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Der Zeugenaufruf für den Rockermord im Jahr 2009 in Hohenschönhausen.

© Pascal Bartosz

Erste Hinweise für Berliner Ermittler: Im Fall des Mordes an einem Rocker sind auch anonyme Aussagen möglich

Berlins Polizei sucht mit einem öffentlichen Aufruf nach Zeugen zu einem Mord an einem Rocker im Jahr 2009. Damals tobten Kämpfe zwischen Hells Angels und Bandidos.

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Nachdem die Berliner Polizei im September öffentlich um Hilfe in einem Cold Case gebeten hat, sind sechs Hinweise mit möglichem Bezug zu dem Mordfall eingegangen. Das teilte die Staatsanwaltschaft auf Tagesspiegel-Anfrage am Freitag mit, ohne der laufenden Ermittlungen wegen auf Einzelheiten einzugehen.

Es geht um eine aufsehenerregende Tat in der Nacht vom 13. zum 14. August 2009. In Hohenschönhausen war der unter den Hells Angels verkehrende Michael Bartelt erschossen worden. Bundesweit lieferten sich die Hells Angels damals eine blutige Fehde mit den Bandidos, ebenfalls einer internationalen Rocker-Bruderschaft.

Geheimhaltung der Identität möglich

Ob die aktuellen Hinweise den Ermittlern helfen, bleibt abzuwarten. „Möglicherweise kommen Hinweise von Anwohnern – obwohl schon damals umfangreich in Hohenschönhausen ermittelt worden ist“, sagte ein früherer Beamter. „Dass aber Zeugen aus der Rockerszene aussagen werden, ist äußerst unwahrscheinlich.“ Es gelte ein Schweigegelübde, Aussagen würden als Verrat gewertet.

Es seien auch anonyme Hinweise möglich, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft, wenngleich das nicht auf dem öffentlichen Zeugenaufruf des Landeskriminalamtes (LKA) stehe. Eine Zusicherung der Geheimhaltung obliege nicht der Polizei, weshalb sie nicht per se angegeben werden könne. Aber: „Sollte eine Person, die ihre Identität nicht preisgeben will, sachdienliche Hinweise geben können, die zur Aufklärung der Straftat beitragen, wird die Möglichkeit für die Zusicherung der Geheimhaltung der Identität intern und in Absprache mit der Staatsanwaltschaft geprüft.“

Zunächst verdächtigter Rocker stellte sich

Das Opfer, der 33-jährige Bartelt, war polizeibekannt und zählte zu einer Hells-Angels-Unterstützertruppe. Im sogenannten Rockerkrieg soll Bartelt aber persönliche Kontakte zu namhaften Bandidos gepflegt, womöglich einen Übertritt geplant haben.

Der Schütze feuerte in jener Nacht aus einem Auto heraus auf Bartelt, das Opfer wies zudem Stichverletzungen auf. Bartelt schleppte sich blutend 200 Meter durch das Wohngebiet in Wartenberg, dann starb er. Verdächtigt wurde bald ein den Hells Angels zugerechneter Gerüstbauer.

Der damals 30-Jährige hielt sich nach der Tat fast ein Jahr im Ausland auf, vermutlich in Spanien. Er stellte sich im Beisein eines Anwalts auf einer Berliner Polizeiwache, formal war er wegen eines Waffendelikts gesucht worden. Für einen Haftbefehl reichten die Indizien nicht. Die aktuellen Ermittlungen führen Beamte der LKA-Abteilung für „Organisierte Kriminalität“.

Die in Berlin aktiven Charter – so heißen die örtlichen Dependancen der Hells Angels – wurden in den darauffolgenden Jahren verboten. Ihre Insignien dürfen nicht gezeigt werden. Ermittler warfen Rocker-Bruderschaften zuvor Schutzgeld-, Drogen- und Waffengeschäfte vor. Ab den 1990er-Jahren versuchten sich Rocker oft als Türsteher lukrativer Diskotheken – auch weil sie so bestimmen konnten, welche Geschäfte dahinter stattfanden.

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