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Große Freiheit. Die Schauplätze haben sich geändert, die Gepflogenheiten sind die gleichen. Nun ist Tempelhof die neue Grillstelle für Freunde des täglichen Barbecue.
© Maik Wolff

Grillsaison: Die Luft brennt jetzt woanders

Seit dem Grillverbot ist der Tiergarten ziemlich verwaist. Die Kohlen glühen nun in anderen Parks, wie zum Beispiel auf dem Tempelhofer Feld. Aber das gefällt längst nicht jedem.

Blick in den Tiergarten an der John-Foster-Dulles-Allee am Pfingstsonnabend: Sonnenflecken, Rhododendronblüten, Amseln hüpfen über den Rasen. Aber wer genießt hier eigentlich noch die Natur? Seit der Bezirk Mitte im Frühjahr das umstrittene Grillverbot durchgesetzt hat, sind kaum mehr Menschen auf den Wiesen zu sehen. Ein Pärchen picknickt, eine Streife des Ordnungsamtes patrouilliert.

Vor einem Jahr sah alles noch ganz anders aus. Grillende Großfamilien im Tiergarten gehörten zum Hauptstadtsommer dazu. Doch inzwischen sind die meisten vertriebenen Griller zum Tempelhofer Flughafen umgezogen. Dort glühen wesentlich mehr Roste als vor einem Jahr. Auf den Grillplätzen der „Tempelhofer Freiheit“ wird es eng, die gute Stimmung droht zu kippen. Aber das hängt nicht alleine mit der erzwungenen Abwanderung der Griller aus dem Tiergarten zusammen. Das Grillen in Parks wird in Berlin immer populärer, und die neue Leidenschaft bringt die Verwalter der Grünanlagen überall in Bedrängnis. Wo die Massen grillen, wachsen Müllberge, gibt es Ärger wegen angesengter Wiesen, Vandalismus, Rücksichtslosigkeiten. Egal, ob der jeweilige Platz überwiegend von Migrantenfamilien, Yuppies, Jugendlichen oder bunt gemixt genutzt wird.

Mittes Ordnungsstadtrat Carsten Spallek (CDU) allerdings ist zufrieden. Der Tiergarten sei jetzt „wesentlich sauberer“, sagt er. Und im Grünflächenamt hofft man, „dass nun die Leute mit Picknickkörben den Park entdecken“. Mit dem Verbot hat sich der Bezirk die Probleme rund ums Grillen zwar auf dem eigenen Terrain vom Hals geschafft, aber nicht gelöst. Sie wurden nach Tempelhof verschoben. Ein Effekt, der sich auch in Treptow abzeichnet. Auf der Spreewiese im Treptower Park darf gleichfalls nicht mehr gegrillt werden – mit der Folge, dass Familien im nahen Schlesischen Busch an der Puschkinallee nun an Wochenenden um die Plätze rangeln und eine Müllkippe hinterlassen.

Die Grillplätze auf der „Tempelhofer Freiheit“ gelten bislang als vorbildlich sauber und friedlich. Es gibt dort ausreichend viele Müllcontainer, und vor allem: Die zuständige Grün Berlin GmbH lässt diese schon zwischendurch samstagabends leeren, falls sie an Wochenenden frühzeitig überquellen. In den meisten Parks der Bezirke rücken die Entsorger hingegen erst am Montag oder Dienstag an. Aus Sicht des Tempelhofer Parkmanagers Michael Krebs ist die Atmosphäre beim Grillen trotz des Ansturms „weiter entspannt“. Doch hört man sich bei den Grillern um, so gibt es zunehmend Klagen über „Schmuddelecken“, über „Leute, die ihren Abfall einfach fallen lassen und drauflosschmurgeln, egal, ob sie die Nachbarn dabei in Schwaden hüllen.“

Auch auf den Picknickwiesen am Columbiadamm werde immer öfter illegal gegrillt, heißt es. Das stört besonders Familien mit Kindern, die dort lagern und nicht verräuchert werden wollen. Fordern die Parkwächter die Griller auf, Glut zu löschen, endet das bisweilen in Streit. Kehrt die Security-Truppe ihnen den Rücken, machen manche einfach weiter.

Der Stress in Tempelhof hängt allerdings auch mit einigen Nachteilen des Geländes zusammen. Es ist nahezu baumlos, es gibt kaum Schatten. Die Sonne scheint gnadenlos auf die Griller, die mehr und mehr zusammenrücken müssen. Und während sie im Tiergarten mit dem Wagen meist recht nahe an die Grillwiesen heranfahren konnten, kommen sie nun schon bei der schwierigen Parkplatzsuche am Tempelhofer Damm mächtig ins Schwitzen. Danach müssen sie mit Kind und Kegel die oft stattliche Grill- und Campingausrüstung weit übers Flugfeld schleppen, was ihre Laune gleichfalls eintrübt.

Die Parkplatzsuche ist auch für die Griller am Blücherplatz in Kreuzberg, am Volkspark Friedrichshain und Monbijoupark in Mitte schwierig. Aber das hält sie nicht davon ab, die Plätze zu stürmen. Am Blücherplatz drehen Türken und Kroaten Schulter an Schulter ganze Lämmer an Elektrospießen, am Monbijouufer der Spree und im Friedrichshain garen eher junge Leute ihre Steaks. Türkische und arabische Familien sind dort selten zu sehen, stattdessen mehr Griller aus osteuropäischen Ländern.

Wer nach einem sonnigen Wochenende durch den Friedrichshain entlang der Danziger Straße läuft, muss sich seinen Weg über verstreute Tüte und Pappgeschirr bahnen, obwohl Grillen dort verboten und nur auf dem Kleinen Bunkerberg erlaubt ist. Und im Monbijoupark liefern sich Ordnungsamt und Griller eine Katz-und-Maus-Jagd. Dort gibt es an den S-Bahn-Bögen einen Grillplatz, der längst nicht mehr ausreicht. Inzwischen wird dort „kreuz und quer illegal gebruzzelt“, klagt Mittes Parkchef Harald Büttner. Schlimm seien auch die Alu-Einweggrills. „Die hinterlassen Brandflecken im Gras.“ Als Gegenwehr hat der Bezirk seine Streifen verstärkt, verhängt mehr Bußgelder denn je und lässt „unübersehbare Verbotsschilder“ aufstellen.

Im Mauerpark in Prenzlauer Berg und im Görlitzer Park in Kreuzberg gehen die Ordnungsämter andere Wege. Sie unterstützen Initiativen von Anwohnern, die auf Ordnung achten. Die „Freunde des Mauerparks“ bringen das auf ihrer Website auf den Punkt: „Leute, beachtet die Spielregeln – es kommt allen zugute.“

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