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Beim Bau des Willy-Brandt-Flughafens lief seit 1998 vieles schief.

© dapd

Flughafen-Desaster: Eine Serie von Täuschungen und Vertuschungen

Mit der Wahrheit tun sich die Flughafenplaner schon lange schwer. Bei Terminankündigungen und beim Festlegen der Flugrouten wurden zwischen 1998 und heute immer wieder falsche Angaben gemacht. Eine Chronik.

Wer hat wann was und wieviel von der bevorstehenen Pleite bei der Flughafen-Eröffnung gewusst? Diese Frage ist weiter nicht beantwortet. Fest steht, dass es beim Flughafen üblich ist, negative Berichte möglichst lange zu vertuschen. Zuletzt teilte der Flughafen am Montag anlässlich der Inbetriebnahme des neuen Hangars von Air Berlin und Germania noch offiziell mit, „in weniger als einem Monat“ gehe der BER in Betrieb. Dabei hatte sich am Wochenende bereits klar abgezeichnet, dass der Termin 3. Juni nicht mehr zu halten sein wird. Am Dienstagmittag wurde die Verschiebung dann zugegeben. Vertuschungsversuche dieser Art gab es schon früher.

FLUGROUTEN

Bereits spätestens 1998 war den Planern klar, dass die bisher veröffentlichten Flugrouten nicht mehr mit den internationalen Vorgaben übereinstimmten. Der damalige Flughafenchef Götz Herberg bat das Bundesverkehrsministerium damals, „Einfluss auf die Deutsche Flugsicherung zu nehmen“, um vorläufig bei den bisherigen Routen bleiben zu können. Sonst wären neue Gutachten erforderlich gewesen. So wurden die betroffenen Anwohner bis September 2010 über die realen Routen bewusst getäuscht.

Bildergalerie: Reaktionen auf das BER-Desaster:

TEURER TERMINAL

Im Sommer 2007 meldete der Tagesspiegel, dass der Bau des Abfertigungsgebäudes statt der veranschlagten 630 Millionen Euro nun eine Milliarde Euro kosten sollte. Diese Summe hatten die Bewerber in einer Ausschreibung genannt. Wochenlang dementierte die Flughafengesellschaft den Kostenanstieg. Gut zwei Monate später hob man dann das Verfahren auf – wegen des geforderten Preises von einer Milliarde Euro.

TERMINE

Als 1999 das Planfeststellungsverfahren – mit den nicht angepassten Flugrouten – eingeleitet wurde, nannte man als Eröffnungstermin das Jahr 2007. Obwohl spätestens 2003 nach dem gescheiterten Privatisierungsverfahren fast kein Experte mehr damit rechnete, dass dieser Termin noch gehalten werden könnte, blieb der Flughafen weiter bei diesem Termin, ehe er sich dann exakt auf den 30. Oktober 2011 festlegte.

Auch andere Flughäfen hatten schon Probleme - sehen Sie hier die größten Pannen-Airports in unserer Bildergalerie:

Der Tagesspiegel berichtete dann am 17. April 2010, dass auch dieser Termin „wackele“. Wenige Tage vor dem Richtfest für das Abfertigungsgebäude dementierte Flughafenchef Rainer Schwarz dies öffentlich und nochmals bei einem Redaktionsbesuch, bei dem er wetterte, wie man eine solche Falschmeldung veröffentlichen könne. Beim Richtfest wurde dann auch vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verkündet, es bleibe beim vorgesehenen Termin. Ende Mai meldete wiederum der Tagesspiegel, dass sich die Eröffnung doch verschieben werde; möglicherweise um ein Jahr. Erneut kamen wütende Dementis von der Flughafengesellschaft, die weiter behauptete, am 30. Oktober 2011 werde der Flughafen in Betrieb gehen. Die Wahrheit kam auch hier mit mehrmonatiger Verspätung. Als neuer Termin wurde dann der 3. Juni 2012 genannt, was bis Dienstag galt. Eine frühzeitige Warnung, dass auch dieses Ziel nicht mehr garantiert werden konnte, erhielten weder die Fluggesellschaften noch die künftigen Mieter der rund 150 Läden und Lokale auf dem neuen Flughafen. Ob die ersten Maschinen nun wirklich im August abheben werden, wie es der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck unmittelbar nach der Terminverschiebung verkündet haben, wird sich zeigen.

Bildergalerie: So entsteht der neue Flughafen

BRANDSCHUTZ UND ANDERE PROBLEME

Grund für die Absage seien Probleme bei den Brandschutzanlagen, heißt es nun offiziell. Nach Angaben von Insidern gibt es aber weitere Schwierigkeiten – vor allem bei der hochkomplexen Datenverarbeitung, bei der man am Flughafen zum Teil auch Neuland betreten hat. Von 100 für den Flugbetrieb erforderlichen Prozessen funktionieren derzeit nach Tagesspiegel-Informationen lediglich 50 bis 60 Prozent. Dies hat der Flughafen bisher nicht dementiert – seine Sprecher müssen derzeit andere Fragen beantworten.

MEHRKOSTEN

Obwohl es unzählige Änderungen in der Planung gegeben hat, gibt der Flughafen weiter an, man sei immer noch im Finanzierungsplan mit einem Volumen von 2,4 Milliarden Euro. Nach Tagesspiegel-Informationen hat man aber inzwischen 350 Millionen Euro draufsatteln müssen. Noch hat der Flughafen auch auf diese Information nicht reagiert.

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