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Der größte Schienenersatzverkehr aller Zeiten: Sperrung der ICE-Strecke nach Hamburg stellt Pendler auf harte Probe
Neun Monate ist die ICE-Strecke Berlin-Hamburg ab August 2025 voll gesperrt. Nun hat die Bahn das Ersatzkonzept mit Bussen fertig. Die Fahrzeiten im Regio-Verkehr verlängern sich drastisch.
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Schienenersatzverkehr ist für Bahnfahrer einer der gefürchtetsten Begriffe überhaupt. Das, was in diesem Jahr bevorsteht, wird laut Deutscher Bahn alles bisher dagewesene weit übertreffen. Die Bahn plant während der neunmonatigen Sperrung der ICE-Strecke nach Hamburg den größten SEV aller Zeiten.
„So große Einschränkungen hat es seit Jahrzehnten nicht in Deutschland gegeben“, sagte Patrick Fiedler vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Deutschen Bahn. Ein Beispiel, was Reisenden bevorsteht: Die Fahrzeit von Wittenberge nach Berlin verlängert sich von eineinhalb Stunden auf dreieinhalb Stunden. Pendler, die täglich hin und zurück fahren, brauchen also vier Stunden länger.
„Bittere Wahrheiten“ für Pendler
Denn die Busse fahren maximal Tempo 80, der Regionalexpress doppelt so schnell. „Das wird hart“, hatte der regionale Bahnchef Alexander Kaczmarek schon vor Wochen bei der Vorstellung der Bauarbeiten eingeräumt. Am Montag nun präsentierte die Bahn die Fahrzeiten der Busse, VBB-Experte Fiedler sprach von „bitteren Wahrheiten“.
So große Einschränkungen hat es seit Jahrzehnten nicht in Deutschland gegeben.
Patrick Fiedler vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg
Ähnlich sieht es für die anderen Städten entlang der 280 Kilometer langen Strecke aus. Es gibt über zwei Dutzend Unterwegsbahnhöfe, ein Dutzend davon auf Brandenburger Gebiet. Gerade in Nauen, Falkensee und Brieselang ist die Zahl der Bewohner in den vergangenen Jahren wegen der guten Anbindung an Berlin deutlich gestiegen. Täglich nutzen etwa 20.000 Menschen die Regionalzüge auf dieser Strecke. Sie müssen alle in den Bus. Orientierung verspricht die Bahn mit der Farbe Lila, die Busse sind in dieser Farbe (offiziell: „Verkehrspurpur“) lackiert, ebenso die Haltestellen und alle Hinweisschilder.
Der Schienenersatzverkehr wird von August 2025 bis Ende April 2026 täglich zweimal die Erde umrunden, 86.000 Kilometer zurücklegen. Die Bahn hat 173 neuwertige, moderne Busse gemietet. Die Ersatzbusse fahren nicht nach Berlin hinein, weil sie hier „in der Staufalle landen“ würden, wie VBB-Experte Fiedler sagte. Stattdessen steuern die Busse die Bahnhöfe Wustermark und Dallgow an. Die Bahn wird während der Bauarbeiten die Zahl der Züge auf der Strecke nach Hannover erhöhen, zum Beispiel mit dem RE2. Dieser fährt von der Berliner Stadtbahn kommend über Spandau und Dallgow-Döberitz nach Hennigsdorf.
Kernstück des Ersatzverkehrs ist die überregionale Linie „X4“, die von Wittenberge über Perleberg und den Verlauf der Bundesstraße 5 mit Halt in Kyritz und Nauen nach Wustermark fährt. Auch von Brieselang kommt man mit dem X4 nach Wustermark. Zusätzliche Zeit kostet das Umsteigen dort, die Bahn verspricht gute Anschlüsse.
280 Kilometer für Sanierung komplett gesperrt
Im August 2025 startet die Bahn wie berichtet mit der „Generalsanierung“ der ICE-Strecke Berlin-Hamburg. Die 280 Kilometer zwischen den beiden größten deutschen Städten werden komplett gesperrt, und zwar für neun Monate. Die Dimensionen sind gewaltig, 180 Kilometer Gleise und 200 Weichen werden erneuert. Mit diesen Generalsanierungen will die Bahn die wichtigsten Strecken im deutschen Netz grundlegend ertüchtigen. Künftig soll es deutlich weniger Störungen geben.
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Wer mit dem Zug zwischen den beiden größten deutschen Städten unterwegs ist, hat es vergleichsweise leicht. Die ICE werden umgeleitet über Stendal und Uelzen, die Züge fahren nur im Stundentakt, die Fahrzeit verlängert sich um mindestens 45 Minuten. Die Strecke nach Hamburg ist mit 230 Zügen und bis zu 30.000 Fahrgästen pro Tag eine der wichtigsten Direktverbindungen in Deutschland.
Deshalb war vor einigen Jahren ein Halbstundentakt eingeführt worden. Im vergangenen Jahr war die für Tempo 230 ausgebaute Strecke schon einmal vier Monate gesperrt. Damals waren die Preise für Tickets deutlich gestiegen, weil das Angebot halbiert war. Der Sanierungsbedarf vor allem von Schwellen und Schienen war so dringend, dass er nicht bis 2025 verschoben werden konnte.
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