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Bengalos werden bei einer rechten Gegen-Demo zum CSD in Bautzen gezündet (Symbolbild).

© REUTERS/Matthias Rietschel

Das erste Mal seit vier Jahren : Neonazis wollen in Berlin aufmarschieren

In Reaktion auf eine linke Demonstration mobilisieren junge rechtsextreme Gruppen am Sonnabend nach Marzahn-Hellersdorf. Auch aus Sachsen sind Anreisen geplant.

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Ziemlich genau vier Jahre ist es her, dass der Osten Berlins zum letzten Mal als Aufmarschort von Neonazis herhalten musste. Damals, am Tag der Deutschen Einheit 2020, hatte sich die rechtsextreme Kleinstpartei der „III. Weg“ in Hohenschönhausen angekündigt. Seitdem ist es zumindest auf den Berliner Straßen recht still geworden, was die Mobilisierung von Rechtsextremen angeht. Das dürfte sich an diesem Wochenende ändern. Eine neue, junge Generation Neonazis will in Marzahn-Hellersdorf aufmarschieren.

Anlass ist eine seit Wochen angemeldete Demonstration aus dem linken Spektrum, die unter dem Titel „Patriarchat sterben lassen – Antifaschistisch kämpfen“ am Sonnabend um 16 Uhr zum S-Bahnhof Raoul-Wallenberg-Straße mobilisiert. Die Route führt durch die Marzahner Hochhaussiedlungen zum Endpunkt am S-Bahnhof Mehrower Allee.

„Es reicht nicht, im Herbst mit einem Pumpkin Spice Latte im ‚the future is feminist‘ Shirt gemütlich auf dem Sofa den Fall des Patriarchats herbei zu manifestieren“, heißt es im Aufruf der linken Demonstration, denn ein „Pumpkin Spice Latte“ habe noch kein Patriarchat zu Fall gebracht. Stattdessen wolle man sich die Straße nehmen, auch um „den Faschos nicht das Spielfeld“ zu überlassen. Eine „kämpferische Herbstdemo“ ist geplant.

Auch an der rechtsextremen Demonstration gegen den Bautzner CSD war die Gruppe „DJV“ beteiligt.

© dpa/Sebastian Willnow

Bewusst wurde sich ein Ort außerhalb des Berliner S-Bahn-Rings für den Protest ausgesucht. „Kreuzberger Gratismut ist vorbei, gerade in Berliner Außenbezirken, wo viele der Faschos wohnen, muss Antifeminismus und Faschismus die Stirn geboten werden“, ist in der Ankündigung zu lesen.

Tatsächlich ist es in den vergangenen Monaten insbesondere in Marzahn-Hellersdorf immer wieder zu politisch motivierten Straftaten aus dem rechtsextremen Bereich gekommen. Einige Berliner Kader der im Sommer neu gegründeten Organisation „Deutsche Jugend Voran“ (DJV) wohnen in dem Bezirk. Unter anderem eben diese neue Gruppe ruft nun zu einer Gegendemonstration auf, die bereits um 15 Uhr am Bahnhof Springpfuhl beginnen soll und ebenfalls zur Mehrower Allee zieht. 400 Teilnehmer sind angemeldet.

Anreisen aus Sachsen erwartet

Die Neonazis dürfen sich dabei auf Unterstützung aus anderen Bundesländern freuen. So kündigte unter anderem die rechtsextreme Gruppe „Chemnitz-Revolte“ ihr Kommen an. Auch aus Dresden werden Neonazis erwartet. Bei all den mobilisierenden Akteuren handelt es sich hauptsächlich um Personen, die in diesem Sommer durch ihre Präsenz bei rechtsextremen Störaktionen von Christopher Street Days aufgefallen sind.

Da die Pride-Saison mittlerweile beendet ist, suchen sich Gruppen wie „DJV“ offenbar bewusst neue Anlässe, um auf die Straße zu gehen. Zuletzt wurde im sächsischen Hohenstein-Ernstthal am Rande einer antifaschistischen Gedenkdemonstration protestiert. Viele der teilweise sehr jungen Neonazis gelten als gewaltaffin. Das Berliner Landeskriminalamt hat in den vergangenen Monaten nach Tagesspiegel-Informationen zahlreiche sogenannte Gefährderansprachen mit Akteuren von „Deutschen Jugend Voran“ und „Jung und Stark“ geführt.

Vor vier Jahren wurde die Euphorie der motivierten, aus der gesamtem Bundesrepublik angereisten Neonazi-Kader des „III. Wegs“ übrigens jäh gebremst. Hunderte Gegendemonstranten verhinderten damals in Hohenschönhausen, dass die Rechtsextremisten auf ihrer geplanten Route durch den Berliner Stadtteil ziehen konnten. Stattdessen ging es für die Rechtsextremisten nur einmal um den Block. Das sorgte für Frust und Gewalt. Es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.

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