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Autos parken auf einem Radweg in der Ollenhauerstraße in Berlin-Reinickendorf.

© imago/photothek/IMAGO/Thomas Trutschel

Update

„Ein Armutszeugnis“ : Berlin fällt im bundesweiten Fahrradklima-Test durch

Berlin ist im bundesweiten „Fahrradklima-Test“ des ADFC vom neunten auf den zwölften Platz abgerutscht. 88 Prozent der Berliner fühlen sich laut der Umfrage auf dem Rad nicht sicher.

Stand:

Berlin fällt durch. Mit einer Gesamtnote von 4,3 ist Berlin unter den 15 deutschen Großstädten beim „Fahrradklima“ vom 9. auf den 12. Platz abgerutscht. Damit hat sich die Bewertung Berlins erstmals seit vielen Jahren verschlechtert. Das ist das Ergebnis der am Dienstag im Bundesverkehrsministerium vorgestellten Umfrage des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) für 2024.

„Die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests sind ein Armutszeugnis für Berlins Verkehrspolitik“, sagte Eberhard Brodhage, der Landesvorsitzende des Berliner ADFC. Für den ADFC ist der Grund für das schlechte Ergebnis klar: Die fahrradfeindliche Verkehrspolitik der seit zwei Jahren amtierenden schwarz-roten Koalition. „Einschnitte bei der Radverkehrsförderung wirken sich sofort negativ auf die Zufriedenheit aus“, so Brodhage.

92
Prozent der Befragten beklagen häufige Konflikte mit Autos.

7415 Berliner hatten zwischen im Herbst 2024 an der bundesweiten Umfrage teilgenommen, so viele wie nie. Das Fahrradklima wird seit 1998 alle zwei Jahre ermittelt, damit wird die Fahrradfreundlichkeit von deutschen Städten und Gemeinden gemessen. Die Ergebnisse dienen dem Vergleich zwischen den Städten – und dokumentieren Veränderungen.

Ohne Willen, ohne Plan.

Eberhard Brodhage, Landeschef des ADFC, über die Fahrrad-Politik des schwarz-roten Senats

Seit 2016 war es in Berlin – auf sehr niedrigem Niveau – vorangegangen. Mit dem „fortschrittlichen Mobilitätsgesetz“ von 2018 galt Berlin eine Zeitlang im Bundesvergleich als Musterschüler, kommentiert Brodhage die Entwicklung. 2021 bekam Berlin sogar einen Sonderpreis für die Corona-Pop-Up-Radwege – mittlerweile hat die Berliner Verkehrsverwaltung den Rückwärtsgang eingeschaltet. Am Montagabend demonstrierten Aktivisten gegen den von Senatorin Ute Bonde (CDU) angeordneten Rückbau der sicheren Radspur auf der Kantstraße in Charlottenburg.

Die Kantstraße ist nur ein Symbol für die Kehrtwende, zudem wurden die Pläne für fast alle Radschnellwege in die Tonne getreten, das Geld für den Radverkehr deutlich gekürzt. „Das vielbeschworene Miteinander im Verkehr bleibt aus“, sagte Brodhage. „Heute steht die Hauptstadt als Klassen-Schlusslicht da – ohne Willen, ohne Plan.“ Sollte Berlin so weitermachen, „wird der Negativ-Trend anhalten“, so der ADFC. Der Chef des Berliner ADFC zieht dieses Fazit: „Die Menschen in der Hauptstadt sind mit der Verkehrspolitik unzufrieden wie nie.“

Nur noch Dortmund, Essen und Duisburg liegen jetzt noch hinter Berlin. Nur fünf Großstädte haben sich verschlechtert, und Berlin ist die Stadt mit der größten Verschlechterung in der Note. Gewonnen hat Frankfurt/Main.

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Das sind die Ergebnisse der Umfrage im Detail: 88 Prozent der Berliner fühlen sich auf dem Rad nicht sicher (2022: 83 Prozent). Für 69 Prozent bedeutet Radfahren Stress (2022: 65 Prozent). 71 Prozent der Menschen beschreiben eine negative Entwicklung bei der Fahrradförderung. Die Bewertung in diesem Bereich ist laut ADFC um eine ganze Notenstufe auf 4,5 abgesackt. So schlecht stand Berlin in diesem Bereich zuletzt 2016; seitdem hatte sich die Bewertung der Fahrradförderung deutlich verbessert bis auf 3,5 in 2022.

Von dem „Miteinander“ im Straßenverkehr, wie es 2023 politisch von der damaligen CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) angekündigt wurde, ist laut ADFC wie gesagt nichts zu sehen: 72 Prozent der Berliner fühlen sich mit dem Rad nicht im Verkehr akzeptiert (2022: 66 Prozent). 92 Prozent beklagen häufige Konflikte mit Autos (2022: 89 Prozent). 90 Prozent wünschen sich, dass Falschparker auf Radwegen stärker kontrolliert werden (2022: 87 Prozent). Kritisiert wird auch die hohe Zahl von Fahrraddiebstählen. Laut Polizei verschwanden 2024 in Berlin immerhin 27.099 Räder. Die Aufklärungsquote liegt bei unter fünf Prozent,

Unerfreulich ist auch das Brandenburger Ergebnis. „Keine einzige Stadt oder Gemeinde des Landes hat es auf die vorderen Plätze geschafft“, teilte der Landesverband mit, „das ist ein deutliches Warnsignal“. Es brauche Investitionen, Mut und Tempo, sagte René Köster aus dem Landesvorstand des ADFC Brandenburg.

Beste Stadt in Brandenburg ist Potsdam. In der Kategorie der Städte mit 100.000 bis 200.000 Einwohner kam die Landeshauptstadt auf Platz 11. „Das zeigt, dass gezielte Maßnahmen Wirkung zeigen können“, lobte Köster. Auch Cottbus (Platz 44), Hennigsdorf (35) und Perleberg (27) konnten sich in ihren jeweiligen Größenklassen jeweils unter den besten 50 platzieren.

Bei der Befragung machten bundesweit 213.000 Radfahrerinnen und Radfahrer mit, 21 Prozent davon ADFC-Mitglieder. Die Umfrage ist damit eine der größten Befragungen zur Zufriedenheit von Radfahrern weltweit. 1047 Städte kamen in die Wertung. Bei den 27 Fragen ging es darum, ob man sich auf dem Rad sicher fühlt, wie gut die Radwege sind und wie man das Miteinander im Verkehr empfindet. Unterstützt wird der ADFC dabei vom Bundesverkehrsministerium.

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