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Unwetter hinterlässt große Verwüstung im Berliner Norden: Bezirk Reinickendorf zählt 750 Schadensmeldungen – weiterhin alle Parks und Spielplätze gesperrt
Besonders im Berliner Bezirk Reinickendorf hat das Unwetter vergangene Woche heftig gewütet. Inzwischen sind beim Bezirksamt hunderte Schadensmeldungen eingelaufen – und es werden stetig mehr.
Stand:
Erst langsam wird das Ausmaß der Schäden deutlich, die das schwere Unwetter am vergangenen Donnerstag im Norden Berlins hinterlassen hat. Besonders im Bezirk Reinickendorf hat der Sturm gewütet. „Seit Freitag sind rund 600 Hinweise im Straßen- und Grünflächenamt eingegangen – telefonisch, per E-Mail sowie über die Ordnungsamt-App“, erklärt Umwelt- und Ordnungsstadträtin Julia Schrod-Thiel (CDU). „Weitere 150 Meldungen sind beim Umwelt- und Naturschutzamt für Privatflächen eingegangen.“
Bei dem heftigen Unwetter sind zwei Menschen in Heiligensee schwer verletzt worden: Die Feuerwehr berichtete von einer Person, die von einem Baum getroffen wurde und daraufhin in einen drei Meter tiefen Graben fiel. Eine andere Person wurde demnach auf der Reiherallee in ihrem Auto unter einem umgestürzten Baum eingeklemmt und musste von den Rettungskräften befreit werden. Weitere Verletzte sind dem Bezirk nicht bekannt.
Weiterhin alle Parks und Spielplätze gesperrt
Das Bezirksamt erhalte laufend neue Hinweise und sei weiterhin damit beschäftigt, den Schaden zu sichten, erklärt Stadträtin Schrod-Thiel. „Eine belastbare Schätzung der Gesamtschadenshöhe ist gegenwärtig noch nicht möglich.“ Besonders heftig wütete das Unwetter in Heiligensee, Konradshöhe, Tegelort, Frohnau und Hermsdorf, also in nordwestlichen Ortsteilen, die nah am Tegeler Forst liegen.

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Aber auch in Tegel und Waidmannslust hat der Bezirk viele Schäden gezählt. Die Friedhöfe Wittenau, Heiligensee, Hermsdorf, Frohnau, Lübars und Hermsdorf II waren wegen der Verwüstung vorübergehend geschlossen.
Alle öffentlichen Spielplätze, Parks und Grünflächen in Reinickendorf bleiben vorerst gesperrt. Sie dürfen nicht betreten werden, weil beschädigte Baumkronen oder Äste auf Besucher herabstürzen könnten. „Leider werden durch Dienstkräfte des Bezirksamtes immer wieder Menschen in den durch den Sturm verwüsteten Grün- und Parkanlagen angetroffen“, erklärt Schrod-Thiel. „Der zu erwartende Temperaturabfall am Donnerstagvormittag kann weitere Baumteile zum Einstürzen und Herabfallen bringen.“
30.000 Kubikmeter Holz im Wald beschädigt
Auch der Tegeler Forst ist weiterhin gesperrt. Im Wald blockierten am Donnerstagabend so viele Bäume die Straßen, dass die Konradshöhe und Heiligensee teils über Stunden von der Außenwelt abgeschnitten waren. Die Aufräumarbeiten werden wahrscheinlich noch Wochen dauern: „Einen richtigen Überblick über die Schäden haben wir noch nicht, auch weil wir in den Wald nicht richtig reinkommen“, sagt Forsten-Sprecher Peter Harbauer.
Es ist lebensgefährlich, sich im Wald aufzuhalten.
Peter Harbauer, Sprecher der Berliner Forsten
Die Förster seien seit Donnerstag damit beschäftigt gewesen, die Straßen und siedlungsnahen Waldgebiete freizusägen, erst in den nächsten Tagen könnten sie weiter in den Forst vordringen. „Wir können noch nicht wieder sagen, wann wir den Wald freigeben können.“ Insgesamt sind durch den Sturm etwa 30.000 Kubikmeter Holz umgekippt oder abgebrochen, schätzt Harbauer. Das entspricht etwa 1.000 Lkw-Ladungen.

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Bis zur Aufhebung der Sperrung darf der Wald nicht betreten werden. „Wir meinen das wirklich Ernst“, sagt Harbauer. „Wir sehen immer wieder Menschen, die durch den Wald laufen oder Rad fahren, als ob nichts passiert ist.“ Er warnt eindringlich: Jederzeit können Bäume umkippen oder hängende Äste und Baumkronen herunterfallen. „Es ist lebensgefährlich sich im Wald aufzuhalten.“
SPD fordert mehr klimaresiliente Bäume
In der Bezirkspolitik stehen die Sturmfolgen inzwischen auf der Agenda. Die SPD fordert, die verwüsteten Waldgebiete gezielt und mit „klimaresilienten Baumarten“ wieder aufzuforsten und will das Thema nach der Sommerpause in der Bezirksverordnetenversammlung auf die Tagesordnung setzen. „Im Mittelpunkt sollen dabei sowohl kurzfristige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr als auch langfristige Konzepte zur Stärkung des städtischen Grüns stehen“, heißt es in einer Mitteilung der Rathaus-Fraktion.
„Die Mittel sind begrenzt, aber der Handlungsdruck ist groß“, erklärt die Bezirksverordnete Angela Budweg. „Deshalb braucht es jetzt einen ehrlichen Dialog zwischen Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit. Welche Baumarten sind künftig geeignet? Wo muss dringend nachgepflanzt werden, wo können wir erhalten statt ersetzen?“
Bezirk schätzt Schaden an eigenen Gebäuden auf unter 50.000 Euro
Von dem Sturm sind auch die öffentlichen Gebäude im Bezirk nicht verschont geblieben. Das Bezirksamt hat dort nach eigenen Angaben bisher 20 Schäden festgestellt. „Dabei handelt es sich größtenteils um kleinere Vorfälle wie herabgefallene Äste, verschobene Dachziegel oder verwehte Baustellenmaterialien“, erläutert Stadträtin Schrod-Thiel. Sie schätzt, dass der Gesamtschaden an bezirkseigenen Gebäuden oder Grundstücken unterhalb von 50.000 Euro liegen wird.
So sind am Tegeler Humboldt-Gymnasium und am Friedrichs-Engels-Gymnasium in der Nähe der Weißen Stadt Fenster zu Bruch gegangen. Auf das Dach der Kita „Flotte Lotte“ im Märkischen Viertel ist nach Bezirksangaben eine umgestürzte Baumkrone gefallen.
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