zum Hauptinhalt
Juli: „Durch die Nähe zu Berlin und die damit verbundene Lichtverschmutzung in der Nacht war es schwierig, ein gutes Bild des Kometen Neowise aufzunehmen. Ein Motiv gelang an einem der allerletzten Tage. Durch die Langzeitbelichtung der Kamera leuchtet Neowise am Morgenhimmel gegen 3 Uhr über einem Feld.“

© Patrick Pleul

Wie aus dem Bilderbuch: Das sind die schönsten Fotos aus Brandenburg 2020

Der Fotograf Patrick Pleul zeigt die Region von ihrer schönsten Seite. Wie er das Jahr erlebte - und zwischen Corona-Tests und BER-Eröffnung Abwechslung fand.

Patrick Pleul wundert sich, während er über das Jahr nachdenkt: „Es gab nicht wirklich Termine, aber es war immer viel zu tun. Ich bin kaum dazu gekommen, schöne Bilder zu machen.“ Ein paar sehr schöne findet er dann aber doch für diese Seite, die fünfte dieser Art im Tagesspiegel. Und er wirkt noch genauso peinlich berührt von dieser Ehre wie bei der Premiere Ende 2016: Die anderen Fotografen waren doch auch gut – nicht nur er, in dessen Heimatdorf bei Frankfurt (Oder) nach gängigen Maßstäben wirklich gar nichts los ist.

Ringsum tat sich dafür umso mehr: BER-Eröffnung, Tesla, Schweinepest, Coronakrise. Das seien die vier Säulen seiner Arbeit gewesen, erzählt der 50-Jährige, der bei der dpa-Tochter Zentralbild angestellt ist und seit Jahren mit seinen Landschaftsfotos und seinem besonderen Blick aufs Alltägliche herausragt, für den er auch gern morgens vor Sonnenaufgang startet.

Pleul, der gelernte Gärtner aus der wenig später abgewickelten Produktionsgenossenschaft „Frohe Zukunft“, der von der Arbeitsagentur als Speditionskaufmann empfohlene, aber beim Anblick der Bürocontainer an der Autobahn rechtzeitig geflüchtete Autodidakt. Und: Der Mann, der durch selbst gebauten Mist in seiner Jugend eine Hand und eine Fingerkuppe verlor. Im Gerangel an roten Teppichen hätte er wenig Chancen aufs beste Bild.

Gerangel gibt ja zurzeit ohnehin nicht. Es gibt aber auch wenig anderes, das gerade seine Begeisterung weckt. Die Corona-Motive wurden immer zäher: Nachdem anfangs noch originelle Perspektiven bei Tests von Autoinsassen möglich waren, gibt es jetzt hauptsächlich Kliniken, die er nur von außen fotografieren darf.

Am BER hat er vor der Eröffnung noch mal aus der Ameisenperspektive das Gras in den Ritzen am Willy-Brandt-Platz dokumentiert, bevor es herausgekratzt wurde. „Seit das Ding in Betrieb ist, spricht keiner mehr darüber.“ Bei Tesla, wo er anfangs jede Woche war und staunte, kann er angesichts der in die Höhe gewachsenen Rohbauten nur noch mit der Drohne Überraschendes entdecken. Und die Schweinepest? „Der zehnte Zaun interessiert niemanden mehr.“

Dass Pleul noch nachdenklicher klingt als sonst, hat mit der Situation im Dorf zu tun, wo man im Lockdown zwar jederzeit nach Belieben losziehen kann über die Felder, aber die Gesellschaft ebenso gespalten sei wie in der Stadt: Neben den Realisten gebe es einerseits die Übervorsichtigen, bei denen kaum noch ein Hallo am Gartenzaun zu bekommen sei, und andererseits die Leugner.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Also die üblichen Gegensätze, die bei weniger als 300 Einwohnern aber stärker auffallen. Pleul fürchtet, dass mit der Anonymität ein Nachteil der Stadt aufs Dorf übergreifen könnte und die sozialen Kontakte womöglich auf Dauer leiden.

Der Fotograf bei seiner Arbeit.
Der Fotograf bei seiner Arbeit.

© privat

Kurzfristige Aufheiterung des Fotografen verspräche eine Ladung Neuschnee mit anschließendem Sonnenschein: „Wenn das passiert, kannst du alles fotografieren zwischen Lausitz und Uckermark“, sagt Pleul. Er hat gerade Urlaub, aber von ihm aus könnte es sofort losgehen; er ist immer startklar.

Und er weiß, dass wieder solche Tage kommen werden wie bei dem Paar in der Uckermark, das junge Kraniche rettet: „Die Frau Blahy morgens bei Sonnenaufgang zwischen zwei Kranichen auf dem Feld – das war einer dieser Momente, in denen man seine Arbeit liebt. Das war was fürs Gemüt.“ Sein Bild des Jahres? „Ja, ich würde sagen, das ist es.“

Zur Startseite