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Der sogenannte „Hererostein“ auf dem Garnisonsfriedhof am Columbiadamm.

© Wikimedia

Deutsche Kolonialherrschaft in Namibia: Neukölln will würdiges Denkmal für Opfer des Völkermordes an den Herero und Nama

Seit 1907 erinnert der sogenannte „Hererostein“ an Soldaten, die an dem Völkermord beteiligt waren. Nun soll der Stein nach dem Willen der Bezirksverordneten entfernt werden.

Wie geht man mit der deutschen Kolonialgeschichte und historischen Überbleibseln um? Diese Frage stellt sich nicht nur bei Straßennamen und Denkmälern, die an mittlerweile umstrittene Persönlichkeiten erinnern, sondern auch bei Gedenksteinen und Ehrenmalen.

Auf dem Garnisonsfriedhof am Columbiadamm in Berlin-Neukölln erinnert ein solches, der sogenannte „Hererostein“, an sieben deutsche Soldaten, die zwischen 1904 und 1907 „am Feldzuge in Südwestafrika freiwillig teilnahmen“ und „den Heldentod“ starben, wie es auf dem mittlerweile recht verwitterten Stein heißt.

Bis heute soll der Stein Treffpunkt rechtsextremer Gruppen sein, die hier laut Medienberichten bei bestimmten Anlässen an ihre abstruse Version des Völkermordes an den Herero und Nama erinnern. Die Berliner Polizei hat allerdings in den vergangenen fünf Jahren keine Kranzniederlegung rechter Gruppen dokumentiert, wie eine Sprecherin auf Anfrage sagte.

 1907
wurde der Stein errichtet

Der Stein selbst wurde 1907 errichtet und stand zunächst auf einem Kasernengelände in Kreuzberg, seit 1973 steht er auf dem Friedhof. Direkt vor dem Stein befindet sich seit 2009 eine Gedenkplatte, die an die rund 80.000 Menschen erinnert, die von deutschen Soldaten in Namibia grausam ermordet wurden. Zuvor hatten Initiativen und Vereine jahrelang dagegen protestiert, dass hier zwar an die Täter, aber nicht die Opfer der Kolonialherrschaft erinnert wurde.

Und auch die Betonplatte, die heute als eine Art Kommentar vor dem Stein eingelassen ist, stößt vielen migrantischen Gruppen auf: Sie erinnert zwar an die Opfer, erwähnt aber nicht, dass es sich bei denen um Herero und Nama gehandelt hat – und auch das Wort Genozid oder Völkermord kommt nicht vor. Kritiker:innen, etwa Vertreter:innen vom Verein Berlin Postkolonial, sehen darin eine Verharmlosung.

Nun soll das Ensemble aus Stein und Platte, das die einzige Erinnerung an die deutsche Kolonialherrschaft in Namibia in Berlin darstellt, komplett umgestaltet werden: Das hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) bei ihrer letzten Sitzung vor der Wahl beschlossen und damit noch einmal die Vereinbarung bestärkt, die SPD und Grüne als Zählgemeinschaft getroffen haben.

Noch in der ersten Jahreshälfte 2023 solle unter Federführung des Museums Neukölln ein Konzept zur Umgestaltung erstellt werden, heißt es in dem Beschluss. Dabei solle angestrebt werden, den Stein ganz zu entfernen. „Im Rahmen der Umgestaltung soll ein würdiges Denkmal an die Opfer des Völkermordes an den Ovaherero und Nama entstehen“, heißt es in dem Beschluss.

Auch Interessensverbände der Ovaherero und Nama sowie der bereits erwähnte Verein Berlin Postkolonial sollen einbezogen werden – und eine Informationsstele an den Einsatz der Aktivist:innen für die Umgestaltung des Ortes erinnern. Für den Beschluss stimmten SPD, Linke und Grüne, dagegen stimmten CDU, AfD und FDP.

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