Berlin: Fachhändler im Rausch
Immer wieder fordert jemand die Liberalisierung des Cannabis-Handels. „Headshop“-Betreiber freuen sich drauf
Die Ärzte, Lehrer und Anwälte, die in „Al’s Headshop“ einkaufen, würden die „Gebt das Hanf frei“-Initiativen des Grünen-Politikers Hans-Christian Ströbele und anderer sicher begrüßen. Ist ja auch nicht einzusehen, dass man Wasserpfeifen, Tütchen und Waagen bequem im Laden kaufen kann, sich für den Haschisch-Erwerb aber irgendwo am U-Bahnhof herumdrücken muss. Headshop-Betreiber Brahim Abid hat da gleich mal einen Vorschlag zu machen: „Wenn das Gras bei uns verkauft wird, können sie schön Steuern draufpacken und abkassieren.“ Mit der gesamten deutschen Wirtschaft würde es endlich wieder aufwärts gehen.
Verschiedene Abgeordnete von SPD, PDS, FDP und den Grünen haben sich schon für eine großzügigere Duldung von Cannabis-Besitz und -Erwerb ausgesprochen. Bis zu 15 Gramm Haschisch soll ein Konsument künftig mit sich herumtragen dürfen – das reicht nach Aussage von Abid für etwa 70 Joints. Damit Haschisch-Raucher von ihren Dealern nicht zu härteren Drogen animiert würden, wird der Handel von der Straße in „Koffie“- oder „Headshops“ verlagert, nach dem Vorbild von Holland.
Haschisch hält gesund, meint Abid. Da müsse man nur ihn anschauen: das blühende Leben trotz 15 Jahren Dauerkonsums. Hätte er ersatzweise Alkohol genommen, stünde er jetzt nicht hier. Abid wünscht sich, dass die doppelzüngige Drogenpolitik endlich ein Ende hat. Noch letzte Woche haben sie ihn wieder mal über Nacht eingebuchtet beim Landeskriminalamt. Jemand hatte behauptet, Abid würde in seinem Laden auch Cannabis verkaufen. Der Polizei-Spürhund fand nichts, aber die Beamten nahmen ihn zum Verhör mit.
Dabei kämen Polizisten auch als Kunden zu ihm, sagt Abid. „Die gehen sogar in Uniform in den Laden, was ich wirklich geschäftsschädigend finde.“ Heute ist eher die kiffende Schlabberhosen-Jugend anzutreffen. Ein Pärchen aus dem Umland hat sich eine neue Wasserpfeife ausgesucht. Er ist Anlagenfahrer und raucht seit acht Jahren Haschisch, sie ist Köchin und hat erst vor drei Jahren damit angefangen. „Wir verzichten eben auf Alkohol“, sagt sie. Eine Liberalisierung in Berlin würde ihnen als Brandenburger wenig helfen. Ein 19-jähriger Rastafari fände es gut, wenn der „Stress mit den Bullen“ aufhörte. Kaufen würde er Hasch aber nicht im Laden. Er ist Azubi im Garten- und Landschaftsbau. Bei Abid gibt es Spezialerde für den selbständigen Hanfbauer.
Godelef Osske vom „Asia- und Head- Shop“ in der Stargarder Straße glaubt nicht, dass aus den Initiativen, die es immer mal wieder gibt, Wirklichkeit wird. „Wäre zu schön, um wahr zu sein.“ Osske, schon etwas ergraut, kommt nicht aus der Kifferszene. Vor zehn Jahren fing er mit asiatischen Lebensmitteln an, doch dann fragten die Leute immer öfter nach Utensilien zum Hanf-Konsum. Gerne würde er den Hanf dazu verkaufen, quasi als Fachhändler oder Drogist. „Es gibt ja auch Sorten, die sehr anregend wirken.“ Da gebe es viel Beratungsbedarf beim Kunden, „ein reizvolles Aufgabengebiet“. Gerade schaut sich eine Familie nach einer neuen Wasserpfeife um. Gute Qualität soll es sein, aber auch das Design muss stimmen. Zu Hause würde nur mal zum Spaß Haschisch geraucht, sagt sie. Wie andere Leute eben eine Flasche Sekt köpfen.