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1913 wurde in Deutschland die Impfung gegen Diphtherie eingeführt.

© Getty Images, Bearbeitung: Tagesspiegel

Update

Er kämpfte vier Monate: Zehnjähriger Waldorfschüler aus Brandenburg stirbt nach Diphtherie-Erkrankung

Ein Junge aus Spandau war an Diphtherie erkrankt und über Monate stationär im Krankenhaus beatmet worden. Nun ist er gestorben. Der Zehnjährige war gegen die Krankheit offenbar nicht geimpft.

Stand:

Der an einer Diphtherie erkrankte Schüler M. aus Berlin-Spandau ist verstorben. In einem Brief, der am Dienstagabend an die Schulgemeinschaft (Lehrer, Eltern, Personal) der Waldorfschule Havelhöhe in Berlin-Kladow geschickt wurde, heißt es: „Mit tiefem Bedauern und großer Traurigkeit möchten wir Ihnen mitteilen, dass unser Schüler M. nach schwerer Krankheit verstorben ist.

Der Zehnjährige war im Oktober an Diphtherie erkrankt. Das Kind aus dem Havelland in Brandenburg war nach früheren Angaben des Brandenburger Gesundheitsministeriums nicht geimpft. Vier Monate später ist M. nun verstorben.

„M. war ein Teil unserer Schulgemeinschaft, der uns mit seiner Fröhlichkeit und Herzlichkeit bereichert hat. Sein Weg zuletzt war geprägt von Stärke und Tapferkeit, und er hinterlässt in unserer Gemeinschaft eine Lücke, die uns alle berührt“, schreibt der Schulleiter in einem Brief an alle Eltern. „Unsere Gedanken sind in dieser schweren Zeit bei seiner Familie, seinen Freunden und seiner Klassengemeinschaft.“ Die Schule kündigte eine Trauerfeier an.

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Bereits seit Oktober wurde M. invasiv beatmet. Sein Zustand hatte sich bereits zuvor zunehmend verschlechtert. Auch seine Mutter war positiv auf die Krankheit getestet worden.

Diphtherie ist eine bakterielle Infektionskrankheit der oberen Atemwege, die durch Tröpfcheninfektion übertragen wird und lebensbedrohlich sein kann. In Deutschland tritt die Krankheit wegen der hohen Durchimpfungsrate der Bevölkerung kaum mehr auf. 2022 stiegen die Fallzahlen vor allem durch Migration aus Staaten mit geringeren Durchimpfungsraten kurzfristig an. 2023 registrierte das Robert-Koch-Institut deutschlandweit 136 Fälle. 2024 waren es bislang 37, davon zwei in Berlin.

Unbehandelt stirbt jeder Zweite

Das nun betroffene Kind litt laut Ministeriumssprecher im Oktober unter der häufigsten Form der Erkrankung – der Rachendiphtherie. Eine gefürchtete Komplikation dieser Variante ist die Verengung der Atemwege bis zum Ersticken, weshalb die Krankheit noch Anfang des 20. Jahrhunderts als „Würgeengel der Kinder“ bezeichnet wurde. Der Sprecher des Potsdamer Klinikverbunds erklärte, die Erkrankung sei ohne rechtzeitige Behandlung „mit einer Sterblichkeit von bis zu 50 Prozent verbunden“. Selbst mit frühzeitiger Therapie liege die Letalität bei rund zehn Prozent.

Jakob Maske, Berliner Kinderarzt und Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, sagte dem Tagesspiegel im Oktober, er habe in seiner gesamten Berufslaufbahn noch keinen Fall von Diphtherie gesehen. „90 Prozent der Kinder in Deutschland sind glücklicherweise geimpft gegen diese schwerwiegende Erkrankung, die eine sehr hoher Komplikationsrate hat“, so Maske.

Impfungen senkte Zahl der Fälle rapide

1892 erlagen der Infektion in Deutschland mehr als 50.000 meist junge Menschen. 1913 wurde die Impfung eingeführt, wodurch die Zahl der Infektionen deutlich sank. 2024 gab es dem RKI zufolge in Deutschland 51 bestätigte Erkrankungen, 2025 bislang 2. 

Die Impfung bietet laut RKI einen zuverlässigen Schutz gegen die Symptome der Diphtherie, nicht aber vor der Infektion mit dem Erreger. Die Ständige Impfkommission (Stiko) rät allen zur Diphtherieimpfung. Normalerweise erhalten Säuglinge zur Grundimmunisierung drei Dosen im Alter von zwei, vier und elf Monaten. Eine erste Auffrischungsimpfung empfiehlt die Stiko bei fünf- bis sechsjährigen Kindern, eine zweite im Alter von 9 bis 17 Jahren. Erwachsene sollten den Impfschutz alle zehn Jahre auffrischen lassen.

Mediziner lobt hohe Durchimpfungsrate 

„Die Durchimpfungsrate ist sehr gut“, sagte Tobias Tenenbaum, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie bereits vor einiger Zeit der dpa. Deswegen sei die Gefahr, dass es nach einem Fall einen Ausbruch gebe, in Deutschland nicht so hoch. Allerdings könne so ein Ausbruch dann passieren, wenn es eine empfängliche Gruppe gebe, wie etwa eine Schulklasse mit vielen ungeimpften Kindern. Eine Impfpflicht gegen Diphtherie hält er nicht für zielführend. „Das wäre nur dann sinnvoll, wenn wir eine erhöhte Bedrohungslage hätten.“ Diese gebe es aber wegen der hohen Impfquoten nicht - die Krankheit tauche kaum auf. (Tsp)

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