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Anhänger der Hamas schwenken ihre Waffen. Die Terrororganisation ging aus der Muslimbruderschaft hervor.

© Ibraheem Abu Mustafa/Reuters

Mutmaßliche Nähe zur Muslimbruderschaft: CDU fordert Ablösung von Mitglied der Kommission zu antimuslimischem Rassismus

CDU-Fraktionschef Dregger hält Mohamad Hajjaj vom „Teiba Kulturzentrum“ für eine Fehlbesetzung in der Kommission. Der Verfassungsschutz beobachtet Teiba.

Von Frank Jansen

Es geht um die Grauzone zwischen Islam und Islamismus, solche Fälle sind heikel. Der Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses muss sich diesen Mittwoch mit der Frage der CDU-Fraktion befassen, ob in der von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) im Februar eingerichteten „Expertenkommission zu antimuslimischem Rassismus“ ein Islamist sitzt.

Gemeint ist Mohamad Hajjaj, SPD-Mitglied, Geschäftsführer des muslimischen Vereins Inssan und stellvertretender Vorsitzender des „Teiba Kulturzentrums“. Der Verfassungsschutz nannte Teiba zuletzt im Jahresbericht 2016 wegen mutmaßlicher Verbindungen zur Muslimbruderschaft (MB), der ältesten islamistischen Vereinigung Arabiens und der von ihr abstammenden palästinensischen Terrororganisation Hamas. Die Beobachtung von Teiba, das hat Innensenator Andreas Geisel (SPD) angedeutet, wird fortgesetzt.

Die MB zählt für den Verfassungsschutz zum Spektrum des „legalistischen Islamismus“. Die Organisationsstrukturen dienten als Mittel, „die Deutungshoheit über den gelebten Islam in Deutschland zu erlangen und dabei auch islamistische Positionen im gesellschaftlichen Diskurs zu verankern“. Es werde versucht, „öffentliche Debatten zur Integration und zum interreligiösen Dialog in ihrem Sinne zu beeinflussen“. Die Muslimbrüder gelten im Vergleich zu den rumpeligen Salafisten als clevere Strippenzieher.

Für CDU-Fraktionschef Burkard Dregger ist Hajjaj in der Expertenkommission unhaltbar. „Er gehört nicht in dieses Gremium“, sagt Dregger. Die Kommission sei für Hajjaj „eine Vorlage, sich selbst in eine Opferrolle zu versetzen und jegliche Kritik an seiner verfassungsfeindlichen Ideologie zurückzuweisen“. Der Expertenkommission sollten nur Personen angehören, die zweifelsfrei keinen extremistischen Hintergrund haben. Senator Behrendt hatte die Kommission ein Jahr nach dem rassistischen Anschlag in Hanau ins Leben gerufen. Sie hat neben Hajjaj fünf weitere Mitglieder.

Hajjaj reagiert emotional

Auf Anfrage des Tagesspiegels zum Fall Hajjaj reagiert zunächst das Teiba Kulturzentrum. Bestätigt wird, „Herr Hajjaj ist stellvertretender Vorsitzender unserer Gemeinde“. Er habe keine Verbindungen zur Muslimbruderschaft, auch nicht zur „Deutschen Muslimischen Gemeinschaft (DMG)“. Über die DMG schreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz, sie sei die wichtigste und zentrale Organisation von Anhängern der „Muslimbruderschaft“ in Deutschland“.

Hajjaj reagiert auf die Anfrage des Tagesspiegels emotional. In seiner Mail unterstellt Hajjaj, der Journalist sei dafür bekannt, „negativ verzerrt über Muslime mit ,Kontaktschuld-Assoziationsketten’, Wiederholungsschleifen und Sammlung von Negativzuschreibungen zu schreiben“. Hajjaj sagt, er sei kein Mitglied des Muslimbruderablegers „Deutsche Muslimische Gemeinschaft“ und auch nicht der Bruderschaft selbst. Und er finde es natürlich nicht gut, „wenn Teile der Muslimbruderschaft den Staat Israel nicht anerkennen“.

Hajjaj sagte, er spreche „durchaus mit Personen, die der PGD angehören“

Er bestreitet auch, Mitglied des Vereins „Palästinensische Gemeinschaft in Deutschland“ (PGD) zu sein. Er spreche „allerdings durchaus mit Personen, die der PGD angehören“. Die vom Verfassungsschutz „und manchen Aktivist*innen“ vorgenommene Gleichsetzung der PGD mit der Terrororganisation Hamas könne er nicht nachvollziehen. Denn dann ließe sich die „klare Positionierung der PGD gegen Antisemitismus nicht erklären".

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Nordrhein-Westfalens Verfassungsschutz schreibt im Jahresbericht 2019, die Hamas werde in Deutschland durch die PGD repräsentiert. Das Existenzrecht Israels werde von der Hamas „nach wie vor negiert“. Im Internet findet sich zu Hajjaj und PGD ein Interview vom August 2014. Das Portal web.de hatte mit Hajjaj gesprochen und bezeichnete ihn als „Leiter des Hauptstadtbüros“ der PGD. Das Interview ist weiterhin abrufbar.

In die Expertenkommission zu antimuslimischem Rassismus kam Hajjaj über das 2005 gegründete „Islamforum Berlin“. Es ist bei der Integrationsbeauftragten des Senats angesiedelt. Das Forum hat 35 Mitglieder, darunter das Teiba Kulturzentrum und drei weitere Vereine, die der Verfassungsschutz auch dem Umfeld der Muslimbrüder zurechnet.

Die Integrationsbeauftragte Katarina Niewiedzial sagt, sie könne nicht bestätigen, dass Hajjaj in Organisationen aktiv sei, die der Verfassungsschutz als islamistisch bewertet. Vorsichtig äußert sich der Sprecher des Justizsenators, Sebastian Brux. Er gehe davon aus, das Islamforum habe „sich gut überlegt, welche Mitglieder es für die Expertenkommission benennt“. Abzuwarten sei, ob im Verfassungsschutzausschuss „etwas mitgeteilt wird, was grundlegend Zweifel an der Zusammenarbeit mit Hajjaj weckt“.

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