
© Annette Koroll
„Fatale Signalwirkung“ durch Beschluss mit AfD: Brandenburgs SPD-Generalsekretär wirft Merz historischen Tabubruch vor
Die AfD hat einem von Friedrich Merz und der CDU eingebrachten Antrag zur Migrationspolitik zur Mehrheit verholfen. SPD-Generalsekretär Fischer sieht darin einen „Wortbruch mit Ansage“.
Stand:
Der Generalsekretär der Brandenburger SPD, Kurt Fischer, hat dem CDU-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Friedrich Merz einen „historischen Tabubruch“ vorgeworfen. Hintergrund ist der mithilfe von AfD-Stimmen zusammengekommene Beschluss zur Migrationspolitik im Bundestag.
„Vor wenigen Wochen hat CDU-Spitzenkandidat Friedrich Merz uns allen noch das klare Wort gegeben, dass er auf gar keinen Fall Mehrheiten mit der AfD im Deutschen Bundestag zulassen will. Dieses Wort hat er gestern mit Ansage gebrochen“, sagte Fischer dem Tagesspiegel am Donnerstag.
Merz habe damit seine staatspolitische Verantwortung in hohem Maße verletzt. „Ich bin mir sehr sicher, dass auch sehr viele CDU-Mitglieder in Brandenburg und Deutschland diese Entscheidung für sehr falsch halten“, sagte der SPD-Politiker weiter. „Die fatale Signalwirkung von diesem historischen Tabubruch scheint Herr Merz leider völlig zu unterschätzen. Gerade bei der Frage von Migration und Integration braucht es gemeinsame und ernsthafte Anstrengungen aller demokratischen Parteien“, sagte Fischer.
Der Beschluss eines rein symbolischen Antrags im Bundestag durch Stimmen von AfD, CDU und FDP leiste diesem Ansinnen einen wahren Bärendienst, so Fischer. Merz habe in großem Maße Vertrauen zerstört und nichts verändert.
SPD-Landtagsfraktion fordert Abgrenzung von „teils rechtsextremer“ AfD
Auch Björn Lüttmann, Fraktionsvorsitzender der Brandenburger SPD, griff Merz am Donnerstag scharf an. „Ich hoffe, dass das gestrige Verhalten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein missratenes Wahlkampfmanöver von Friedrich Merz war, dessen fatale Signalwirkung unterschätzt wurde“, schrieb der Fraktionsvorsitzende Björn Lüttmann beim Portal X. „Ich erwarte, dass die CDU zu ihrem Wort steht.“
Die SPD-Landtagsfraktion forderte die CDU im Landtag zu einer klaren Abgrenzung auf. „Wir als SPD-Fraktion Brandenburg wollen weiterhin konstruktiv mit CDU zusammenarbeiten, wie in den ersten Sitzungen des neuen Landtags“, teilte sie mit. „Voraussetzung bleibt eine klare Abgrenzung von teils rechtsextremen AfD Brandenburg.“
CDU-Landes- und Fraktionschef Jan Redmann stellte sich hinter Merz. „SPD und Grüne müssen Merz dankbar sein“, schrieb er am Mittwoch bei X. „Die Menschen erwarten entschiedenes Handeln. Dass der CDU-Chef nicht radikalen Kräften das Feld überlässt, ist richtig.“ Redmann hatte sich zugleich Anfang dieser Woche klar von der AfD abgegrenzt und eine Koalition von CDU und AfD abgelehnt. Er fordert aber eine stärkere Auseinandersetzung mit den Gründen für den Erfolg der AfD.
Der BSW-Fraktionsvorsitzende Niels-Olaf Lüders fordert mehr Offenheit gegenüber der AfD. „Es zeichnet uns aus, dass wir uns auf der Sachebene mit der AfD auseinandersetzen wollen und der Meinung sind, dass die bisherige Ausgrenzung der AfD gescheitert ist“, sagte Lüders der Deutschen Presse-Agentur. „Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir vernünftigen Anträgen zustimmen.“ Er betonte aber, das gelte für die Bundesebene. Für den Landtag haben SPD und BSW vereinbart, Anträge und Initiativen anderer Fraktionen grundsätzlich abzulehnen - mit Ausnahmen nur nach Einvernehmen.
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte am Dienstag einen gemeinsamen Schulterschluss der Parteien jenseits der AfD für eine neue Migrationspolitik gefordert. „Statt gegenseitiger Schuldzuweisungen und Reflexe braucht es endlich eine parteiübergreifende Zusammenarbeit der demokratischen Parteien, um zu echten Korrekturen in der Migrationspolitik zu gelangen, das erwarten die Menschen von uns.“
Die AfD hatte am Mittwoch im Bundestag erstmals einem Antrag der Union zu einer Mehrheit verholfen. Darin ging es um Forderungen nach einer Verschärfung der Migrationspolitik nach den Gewalttaten von Aschaffenburg und Magdeburg. Merz hatte im Vorfeld eine mögliche AfD-Unterstützung ausdrücklich in Kauf genommen. (Tsp, dpa)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: