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„Eskalierende Arbeitsbelastung“: Berliner Gewerkschaft rechtfertigt Schulstreik am Prüfungstag
Am Ausstand für kleinere Klassen beteiligten sich am Dienstag 2000 Streikende, darunter etwa 1350 Lehrkräfte. GEW-Chef Gökhan Akgün beklagt Gesprächsabsagen des Senats.
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Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den erneuten Lehrkräftestreik für kleinere Klassen mit der „anhaltenden Ignoranz der Bildungsverwaltung gegenüber der eskalierenden Arbeitsbelastung im Bildungsbereich“ begründet. Der Streik begann am Dienstagmorgen mit 2000 Streikenden, darunter 1350 Lehrkräfte, und soll am Mittwoch und Donnerstag fortgesetzt werden.
Zeitgleich schreiben, wie berichtet, rund 40.000 Berliner Schülerinnen und Schüler ihre Prüfungen für die Berufsbildungsreife, für den Mittleren Schulabschluss sowie das Französisch-Abitur.
Verantwortungslos ist nicht unser Streik, sondern die Verweigerungshaltung der Bildungsverwaltung.
Gökhan Akgün, GEW-Vorsitzender, zum Vorwurf der Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch.
Den Vorwurf von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU), der Streik am Tag der Prüfungen sei „verantwortungslos“, wies der GEW-Vorsitzende Gökhan Akgün zurück: „Verantwortungslos ist nicht unser Streik, sondern die Verweigerungshaltung der Bildungsverwaltung“, betonte er.
„Seit Jahren arbeiten unsere Kolleg*innen am Limit – doch der Senat ignoriert Vorschläge, sagt Gespräche ab und bleibt stumm“, beschwerte sich Akgün vor dem Hintergrund der Arbeitsbelastungsstudie, die die GEW in Zusammenarbeit mit der Universität Göttingen kürzlich vorgestellt hatte.
Weitere „Eskalationsschritte“ werden angekündigt
„Wir liefern seit Monaten harte Daten. Doch der Senat reagiert nicht“, beklagte der Vorsitzende. Stattdessen erlebe die Gewerkschaft, „dass Beschäftigte durch die bestehenden Bedingungen immer weiter zermürbt werden“, sagte die Co-Vorsitzende Martina Regulin. Die Lage werde durch bereits umgesetzte und weitere geplante Kürzungen im Bildungsbereich verschärft.
Regulin und Akgün kündigten an, dass die GEW im Anschluss an den Streik über Eskalationsschritte beraten werde, da sich der Senat ohne Druck nicht bewege. Streiken dürfen nur Angestellte. In Berlin arbeitet rund die Hälfte der 36.300 Lehrkräfte im Beamtenverhältnis.
Ein Sprecher der Bildungsbehörde bestritt am Dienstag, dass es keinen Austausch gebe: „Erst im April hatten wir Vertreterinnen und Vertreter der GEW zu einem Termin in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie – auch die Senatorin nahm daran teil“, betonte er. Was er nicht sagte: Bei diesem Treffen ging es laut GEW nicht um die Entlastung, sondern um die Reform des Referendariats.
Zum Vorwurf, dass die Senatorin einer Einladung zum Gewerkschaftstag am kommenden Dienstag nicht folge, teilte der Sprecher mit, dass „zu diesem Zeitpunkt bereits ein anderer Termin im Kalender vermerkt und zugesagt ist“. Dies sei der GEW mitgeteilt worden.
Auch Hortkräfte sind zum Streik aufgerufen
Zum Gesamtzusammenhang des Streiks gehört, dass die Bezahlung der deutschen Lehrkräfte zu den höchsten weltweit gehört. Im Gegenzug müssen sie mehr Unterrichtsstunden geben, weshalb viele Lehrkräfte auf Teilzeit gehen. Angesichts der hohen Gehälter gilt die Verkleinerung der Klassen als besonders teure Option.
Aufgerufen zum Streik sind nicht nur die angestellten Lehrkräfte. Vielmehr sollen sich Horterzieher, Sozialpädagogen und Schulpsychologen im Rahmen eines „Unterstützungsstreiks“ beteiligen. Der erste Streiktag am Dienstag begann mit Streikcafés in den Regionen. Für den zweiten Streiktag an diesem Mittwoch ist eine Versammlung in der Urania geplant. Am Donnerstag soll es mittags eine Kundgebung am Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus geben.
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