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Bildnummer: 51985957 Datum: 20.07.2007 Copyright: imago/PEMAX Goodbye Berlin - Stencil an einer Wand in Berlin, Objekte; 2007, Berlin, Streetart, Street Art, bemalte, bemalte, Schriftzug, Graffitis; , quer, Kbdig, Einzelbild, Deutschland, ,

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„Ist das deren Ernst?“: Deshalb lesen Ex-Berliner den Checkpoint-Newsletter

Jedes Jahr ziehen Zehntausende Menschen weg, doch viele bleiben dem Hauptstadt-Wahnsinn treu. Warum, verraten Exil-Berliner exklusiv im Tagesspiegel-Newsletter „Checkpoint“.

Stand:

Ob wegen der Liebe, der Arbeit oder aus Großstadt-Frust: Mehr als 155.000 Menschen haben laut Statistikamt im vergangenen Jahr Berlin den Rücken gekehrt. Nicht alle wollen ganz loslassen: Zum zehnten Jubiläum hat der Tagesspiegel-Checkpoint Leserinnen und Leser gesucht, die weggezogen sind oder nie in der Hauptstadt gelebt haben – und trotzdem Berlins beliebtesten Newsletter lesen.

Warum verfolgen Sie den täglichen Hauptstadt-Wahnsinn? Wie schauen Sie aus der Ferne auf die Stadt? Und können Sie sich vorstellen, (zurück) in die Großstadt zu ziehen? Frei nach Heinz Buschkowsky – Berlin ist überall: Uns erreichten zahlreiche Mails aus Frankfurt am Main, Bonn, München, Darmstadt, Aschaffenburg, Großbritannien und Frankreich. Hier eine (leicht gekürzte) Auswahl.

Gut informiert zur Enkelbespaßung

Seit fast 10 Jahren lese ich den Checkpoint, um informiert zu sein, wenn ich nach Berlin pendel, um das Enkelkind zu betreuen und die Eltern bei Kitastreik, Kinderkrankheiten und anderen Katastrophen zu unterstützen. Wusstet ihr, dass Berlin ohne die reisenden Omas schon längst untergegangen wäre? Allein aus Frankfurt sind es wahre Oma-Massen, die die Züge der Deutschen Bahn füllen auf ihrem Weg zu ihrer Herzensaufgabe, der ultimativen Enkelbespaßung.“ Sabine Kübler (72 Jahre, Frankfurt am Main, Kulturwissenschaftlerin)

Paris zwischen Kopfschütteln und Berlin-Sehnsucht

„Seit vielen Jahren lebe ich nun in Paris, aber Berlin ist und bleibt die Stadt, in der ich geboren wurde und gelebt habe. Somit bleibt auch der Wunsch, über die Stadt informiert zu bleiben. Wie schaut man aus der Ferne auf Berlin? Gute Frage. Manchmal mit Kopfschütteln, wenn ich zum Beispiel an die Behörden denke. Manchmal mit Lust, an Events teilnehmen zu wollen, es aber nicht zu können. Und dann kommt manchmal der Gedanke: Wie würde sich wohl ein Berliner über die vielen Baustellen in Paris aufregen?“ Paula Gotthardt-Parra (48 Jahre, Paris, Autorin)

Alle Videos aus Berlin & der Region können Sie hier ansehen

Tiefe Wurzeln in der Hauptstadt

Ich bin in Berlin geboren und aufgewachsen, musste mit 17 Jahren nach dem Mauerbau mit meinen Eltern nach Westdeutschland ziehen. Dort (Niedersachsen) Abitur und Studium, sowie erste Arbeitsstelle, 1970 der Liebe wegen nach Bonn und geblieben. In Berlin liegen meine Wurzeln, der Stadt bin ich bis heute verbunden (auch immer wieder da gewesen) und an aller dortiger Entwicklung interessiert.“ Monika Schmidt-Engbrecht (80 Jahre, Bonn, ehemalige Lehrerin)

Dauergast mit Kurzstrecken-Abo

„Ich habe noch nie in Berlin gelebt, aber Freunde von mir leben dort seit 1980. Als damals Lehrer im Westen gesucht wurden, sind drei meiner Freundinnen nach dem Referendariat nach Berlin gezogen und dort geblieben. Ich bin mehrfach im Jahr zu Besuch bei ihnen. Deshalb will ich per Checkpoint-Kurzstrecke informiert bleiben, was so los ist in Berlin.“ Anne Kamieth (70 Jahre, Darmstadt, ehemalige Programmiererin)

Leben und Leben lassen in München

1947 bin ich in Berlin-Lichtenrade geboren worden, der Tagesspiegel gehörte zu meiner Lektüre, sobald ich lesen konnte. Ich übernahm 1980 in München eine Zahnarzt-Praxis. Als Berliner in Bayern, das würde nie gut gehen. Von außen sehe ich Berlin ziemlich kritisch, aber auch München hat Probleme: Die ‚Pleiten, Pech und Pannen’ ähneln sich: Wohnungsnot, Verwaltungsirrsinn, ‚Filz’, Verschmutzung, Verkehrskollaps … Aber alles ist etwas ‚gedämpfter’, weniger krass, weniger schrill. Die Mentalität ist wohl doch etwas anders. Man sieht vieles ruhiger, gelassener, ist nicht sofort extrem aufgeregt. Besonders die Verschmutzung in Berlin an allen Ecken fällt mir jedes Mal sofort auf. Nach 14 Tagen ‚Berlin’ genieße das deutlich saubere, auch ruhigere München, um mich bald wieder auf Berlin zu freuen.“ Peter Strache (77 Jahre, München, Zahnarzt)

In Berlin hält man sich für unverwüstlich: ‚Uns kann keener!’

Helmut Pillau aus dem Rheinland

Kritischer Blick vom Stadtrand

Ich habe 2010 Berlin verlassen; am Stadtrand bleibe ich in unmittelbarer Nähe, schaue jedoch viel objektiver auf Berlin als früher. Dabei fällt mir insbesondere beim Besuch des Kurfürstendamms auf, wie verwahrlost dieser ist. Mir fallen auch sehr unangenehm die Obdachlosen auf, die wohl immer mehr werden. Warum wird denen nicht geholfen? Das zieht andere unangenehme Folgen nach sich, wie z. B. die starke Vermüllung und den Drogenkonsum. Ich ging davon aus, dass eine CDU-geführte Landesregierung hier entsprechende Weichen stellen wird, leider habe ich mich wohl erheblich verschätzt. Berlin und die Berliner leiden, seit Kai Wegner Regierender Bürgermeister ist, noch stärker unter Kriminalität als zuvor. Irgendetwas scheint in diesem Berliner Senat völlig schief zu laufen.“ Angelika Syring (67 Jahre, Blankenfeld-Mahlow, Rechtsfachwirtin)

Themen, die in Bayern keine Rolle spielen

Ich wohne mein ganzes Leben in Aschaffenburg, war also in Berlin immer nur als Tourist. Für mich ist Berlin als Hauptstadt interessant, da ich als politischer Mensch die Bundespolitik verfolge. Aber auch die Berliner Landespolitik zu verfolgen, erweitert den Horizont, es werden Themen diskutiert, die in Bayern keine Rolle spielen, beispielsweise innerstädtisch Tempo 30 (meines Erachtens zu pauschal), Vergesellschaftung von Wohnraum (löst die Probleme nicht).“ Andreas Heinz (54 Jahre, Aschaffenburg, Bankkaufmann)

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Die tägliche Dosis Berlin

Wir sind vor 30 Jahren in die USA gegangen, leben nun seit 20 Jahren in Boston. Wir vermissen Berlin, freuen uns jedes Mal, wenn wir zu Besuch sind – und dann, wenn wir wieder zurückfliegen. Warum lesen wir den Checkpoint? Weil wir noch Familie in Berlin haben und wissen wollen, wie die Umstände sind. Weil uns Berlin immer noch am Herzen liegt. Weil uns der (allerdings vom Aussterben bedrohte) Berliner Humor fehlt. Weil wir sehen wollen, ob jemand gestorben ist, den wir kennen. Aber auch: Weil der Checkpoint uns eine Perspektive vermittelt, durch die wir unser Leben hier besser mit einem Leben in Berlin vergleichen können. Manches ist besser, manches ist schlechter. Wie der Berliner an sich ist der Checkpoint leider immer nur am Nörgeln. Vielen Dank für unsere tägliche Dosis Berlin!“ Anonym, Name der Redaktion bekannt

Magnetismus der Stadt der Freiheit

„Gebeutelt durch Nachkriegszeit, Mauer, ‚1968‘, Arbeitslosigkeit etc. blieb mir Anfang der 80er Jahre nichts anderes übrig, als mich nach Westdeutschland zu retten. Nach einer gewissen Zeit der Besinnung begann ich aber meine Prägung durch die raue Heimatstadt zu registrieren. Der Magnetismus, der von ihr ausstrahlte, reaktivierte mein Interesse. Dass ich deswegen begann, regelmäßig den Checkpoint zu lesen, wurde auch durch meine enge Beziehung zum Tagesspiegel verursacht. In Deutschland gibt es keine Stadt, in der man so authentisch erfahren kann, was Liberalität bedeutet. Auch hält man sich hier für unverwüstlich: ‚Uns kann keener!’ So ist man gut gegen Krisen aller Art gewappnet – und die kommen bestimmt!“ Helmut Pillau (82 Jahre, Rheinland, Literaturwissenschaftler)

In der Ferne auf dem Laufenden bleiben

„Im hohen Alter habe ich vor drei Jahren meine Heimatstadt Berlin verlassen und bin nach Devon/England zu meiner Tochter und den Enkelkindern gezogen. Covid hatte auch seinen Anteil daran. Schon meine Eltern haben Tagesspiegel gelesen und ich habe diese Tradition ein Leben lang fortgesetzt. Und um in der Ferne auf dem Laufenden zu bleiben, lese ich eben den Checkpoint.“ E. Binder (81 Jahre, Devon/England)

Hinter die Kulissen der Großstadtpolitik schauen

„Ich finde es spannend, Einblicke hinter die Kulissen der Politik einer Großstadt zu bekommen. Bei vielen Dingen fragt man sich oft ‚Ist das deren Ernst?’ und kann nur mit dem Kopf schütteln. So zum Beispiel beim Bericht, dass der Jahn-Stadion-Abriss gestoppt werden musste – wegen ein paar Spatzen, die es in jeder Stadt millionenfach gibt. Die Hintergründe der Geschichte zeigen beispielhaft das ständige Gegeneinander, das wir minütlich in Berlin und im ganzen Land erleben, das alles lähmt, statt miteinander etwas voranzubringen. Solche tiefen Einblicke gibt es selten, solche Informationen würde ich mir auch aus anderen Städten oder vor allem meiner Stadt wünschen.“ Tobias M. (31 Jahre, Karlsruhe)

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