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Rossmann bedauert den Vorfall und will ihn intern aufarbeiten.

© Holger Hollemann/dpa

„Er fragte mich, ob ich Deutsch verstehe“: Rassismus-Vorwurf gegen Rossmann-Mitarbeiter und Berliner Polizei

Eine Frau will bei Rossmann mit EC-Karte zahlen. Es kommt zum Streit mit der Kassiererin. Am Ende kommt die Polizei – und die Situation eskaliert weiter.

Die Berlinerin Vanessa H. hatte ihren vier Jahre alten Sohn Idris gerade aus dem Kindergarten abgeholt. Sie wollte noch ein paar Kleinigkeiten am Tauentzien besorgen, erzählt die Afrodeutsche. An der Kasse der Rossmann-Filiale bezahlt die 24 Jährige am Dienstagnachmittag mit ihrer Karte, knapp 15 Euro für Reiswaffeln, Tampons, Kleinigkeiten eben.

Was dann passiert sein soll, erzählt sie in einem Video, das sie wenig später ins Netz stellt: Es geht um tiefsitzenden Rassismus und einen Polizeibeamten, der Vanessa H. bedroht haben soll.

H. erzählt dem Tagesspiegel, die Kassiererin habe nach ihrer Unterschrift und ihrem Ausweis gefragt. Vanessa H. ist in Berlin geboren, am Kurfürstendamm aufgewachsen, hat hier selbst in den Geschäften gearbeitet, trägt einen typisch biodeutschen Nachnamen wie Müller, Meier, Schulze. Der Tagesspiegel kürzt ihn zu ihrem Schutz ab.

Dass eine Frau mit schwarzer Haut einen typisch deutschen Nachnamen trägt und mit einer EC-Karte für 15 Euro einkauft, kann sich die Kassiererin anscheinend nicht vorstellen. „Sie sagte ganz laut in der Schlange, dass das nicht mein Name ist“, erzählt H. in dem Video, das sie auf Instagram postet. Eine Schwarze könne so eine Karte gar nicht haben, soll die Kassiererin gesagt haben.

H. wird wütend, diskutiert mit der Kassiererin. Bis die Vorgesetzte kommt und einschreitet – anders als von H. erwartet. Auch sie soll H. vorgeworfen haben, dass das nicht ihre Karte sein könne. „Dann habe ich gesagt, dass ich die Polizei rufe, dass das rassistisch ist“, sagt H. dem Tagesspiegel. Eine der Frauen soll dann gesagt haben: „Oh, jetzt kommt die Rassismus-Karte, weil sie schwarz sind.“

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Auf Tagesspiegel-Anfrage äußert sich die Drogeriekette Rossmann zu dem Fall. „Wir bedauern sehr, was unsere Kundin in unserer Filiale in Berlin erlebt hat. Aktuell arbeiten wir den Vorfall intern auf, um daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.“

Man habe Vanessa H. bereits kontaktiert, wolle „nicht übereinander, sondern miteinander reden“. Die Mitarbeiter des Unternehmens, verspricht eine Sprecherin, sollen „für das Thema Alltagsrassismus“ noch einmal stärker sensibilisiert werden.

Als die Polizisten am Dienstag in der Filiale eintreffen, ist nach Tagesspiegel-Informationen bereits eine halbe Stunde vergangen. Mehrere Zeugen unter ihnen der Linken-Abgeordnete Hakan Tas beschreiben, dass sich bereits eine große Menschenmenge gebildet hat, in und vor der Filiale.

Rassismus-Vorwurf auch gegen Polizisten

H. ist aufgebracht, ihr Sohn weint. „Der eine Polizist war super nett, hat sich um meinen Sohn gekümmert“, sag H. Sein Kollege sei in die Filiale gegangen und habe mit den Mitarbeiterinnen von Rossmann gesprochen. Als er herauskommt, soll er H. vorgeworfen haben zu lügen.

Noch am Wochenende besuchte Vanessa H. die „Black Lives Matter“-Demonstration am Alexanderplatz.
Noch am Wochenende besuchte Vanessa H. die „Black Lives Matter“-Demonstration am Alexanderplatz.

© privat

Wenn sie eine Falschaussage machen, käme sie ins Gefängnis, soll der Beamte gedroht haben. H. sagt: „Er fragte mich, ob ich überhaupt die deutsche Sprache verstehe.“ Sie will seine Dienstnummer, seinen Namen. Der Beamte soll ihr das Datum auf seinem Tätigkeitsbericht als Dienstnummer verkauft haben. Jetzt ermittelt die Polizei.

Ein Polizeisprecher teilt mit, noch vor Ort sei „eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Beleidigung mit rassistischer Tatmotivation eingeleitet“ worden. Über die sozialen Medien habe man vom Video von Vanessa H. erfahren. Das Verhalten der Polizisten werde nun durch die Beschwerdestelle der Polizei geprüft.

Vanessa H. sagt: „Ich bin nicht die einzige, die sowas erlebt, das ist für uns Schwarze Menschen alltäglich, aber es war noch nie so krass, dass auch die Polizei versucht, mich bloßzustellen.“ Noch am Wochenende hatte sie auf der „Black Lives Matter“-Demonstration am Alexanderplatz gestanden, zusammen mit ihrem Sohn Idris.

Sie hatte ein Pappschild in der Hand, darauf stand: „Meine Menschlichkeit sollte nicht zur Debatte stehen.“

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