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Hotel Continental – Artspace in Exile ist ein Projekt des Kunstverein ogalala kreuzberg e.V. 

© Artspace in Exile

Kultureller Exil-Treffpunkt in Berlin-Treptow : Ein Hotel, in dem nur die Kunst übernachten kann

In einer ehemaligen Piano-Fabrik in Treptow entstand das „Hotel Continental“. Der Artspace bietet internationalen Künstlern einen Ort für Austausch und Kreativität, fernab des Krieges in der Ukraine.

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Wer auf der Elsenstraße in Alt-Treptow nach Süden Richtung Neukölln läuft, kommt, kurz nach der Kreuzung zur Karl-Kunger-Straße, an der bunt bemalten Seitenwand eines alten, herrschaftlichen Backsteingebäudes vorbei. Im Hof steht ein zusammengezimmertes Holzgebäude mit alten Fenstern, zwischen den Bäumen hängen Wimpelketten. „Hotel Continental. Art Space in Exile“ steht auf einem Plakat am Eingang.

„Wir sind kein Hotel und auch das Gebäude war nie eines – früher war hier mal eine Piano-Fabrik“, erzählt Christine Dissmann. Sie leitet den „Artspace in Exile“, eine Community von Künstlerinnen und Künstlern aus verschiedenen Teilen der Welt – vor allem aus der Ukraine, mit der intensiver Austausch besteht.

Alles begann vor rund zehn Jahren mit der Gründung des freien Theaterkollektivs Ogalala in Kreuzberg. „Wir hatten von Anfang an eine politische Ausrichtung und wollten uns – in Zeiten von Trump und Brexit – mit dem Rechtsruck in unserer Gesellschaft auseinandersetzen“, erzählt Dissmann. Dann reisten sie 2019, fünf Jahre nach dem Kriegsbeginn und den Unruhen auf dem Maidan in Kyiv, in die Ukraine.

Dort lernten sie Theatermacher aus Mariupol kennen, die sie einluden, auf ihrem Festival aufzutreten. Der Spielort: Das alte Sowjet-Hotel Continental, das zu einem Kulturort umgewidmet worden war. „Mariupol war damals die letzte ukrainische Stadt vor der russischen Grenze; unabhängige ukrainische Kunst war dort schon Underground und die Künstler haben mit dem Hotel ein Stück weit ihren Grund und Boden verteidigt.“

Ich bin keine Kulturmanagerin und wir hatten auch kein Team und kein Geld – aber wir hatten sehr viel Idealismus.

 Christine Dissmann, Leiterin des „Artspace in Exile“

Als Russland im März 2022 in der Ukraine einmarschierte, flüchteten zahlreiche der Kunstschaffenden nach Deutschland. Weil die alte Piano-Fabrik, die eigentlich zu luxuriösen Büros umgebaut werden sollte, aufgrund der Pandemie leer stand, stellten die Eigentümer die Räume zur Verfügung. „Ich bin keine Kulturmanagerin und wir hatten auch kein Team und kein Geld – aber wir hatten sehr viel Idealismus“, sagt Christine Dissmann. Dass der Ort seitdem ebenfalls „Hotel Continental“ heiße, sei eine ausdrückliche Referenz auf den Spielort in Mariupol.

ВОЛЯ [VOLIA] beim Ukrainian Independence Weekend 2023

© Hotel Contintal/Artspace in Exile

Mittlerweile können Theater- oder Künstlergruppen, aber auch Außenstehende die vielfältigen Räumlichkeiten in der Elsenstraße für Aufführungen, Festivals, Besprechungen oder Tagungen mieten. „In gewisser Weise sind wir nun doch ein Hotel, aber eines für Kultur“, sagt Christine Dissmann. „Wir hosten Veranstaltungen und wir fördern Produktionen, aber übernachten kann hier niemand.“

Hinter dem Projekt steht aber noch mehr als der Gedanke, ukrainischen Kunstschaffenden einen Ort im Exil zu bieten. „Wir wollen den Austausch zwischen internationalen Künstlerinnen und Künstlern schaffen, weil die ukrainische Kultur sich trotz Krieg weiterentwickelt. Sie sitzen hier ja nicht in einer luftdichten Kiste und warten auf den Frieden, sie wollen sich mit anderen verbinden.“

Zum Beispiel bei einem Kunst-Happening: Am letzten Wochenende im September organisiert die ukrainische NGO und Agentur Port of Culture den „54 Hours Art Squat“, bei dem Kunstschaffende verschiedener kultureller Hintergründe und Disziplinen über mehrere Tage in Alt-Treptow zusammenkommen. „Vielleicht wird das ganz schön wild“, sagt Christine Dissmann. Und freut sich schon jetzt darauf.

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