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Das Bürgeramt Friedrichshain-Kreuzberg bietet Dienstleistungen mobil an. Am Donnerstag gastierte es beim Checkpoint.

© Tagesspiegel/Nassim Rad

Bürgeramt schlägt Büro beim Tagesspiegel auf: Die jüngste Kundin ist erst knapp sechs Wochen alt

Seit Jahren berichtet der Tagesspiegel-Newsletter „Checkpoint“ über Missstände in den Bürgerämtern. Gemeinsam mit dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg bot er den Lesern nun Termine ohne langes Warten an.

Stand:

Um kurz vor 10 Uhr wuchtet Attila Gabriel zwei große Amtskoffer auf einen Schreibtisch im Tagesspiegel-Büro. Gabriel, der normalerweise als Ausbilder im Bürgeramt Friedrichshain-Kreuzberg arbeitet, ist heute für den Tagesspiegel-Newsletter „Checkpoint“ im Einsatz. Sein Auftrag: Das Verlagsgebäude am Askanischen Platz für einen Tag in ein mobiles Bürgerbüro verwandeln.

Begleitet wird Gabriel von seinem Kollegen Martin Rathke. Die beiden verkabeln ihre Laptops, bauen Drucker auf, installieren Fingerabdruck-Scanner. Nach einer Viertelstunde sind kleinere Probleme behoben und das mobile Bürgeramt steht. Mehr als 40 Termine mit Checkpoint-Abonnenten und Tagesspiegel-Mitarbeitern warten auf Gabriel und Rathke. Pro Termin haben sie 15 Minuten Zeit. Von verlorenem Gewerbeschein über Parkausweise bis hin zu einem internationalen Führerschein für die Tochter können hier heute alle möglichen Dinge erledigt werden.

Seit Jahren berichtet der Checkpoint über Terminnot und Missstände in Berlins Bürgerämtern. In der Rubrik „Amt, aber glücklich“, die sich selbst bis zum Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) herumgesprochen hat, begleitet der Newsletter allerdings auch positive Amtserlebnisse – von überraschenden Turbo-Terminen bis zur kurzfristigen Hilfe vor dem Urlaub.

Am Donnerstag gab es dann eine Sonderausgabe der Rubrik „Amt, aber glücklich“: Im Rahmen des Projekts „Kiezbürgeramt on Tour“, das der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg in diesem Jahr initiiert hat, kam das Bürgeramt beim Tagesspiegel vorbei. Das Projekt „Kiezbürgeramt on Tour“ gibt es seit Mai, seitdem ist das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg zu besonderen Anlässen im Kiez unterwegs und baut Stationen auf.

Herzstück des Tagesspiegel-Kiezbürgeramts waren zwei voll ausgestattete Amtskoffer, direkt aus der Bundesdruckerei. In diesen Koffern seien all die Dinge, die Mitarbeiter der Bürgerämter auch sonst an ihren Arbeitsplätzen benutzen, erklärte Oliver Kühle, Leiter des Kiezbürgeramtes. „Neben einem Laptop, der den herkömmlichen PC ersetzt, haben wir einen kleinen Drucker dabei. Dazu kommen ein Scanner, einen Bezahlterminal, ein Signaturpad für den Fingerabdruck und einen mobilen und sicheren WLAN-Router für die Internetverbindung.“

Hohe „No-Show-Rate“ - auch beim Checkpoint

Trotz akribischer Vorbereitung gab es zu Beginn des Tages einige Störungen im Betriebsablauf. Neben Netzproblemen machte der Checkpoint eine Erfahrung, die den Berliner Bürgerämtern nur zu gut bekannt ist: die sogenannte „No-Show-Rate“. Ein paar Kunden kamen nicht, ließen ihren Termin ohne Absage verfallen. „Einige Kunden buchen sehr viele Termine, die sie dann nicht absagen“, sagte Gabriel achselzuckend. „Das gehört leider zum Alltag.“

Viele Kunden nahmen ihre Termine allerdings wahr. Um kurz nach 10.30 Uhr verließ nach genau vier Minuten und 16 Sekunden Susanne Ahner (65) als erste Kundin des Tages das Bürgeramt. Die Künstlerin aus Wilmersdorf hatte die Pin-Nummer für die Onlinefunktion ihres Ausweises vergessen. „Weil ich mich ohne Pin nicht bei der Rentenversicherung einloggen kann, brauche ich eine neue“, sagte sie. Ihr Fazit: „Alles hat reibungslos funktioniert.“

Susanne Ahner (65) war die erste Kundin des Tages.

© Tagesspiegel/Nassim Rad

Ähnlich zufrieden zeigte sich Claudia Müller (69). Als sie im Checkpoint von der Aktion erfuhr, beschloss sie, ihren alten Autoführerschein umtauschen zu lassen. Müller, in naher Zukunft Besitzerin eines EU-Führerscheins, zeigte sich nach ihrem Termin erleichtert. „Der Führerschein ist endlich aus dem Kopf“, sagte sie.

„Der Führerschein ist endlich aus dem Kopf“: Claudia Müller ist nach dem Besuch des Checkpoint-Bürgeramts erleichtert.

© Tagesspiegel/Nassim Rad

Auch Berlins Chief Digital Officer schaute vorbei

Für ihren Führerschein nahm auch Martina Klement, Chief Digital Officer in der Berliner Senatskanzlei, den Weg zum Askanischen Platz auf sich. Vor wenigen Tagen hatte sie in Auftrag gegeben und bekam ihn am Donnerstag ausnahmsweise vom „Kiezbürgeramt on Tour“ übergeben. Normalerweise müssen alle Dokumente beim Bürgeramt in der Schlesischen Straße in Kreuzberg abgeholt werden.

Vor Ort freute sie sich nicht nur über die „zufriedenen Mitarbeiter und die zufriedenen Kunden“, sondern wurde auch von Anke Myrrhe, stellvertretende Chefredakteurin des Tagesspiegels und Checkpoint-Autorin, abgefangen. Sie erinnerte Klement an ihr Versprechen, das sie vor Kurzem auf einer Veranstaltung des Checkpoints gegeben hatte: Bis Ende des Jahres solle es möglich sein, dass alle Berlinerinnen und Berliner spontan und ohne Termin ins Bürgeramt gehen können. Dazu sagte Klement: „Ich gehe weiterhin davon aus, dass das bis Dezember funktionieren wird.“

„Amt, aber glücklich“ im Alter von sechs Wochen

Mit der kleinen Liv besuchte die mit Abstand jüngste Kundin das Checkpoint-Bürgeramt. Liv, gerade einmal sechs Wochen und zwei Tage alt, benötigte einen Reisepass. Gemeinsam mit ihren Eltern Nicole (35) und Christoph Petersen (34) wird sie im Oktober die erste Reise ihres Lebens antreten.

Die jüngste Kundin des Checkpoint-Bürgeramts ist erst knapp sechs Wochen alt.

© Tagesspiegel/Nassim Rad

Doch ganz so problemlos verlief ihr Termin nicht. Das Foto, das ihre Eltern von ihr in einem Drogeriemarkt gemacht hatten, konnten die Mitarbeiter des Kiezbürgeramtes nicht verwenden. Deshalb musste die schlafende Liv aufgeweckt, gefüttert und beruhigt werden, ehe sie sich mit offenen Augen fotografieren ließ.

Glücklicherweise kam am Ende ein brauchbares Foto zustande und Liv hat nun bis zu ihrem sechsten Lebensjahr Ruhe vor Amtsbesuchen – zumindest, was ihren Reisepass angeht. Mehr „Amt, aber glücklich“ geht nicht.

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