 Jahre des Stadtteils in mehr als 1000 Fotos und Exponaten aufbereitet. Und zeigt: Heimatgeschichte ist nicht, sondern spannend.

In Lichterfelde ist es anders, als anderswo. Besonders. Irgendwie. Zumindest sagen das jene, die sich engagieren. Denn bürgerschaftliches Engagement hat in Lichterfelde eine lange Tradition. Beispielsweise bildete sich hier bereits in den 1970er Jahren die Bürgerinitiative „Schwarze Rose“. Deren Mitstreiter setzten sich für den Erhalt der Architektur der Landhauskolonie ein; auch Gartenstadt Lichterfelde genannt. Mit Erfolg. 1978 erklärte der Berliner Senat einen Teil von Lichterfelde-West zum geschützten Baubereich. Das gilt bis heute. Und bis heute gilt auch, dass sich Bürger hier für ihren Stadtteil, für ihre Heimat, engagieren.

So geschehen in den vergangenen Tagen und Wochen im Steglitz-Museum an der Drakestraße. Bis spät in die Nacht brannte hier oft Licht, weil ehrenamtliche Helfer fast rund um die Uhr eine neue Ausstellung auf den Weg brachten. Es wurde gehämmert, gebohrt, geklebt und zugeschnitten. Handwerkliches und gestalterisches Geschick waren gefragt. 1000 historische Fotos sowie Karten, Exponate und Modelle wollten platziert werden. Welcher Ort ist geeignet? Wo kommt was und wie bestmöglich zur Geltung? Nicht leicht in den zum Teil schmalen Gängen des typischen Lichterfelder Altbaus; auf lediglich 180 Quadratmeter Ausstellungsfläche.

Doch nun ist es geschafft. Am Sonntag, den 25. Januar, wird der Bezirksbürgermeister Norbert Kopp hier um 15 Uhr die Ausstellung „Lichterfelde - die letzten 150 Jahre“ eröffnen. Sie gibt zum ersten Mal einen Überblick über die gesamte Heimatgeschichte des Stadtteils. Anders als sonst ist es keine Sonderausstellung, auch die Dauerausstellung musste weichen. Denn die neue Ausstellung nimmt die Räumlichkeiten des ganzen Museums ein. Ebenso neu ist auch die vergleichsweise lange Zeitspanne der Ausstellung, sie wird bis zum 10. Oktober zu sehen sein.

Dass Heimatgeschichte keineswegs alt, verstaubt und langweilig ist, will die Museumsleiterin Gabriele Schuster hier zeigen. „Denn Heimatgeschichte beschreibt auch das, was wir jetzt haben und was wir für morgen wollen“, sagt sie. Ohne den Blick nach vorn ginge es nicht, ohne den Blick nach hinten ebenso nicht.

Die Frage, die über allem steht und im Grunde auch der Titel der Ausstellung sein könnte, ist: Was macht Lichterfelde aus? Oder: Wie ist Lichterfelde mit den Ortsteilen West, Ost und Süd zu dem geworden, was es heute ist? „Heimat bedeutet, wenn wir es schaffen, unser Umfeld so lebenswert zu gestalten, dass auch unsere Kinder noch sagen, dass es hier schön ist und sie hier leben möchten“, beschreibt Schuster.

Und diese Idee motiviert die ehrenamtlichen Helfer des Steglitz-Museums immer wieder aufs Neue. Deshalb verbringen sie einen Großteil ihrer Freizeit hier. Historische Briefe, Postkarten und Zeitungsartikel einscannen, Fotos und Landkarten sammeln, Dokumente aus Nachlässen sortieren und Zusammenhänge recherchieren. Inzwischen hat der Heimatverein Steglitz in seinem museumseigenen Archiv etwa 6.500 Fotografien, 2.000 Postkarten, mehrere Hundert Pläne, Landkarten sowie 16.000

Schriftstücke und Dokumente von etwa 800 bekannten Persönlichkeiten aus dem ehemaligen Bezirk Steglitz (vor der Bezirksreform 2001) gesammelt: Ein Bruchteil dessen wird ab Sonntag in der neuen Ausstellung zu sehen sein.

Es geht vor allem um markante historische Etappen, die den Stadtteil in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur prägten. Angefangen bei der dörflichen Entwicklung bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts und weiter mit der Entstehung eines bürgerlichen Vorortes. Es werden Kirchengemeinden, Unternehmen, Institute, Hilfsorganisationen und Persönlichkeiten vorgestellt.

Ferner spielte der Bau des Teltowkanals eine wesentliche Rolle für die Region und Lichterfelde war ein militärischer Standort. Auch das wird gezeigt. Insbesondere für die wirtschaftliche Entwicklung waren bekannte Unternehmen, die hier ihren Sitz hatten, entscheidend: wie etwa die Telefunken und die Dehomag (heute IBM). Außerdem fuhr durch Lichterfelde die erste elektrische Straßenbahn der Welt - entwickelt von Werner von Siemens.

Wiking-Sondermodell für den Heimatverein Steglitz
Wiking-Sondermodell für den Heimatverein Steglitz

© Anett Kirchner

Und auch das bekannte Wiking-Unternehmen, welches Modellautos im Hosentaschenformat herstellte, kommt aus dem Berliner Südwesten. Allein zwei Vitrinen in der neuen Ausstellung sind den Kult-Miniaturen gewidmet; mit zum Teil wertvollen Sammlerstücken. Die ehrenamtlichen Helfer wissen, was das bedeutet. Gut aufpassen. Vor zwei Jahren gab es schon einmal eine Sonderausstellung im Steglitz-Museum mit den Wiking-Autos. Es kamen überraschend viele Fans aus ganz Deutschland. Mit 3.500 Besuchern in drei Monaten war es die meistbesuchte Ausstellung bisher. Und extra für die neue Ausstellung wird es jetzt ein neues Wiking-Sondermodell geben. Wie es aussieht, ist geheim. Nur soviel wird verraten: Es hat mit Lichterfelde zu tun.

Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt als lokale Reporterin regelmäßig für den Zehlendorf Blog des Tagesspiegels. Folgen Sie Anett Kirchner auch auf Twitter.

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