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Die Rieckhallen am Hamburger Bahnhof haben auch historischen Wert. Sie sind Teil des „Denkmal-Ensembles“ Hamburger Bahnhof. Seit 2002 werden sie für Kunst genutzt.

© Foto: IMAGO/Jürgen Ritter

Rieckhallen am Hamburger Bahnhof: Jetzt muss entschieden werden – Abriss oder nachhaltiges Modellprojekt

Das Ringen um die Rieckhallen geht weiter. Berlins Senat sitzen die möglichen Neuwahlen im Nacken – und auch der Bund muss aktiv werden.

Der Hamburger Bahnhof samt Rieckhallen könnte ein Modellprojekt für nachhaltigen Museumsbetrieb werden. Oder: ein Paradebeispiel für Ressourcenverschwendung und politisches Versagen. Noch ist es in der Schwebe.

Zwischen der Berliner Senatsverwaltung und CA Immo, der Immobilienfirma, der die Rieckhallen gehören, wird auf Hochtouren verhandelt. Beide Seiten sind zu einem Grundstückstausch bereit, um die Hallen als etablierten und international renommierten Kulturstandort zu erhalten. Sollte das Verfassungsgericht Berlin eine Wahlwiederholung verordnen, drängt die Zeit. Niemand weiß, wie handlungsfähig das Parlament bis zu den Neuwahlen im Februar 2023 wäre. Müsste die Entscheidung in die neue Legislaturperiode verschoben werden, wären bisherige Erfolge sehr wahrscheinlich dahin.

Für die Rieckhallen gekämpft hatten in den vergangenen Jahren Kultursenator Klaus Lederer und Berlins ehemaliger Bürgermeister Michael Müller. Auch dessen Nachfolgerin und SPD-Parteikollegin Franziska Giffey tut was sie kann, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. CA Immo soll im Tausch gegen die Rieckhallen Grundstücke erhalten, im Gespräch ist ein Grundstück dicht am Hauptbahnhof und das ehemalige Landeslabor in der Invalidenstraße 60.

Nur noch die Hälfte der Ausstellungsfläche

Der Tausch an sich war schon beschlossene Sache, ein „Momorandum of Understanding“ zwischen Senat und CA Immo öffentlichkeitswirksam unterzeichnet worden. Doch der Teufel steckt im Detail. Und in den Reihen der Fraktion regt sich Skepsis. Grundstücke aufzugeben ist in Berlin inzwischen tabu. Eines der Tauschgrundstücke werde für ein Verwaltungsgebäude gebraucht.

Die Alternative wäre bitter für die Kunststadt Berlin. „Der Abriss der Rieckhallen bedeutet den Verlust der Hälfte der Fläche des Hamburger Bahnhofs und damit die Notwendigkeit des Baus neuer Ausstellungs- und Lagerflächen“, sagt Till Fellrath, Direktor des Hamburger Bahnhofs.

Die nachhaltige Nutzung bestehender Gebäude zwingender Bestandteil einer umweltpolitischen Stadtentwicklung.

Till Fellrath, Direktor Hamburger Bahnhof

In der vergangenen Woche sollte der Stand der Verhandlungen mit CA Immo vor dem Unterausschuss Vermögensverwaltung im Abgeordnetenhaus präsentiert werden. Der Tagesordnungspunkt wurde jedoch kurzfristig verschoben. Zuvor waren Franziska Giffey, Berlins Senatoren für Kultur, Finanzen und Bauen sowie Kulturstaatsministerin Claudia Roth im Kanzleramt zusammengekommen. Giffey hatte verlauten lassen, die Rieckhallen und der Hamburger Bahnhof gehörten zusammen.

Auch der Hamburger Bahnhof muss gesichert werden

Das ist wichtig, denn: nicht nur die 250 Meter langen Rieckhallen sondern auch das Hauptgebäude des Hamburger Bahnhofs gehört CA Immo. Beide zusammen bilden Berlins Museum für Gegenwartskunst. Der Bund muss also jetzt auch den Hamburger Bahnhof sichern, einen Kauf parallel zu Berlins Bemühungen um die Rieckhallen in die Wege leiten. Die Probleme sind hausgemacht: Die Grundstücke, einst im Besitz des Bundeseisenbahnvermögens, hat Berlin vor etwa zehn Jahren zu Bauland deklariert, was ihren Wert in die Höhe trieb. Eine Fehlentscheidung.

„Der Bausektor ist für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und für 60 Prozent der Abfallproduktion verantwortlich. Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Klimakrise ist die nachhaltige Nutzung bestehender Gebäude zwingender Bestandteil einer umweltpolitischen Stadtentwicklung“, sagt Till Fellrath.Mit Co-Direktor Sam Bardaouil har er ein Konzept für die nachhaltige Nutzung der Rieckhallen vorgelegt.

Ihre Idee ist, die Rieckhallen in ein passiv klimatisiertes, energieeffizientes und treibhausgasneutrales Museumsgebäude zu transformieren mit begrünter Fassade und Solarkollektoren auf dem Dach. Man müsste nicht einmal große Summen investieren. Was den Museumschefs außerdem vorschwebt ist, das Ausstellungsprogramm an jahreszeitliche Klimabedingungen anzupassen, und so die konservatorischen Anforderungen niedrig zu halten. Auch das spart Energie. Die Museen des 21. Jahrhunderts müssen sich an neue Bedingungen und Ressourcenknappheit anpassen. Berlin könnte hier ein Modellprojekt starten.

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