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Mit einem neuen Album will der Berliner Pianist Igor Levit Organisationen unterstützen, die Antisemitismus bekämpfen. 

© dpa/Hannes P Albert

Erlös wird gespendet: Berliner Pianist Igor Levit veröffentlicht neues Album als Reaktion auf Antisemitismus

Mit einem neuen Album will der Künstler Igor Levit Organisationen unterstützen, die Antisemitismus bekämpfen. Darauf zu hören sind Felix Mendelssohns „Lieder ohne Worte“.

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Die Melancholie als Grundtonart, ein nachdenklicher, fragender Gestus, ein mitunter perlender, aber doch bestimmter Anschlag: Igor Levit hat am Freitag als Reaktion auf den weltweiten Anstieg von Antisemitismus ein Album veröffentlicht, mit Felix Mendelssohns Bartholdys „Liedern ohne Worte“ und einem kondukt-ähnlichen Prélude des französischen Romantikers Charles-Valentin Alkan, der zeitweise als Organist am jüdischen Tempel von Paris arbeitete. Zunächst erscheint das Album online bei den Streamingdiensten, ab Ende Januar ist es auch als CD erhältlich.

„Mein Herz ist immer noch gebrochen. Gut geht es mir nicht, aber ich komme ins Handeln und erlange dadurch ein Gefühl der Sinnhaftigkeit“, sagte der 36-jährige Starpianist der Deutschen Presse-Agentur. Nach den Anschlägen und Massakern der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober in Israel hatte Levit lange geschwiegen. Sonst meldet er sich oft in den Sozialen Medien zu Wort meldende Levit lange geschwiegen. Mitte November reiste der Musiker dann nach Israel und spielte für die Überlebenden des Hamas-Terrors und Angehörige der Geiseln. Für den 27. November organisierte er im Berliner Ensemble ein Solidaritätskonzert, bei dem auch Joanna Mallwitz, Wolf Biermann und Campino auftraten. Es sprachen unter anderem Michel Friedman, Margot Friedländer und Luisa Neubauer.

„Die Idee für das Album kam sehr spontan“, sagte Levit. Er habe sich gefragt: „Wie kann ich den Menschen helfen, die Wichtigeres tun als ich?“ Der Anschlag liegt jetzt zwei Monate zurück, „erst zwei Monate“, wie Levit betont. „Ich bin nicht mehr in Sprachlosigkeit gefangen. Aber der Schmerz ist genauso groß wie am ersten Tag.“ Wichtig für ihn seien die Beziehungen zu seinen Freunden: „Ich habe nur noch Vertrauen zu individuellen Menschen – die das Leid auf allen Seiten sehen.“

Das Vertrauen in politische Bewegungen und Ideologien habe er verloren, sagt er. „Ich stehe vor einem Scherbenhaufen.“ Musik allein könne nicht heilen. „Das können nur Menschen, die Empathie zeigen und danach handeln.“

Der Musiker, der als Kind mit seiner jüdischen Familie als sogenannter Kontingentflüchtling aus Nischni Nowgorod nach Deutschland kam und in Hannover aufwuchs, will den vollständigen Erlös des Albums an zwei Organisationen spenden, die Antisemitismus bekämpfen: an die Ofek, eine Anlaufstelle zur Beratung bei antisemitischer Gewalt und Diskriminierung, und an die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus. (chp/dpa)

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