CDU wollte ehemaligen AfD-Kreisvorsitzenden entsenden: Neuköllner Bezirksverordnete lehnen erstmals einen Bürgerdeputierten ab

Dass Lokalpolitiker:innen von der AfD in die CDU wechseln, ist in Berlin-Neukölln nichts neues. So nahm die CDU in der vergangenen Legislaturperiode etwa den ehemaligen AfD-Stadtrat Bernward Eberenz auf und sicherte sich damit einen weiteren Stadtratsposten – bis Eberenz, unter drastischer Kritik an der Partei („ausgegrenzt, oft sogar angefeindet und sabotiert“), die CDU wieder verließ und sich den Freien Wählern anschloss. 

Nun wollte die CDU ein weiteres ehemaliges AfD-Mitglied als Vertreter entsenden – und ist damit in der Bezirksverordnetenversammlung gescheitert. Stephan Piehl, zwischenzeitlich Fraktionsvorsitzender einer der vielen AfD-Fraktionen in der BVV und ehemaliger Kreisvorsitzender des Neuköllner AfD-Bezirksverbandes, sollte stellvertretender Bürgerdeputierter der CDU im Sportausschuss der BVV werden.

Über die Aufstellung, die nach Tagesspiegel-Informationen unter anderem auch bei der AfD selbst für Irritationen sorgte, sollte bei der BVV am Mittwoch entschieden werden. Die Wahl von Bürgerdeputierten gilt eigentlich als Formsache, in den vergangenen zwei Jahrzehnten ist kein Fall bekannt, bei dem ein Vorschlag einer Partei abgelehnt wurde.

Nun also der Präzedenzfall: SPD, Grüne, Linke und AfD lehnten Piehl ab, die Verordneten der FDP enthielten sich. Nur die CDU-Fraktion stimmte also für den ehemaligen AfD-Politiker. 

Piehl hatte die AfD im September 2020 verlassen, offiziell aus Kritik an seiner Parteikollegin Anne Zielisch. Tatsächlich lief damals allerdings nach Tagesspiegel-Informationen ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn, dem er mit seinem Austritt zuvorkam. 

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Dass Piehl sich künftig für die CDU engagieren wolle, hatte er bereits im Frühjahr 2021 angedeutet. Eine Parteimitgliedschaft strebte er, damals zumindest, laut eigener Aussage allerdings nicht an. Eine Anfrage, ob er mittlerweile CDU-Mitglied sei, ließ Piehl bislang unbeantwortet. Werbung machte er zwischenzeitlich eher für die Freien Wähler.

[Dieser Text stammt aus dem Neukölln-Newsletter vom Tagesspiegel. Den gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

In der BVV fiel Piehl immer wieder mit Beleidigungen und fragwürdigen Aussagen und Forderungen auf. Mal forderte er die Linken auf, sich „die Birne vollzukoksen“, mal versuchte er sein Amt für seine persönlichen Interessen durchzusetzen: Er forderte etwa via Antrag einen neuen Fußweg vor seinem eigenen Wohnhaus oder eine Anhebung der bei der BSR kostenfrei abgebbaren Sondermüllmenge („wie etwa Farben“ – Piehl ist Malermeister und betreibt einen Malerbetrieb). 

Zudem soll Piehl laut Szenebeobachter:innen, gemeinsam mit anderen AfD-Politiker:innen, bei mindestens einer der sogenannten „Hygienedemos“ gegen die Corona-Regeln mitgelaufen sein. Die Frage, was genau Piehl für die Aufgabe als Bürgerdeputierter im Sportausschuss qualifiziere, ließ die Neuköllner CDU-Fraktion unbeantwortet.