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Bündnis mit Hindernissen: Nach viel Hin und Her will die Berliner SPD nun gemeinsam mit der CDU regieren.

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SPD-Machtkampf verunsichert Koalitionspartner: CDU befürchtet Destabilisierung von Rot-Schwarz

Die Querelen um die Spitze der Berliner Sozialdemokraten machen jetzt auch die CDU nervös: Sollte SPD-Chef Müller abgewählt werden, wäre dies "destabilisierend für die Koalition", heißt es aus der Union.

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Die an Schärfe zunehmenden Personalstreitigkeiten in der Berliner SPD bereiten zunehmend auch der CDU Sorgen. „Die Instabilität von Partnern ist nicht gut für eine Koalition“, sagte der Bundestagsabgeordnete und stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Frank Steffel dem Tagesspiegel am Donnerstag. Die CDU habe ein halbes Jahr nach der letzten Abgeordnetenhauswahl „überhaupt kein Interesse an einer instabilen SPD-Führung“, zumal die Sozialdemokraten, die sich derzeit gegen den SPD-Landeschef und Wowereit-Vertrauten Michael Müller in Stellung brächten, aus Steffels Sicht „nicht das bessere Personal“ wären. Sollte der von Steffel als „integer und fähig“ geschätzte Berliner SPD-Chef, der seit Dezember auch Stadtentwicklungssenator ist, im Juni auf dem SPD-Landesparteitag tatsächlich abgewählt werden, wäre das „destabilisierend für die Koalition“.

Ein anderer Funktionär sagt: „Wir halten nicht viel von Dreierkoalitionen – und das sind wir im Moment de facto.“ Aus Sicht der CDU habe man „auf einer Seite die Regierungsmannschaft der SPD, auf der anderen Seite die Fraktion – das macht die Sache nicht einfach“. Damit spielt er darauf an, dass die SPD-Fraktion, an deren Spitze wegen des Aufstiegs von Parteichef Müller zum Stadtentwicklungssenator seit kurzem der Parteilinke Raed Saleh steht, sich immer wieder gegen Wowereit und Müller gestellt hat. Saleh gilt auch als Strippenzieher gegen Müller im Machtkampf um die künftige SPD-Führung, über die ein Parteitag im Juni entscheiden soll.

Aus strategischen Gründen froh über eine Schwächung der SPD scheint derzeit in der Union kaum jemand. CDU-Generalsekretär Kai Wegner weist die Vermutung zurück, machttaktisch käme der aktuelle SPD-Streit der Berliner Union vielleicht gar nicht so unrecht. „Wir empfinden angesichts der aktuellen Auseinandersetzungen in der SPD keine klammheimliche Freude“, sagt er. Zwar steht die CDU nach innen selten geschlossen da und erfreut sich nach außen wachsender Wählerzustimmung und guter Sympathiewerte für ihre vier Senatoren Frank Henkel, Sybille von Obernitz, Mario Czaja und Thomas Heilmann. Von einer durch interne Kämpfe geschwächten SPD könne die Union aber derzeit kaum profitieren, sagen Unionspolitiker. Vor allem, weil der Zeitpunkt dafür falsch ist, wie ein Parteistratege zu bedenken gibt: „Ein Jahr vor der nächsten Wahl könnte uns das nützen – aber jetzt geht es erstmal darum, den Berlinern zu zeigen, dass wir eine gute Regierungspartei sind.“ Martin Pätzold, Kreischef der CDU Lichtenberg, sagt: „Personaldebatten sind nie gut, man sollte lieber über Themen streiten.“ Das sieht auch Conrad Clemens so, Landeschef der Jungen Union: „Wir wollen die Stadt regieren und uns nicht durch solche Konflikte ablenken lassen.“

Ungeachtet aktueller Auseinandersetzungen in der SPD funktioniere die Zusammenarbeit im Senat und zwischen den Fraktionen aber „sehr gut“, betont CDU-General Wegner. Für seine Partei es es jetzt vor allem darum, stabile Politik zu machen und statt Personaldebatten inhaltlich zu arbeiten: „Wir sind ein verlässlicher Partner in der Koalition“, sagt er.

Viele CDU-Funktionäre haben in den vergangen Tagen und Wochen ein „Deja-vu“ gehabt. Manche fühlen sich durch die SPD-Konflikte an die Machtkämpfe zu Zeiten Friedbert Pflügers erinnert, der 2008 als Berliner CDU-Fraktionschef abgewählt wurde, nachdem er neben dem Fraktions- auch den Parteivorsitz beansprucht hatte. Andere ziehen Parallelen zu den späten 1990er Jahren, als Eberhard Diepgen Regierender Bürgermeister war und „Zukurzgekommene versuchten, ihn aus Karrieregründen zu demontieren“, wie Steffel sagt. Damals machte in der CDU die Gruppe „Union 2000“ der Parteiführung Konkurrenz – eine Situation, wie sie Steffel mit Sorgen jetzt auch bei der Berliner SPD beobachtet, bei der „mancher von der eigenen Karriere motiviert eine erfolgreiche Parteiführung zu demontieren versucht“.

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