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© AFP/JOHN MACDOUGALL

Doch keine Pause der Letzten Generation: Aktivisten kündigen neue Blockaden an – Klebewochen behinderten Rettungsdienst massiv

104 behinderte Feuerwehr-Einsatzfahrten, 426.675 Einsatzkräftestunden bei der Polizei. Die Blockadewochen haben sich bemerkbar gemacht. Nun soll es früher weitergehen als gedacht.

Als Reaktion auf die Razzia bei Mitgliedern der „Letzten Generation“ soll es nun doch keine Klebepause geben. Am 5. Juni und ab 12. Juni sind wieder Straßenblockaden in mehreren Städten geplant. Das haben führende Aktivisten am Freitagabend bei einem sogenannten „Emergency-Call“ per Videoschalte angekündigt. Nach dem ursprünglichen, vor der Razzia verfassten Sommerplan der Klimaaktivisten sollte es vorerst vor allem Protestmärsche geben.

In einer internen Chatgruppe hieß es: „Wir legen den Fokus darauf, was jetzt wichtig ist: Das Momentum nutzen.“ In einem am Sonnabend verbreiteten offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) heißt es: „Unzählige Menschen haben sich für nächste Woche zu Sitzblockade-Trainings angemeldet.“ Die Zahl der Menschen, die sich seit den Durchsuchungen am Mittwoch für neue Proteste angemeldet hätten, sei in die Höhe geschnellt. Jetzt gehe es darum, „in den Notfall-Modus umzuschalten“ und neue Mitstreiter zu integrieren, hieß es in der zentralen Chatgruppe.

Am Mittwoch sind 15 Wohnungen und Geschäftsräume in sieben Bundesländern durchsucht worden, darunter in Berlin. Die Generalstaatsanwaltschaft München ermittelt gegen sieben Personen und verdächtigt sie, eine kriminelle Vereinigung gebildet oder unterstützt zu haben. Sie sollen eingesammelte Spenden in Höhe von mindestens 1,4 Millionen Euro für die Begehung von Straftaten eingesetzt haben – auch für Blockaden, wie es hieß.

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Eine interne Statistik der Berliner Behörden zeigt das Ausmaß der Mitte April begonnenen Blockadewochen. Seit Mitte Juni 2022 erfasst die Feuerwehr, wenn Einsatzwagen wegen Klimablockaden behindert werden. Bis Ende März waren es 28 Fälle, durch die Klebewochen stieg die Zahl der Fälle bis 17. Mai auf 104.

Betroffen waren meist Rettungswagen auf dem Weg zum Einsatz oder mit Patienten zum Krankenhaus. Bis Ende März lag die Gesamtzeit aller Verzögerungen bei fünf Stunden und 15 Minuten, sie stieg bis Mitte Mai auf 20 Stunden. Medizinische Folgen für Patienten werden nicht erfasst. Aber die Lage beim Rettungsdienst ist angespannt, jeder Ausfall eines Wagens verschärft den Mangel. Im häufiger kommt es auch deshalb zum Ausnahmezustand beim Rettungsdienst.

Gefährderansprachen zeigen kaum Wirkung

Im Juli brauchten die Retter bei einem Herznotfall 13 Minuten länger, bei einer Kopfverletzung waren es acht Minuten. 26 Minuten waren es im Herbst bei Atembeschwerden, zehn Minuten bei einem Lkw-Unfall, fünf Minuten bei Herzbeschwerden, 66 Minuten beim Transport eines Suizidgefährdeten ins Krankenhaus. Im Februar kam ein Notarztwagen zu einem Patienten mit Herzbeschwerden fünf Minuten später als geplant, im April brauchte ein Rettungswagen zu einem Krampfanfall elf Minuten länger. 14 Minuten längere Anfahrt waren es bei einer Fehlgeburt und 23 Minuten bei einer inneren Blutung eines Menschen, der Blutverdünner nehmen muss.

18 Minuten Verzögerung waren es bei einem Sturz, eine halbe Stunde für einen Intensivtransport bei einer Blutung in der Brusthöhle, acht Minuten bei einer Verlegung ins Deutsche Herzzentrum. In zahlreichen anderen Fällen musste der Einsatz abgebrochen und ein anderer Wagen geschickt werden, es ging um Vitalbedrohung, Gasaustritt, Reanimation, Schlaganfälle, Kopfverletzung, Geburt samt Blutungen oder einen stecken gebliebenen Fahrstuhl.

Seit Beginn der Blockaden Anfang 2022 und bis Ende März 2023 hatte die Polizei 2937 Strafanzeigen gestellt, meist wegen Nötigung. Bis 17. Mai stieg die Zahl auf 4370 Strafanzeigen. Für die Polizei sind die anhaltenden Blockaden eine Dauerbelastung. Bis Ende März zählte sie dafür 308.150 sogenannte Einsatzkräftestunden, bis 17. Mai waren es schon 426.675.

Vor den Blockadewochen Mitte April hatte die Polizei die sogenannten Gefährderansprachen zunächst eingestellt, mit denen Aktivisten von Aktionen abgehalten sollten. Bis Ende März waren es mehr als 210 Gefährderansprachen, doch dann resignierte die Polizei zwischenzeitlich. Denn trotz der Warnungen „beteiligten sich die angesprochenen Personen dennoch wiederholt an Aktionen“, hieß es. Durch das Ausmaß der Blockaden im April und Mai versuchte die Polizei es dann doch erneut mit Reden. Mehr als 450 Gefährderansprachen sind bis 17. Mai vermerkt. Gebracht hat es kaum etwas.

Auch die Gebührenbescheide in Höhe von 241 Euro für die Polizeieinsätze zeigen kaum Wirkung, diese werden teils mit Spenden beglichen. Bis Mitte April erließ die Polizei 214 Bescheide gegen Blockierer, inzwischen sind es 669. Davon sind 109 bezahlt worden – das macht 26.269 Euro. Für alle Bescheide wären es 161.229. In 23 Fällen klagen Betroffene dagegen.

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