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Weil die Ringbahnbrücke gesperrt ist, werden Autos in nördlicher Richtung über die Gegenfahrbahn geleitet.

© Sebastian Gollnow/dpa

Fertigstellung binnen zwei Jahren war Fehlinformation: Autobahngesellschaft nennt keinen Zeitplan für Neubau der gesperrten A100-Brücke

Nach der Brückensperrung im Berliner Westen liegt ein Verkehrskonzept vor. Noch vor Ostern soll der Abriss ausgeschrieben werden. Arbeiten rund um die Uhr sollen den Neubau beschleunigen.

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Die Autobahn GmbH will „Tempo machen, sowohl beim Abriss als auch beim Neubau“ der gesperrten A100-Brücke im Berliner Westen. Das sagte am Mittwoch Dirk Brandenburger, Technik-Chef der Autobahn GmbH auf einer Pressekonferenz mit Vertretern des Senats und der Autobahngesellschaft.

Doch Daten für einen Baubeginn oder eine Fertigstellung nannte er auch auf mehrfache Nachfragen nicht. Dies sei derzeit „nicht belastbar möglich“. Dass direkt nach der Notsperrung der A100-Brücke über die Ringbahngleise eine Fertigstellung innerhalb von zwei Jahren genannt wurde, sei ein „vorschneller“ Fehler gewesen, hieß es. Für den Abriss kalkuliere man drei Monate.

Der Abriss solle noch vor Ostern ausgeschrieben werden. Wie oft und wie lange die Gleise der S-Bahn unterhalb der Brücke beim Abriss gesperrt werden müssen, könne man noch nicht sagen. Klar ist, dass auf Fahrgäste erhebliche Einschränkungen zukommen in den kommenden Jahren.

Neubau der Brücke soll beschleunigt werden

Bislang ist der Zugverkehr nicht von der Sperrung der Brücke betroffen. Denn bis Dienstag sei der Riss in der Brücke nicht größer geworden, sagte Ronald Normann, Direktor der regionalen Autobahn GmbH: „Das kann sich aber jederzeit ändern.“ Wie berichtet, hat die Deutsche Bahn Ersatzkonzepte vorbereitet für den Fall einer kurzfristigen Sperrung.

Die Ringbahnbrücke war vor einer Woche völlig überraschend und kurzfristig gesperrt worden. Der seit Jahren bekannte Riss im Tragwerk der Brücke hatte sich plötzlich vergrößert.

Der Neubau solle soweit möglich beschleunigt werden, zum Beispiel durch Arbeit rund um die Uhr und auch am Wochenende. Dies werde allerdings die Anwohner erheblich belasten, hieß es. Deutschlandweit würden Experten zusammengezogen für diese Aufgabe. Und man setze auf die Kreativität deutscher Baufirmen, hieß es mehrfach.

„Die Sperrung hat uns mit Wucht getroffen“, gab Technik-Chef Brandenburger zu. Die Brücke stehe ausgerechnet an der Stelle im deutschen Autobahnnetz, wo es „die größten Auswirkungen“ habe. Das Autobahndreieck Funkturm sei mit 230.000 Kraftfahrzeugen täglich deutschlandweit am stärksten befahren. Es gebe keine Umfahrung über Autobahnen.

Die Belastungen der Anwohner durch den Ausweichverkehr könne man nur „lindern, aber nicht heilen“. Staus werde es auch in Zukunft geben. Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) versicherte den Anwohnern ihre „Betroffenheit“.

Technik-Chef: Totalsperrung der Stadtautobahn wäre „Super-Gau“

Im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses sagte Brandenburger am Nachmittag, dass auch die Bauwerke der A100 Richtung Süden geschädigt seien. Deshalb sei angeordnet worden, dass keine Lkw mit mehr als dreieinhalb Tonnen auf der Notfahrbahn Richtung Norden fahren dürfen. Noch hielten die Bauwerke Richtung Süden dem Schwerlastverkehr stand. „Ich kann nicht garantieren, dass das in einem halben oder einem Jahr auch noch so ist.“ Eine totale Sperrung der Stadtautobahn in beide Richtungen bezeichnete Brandenburger als „Super-Gau“.

Der Riss wurde 2015 entdeckt, seit 2016 liefen die Vorbereitungen für den Neubau, sagte Verkehrssenatorin Bonde bei der Pressekonferenz. Das Planfeststellungsverfahren für das gesamte Dreieck Funkturm wurde 2022 eingeleitet, allerdings für eine „Behelfsbrücke“. Bonde gab zu: „Und wir sind immer noch in diesem Planfeststellungsverfahren.“ Sprich: Zehn Jahre später gibt es immer noch keine Baugenehmigung. Nun soll der Neubau aus diesem Verfahren „herausgelöst“ werden, um schneller starten zu können. Dies sei rechtlich jedoch nicht einfach, hieß es.

Brandenburger sagte, es sei „bei allem Unglück gut, dass es eine fast fertige Planung“ gebe. Beide, Brandenburger und Bonde, sagten, dass künftig solche Verfahren beschleunigt werden müssen.

Auf Nachfrage bestätigten die Verantwortlichen, dass es bei diesem Projekt alle bekannten Risiken für Verzögerungen gibt: von der Klage einer in der Ausschreibung unterlegenen Firma bis zu klagenden Umweltschützern. Vielfach wurden in Berlin Bauprojekte durch Spatzen oder angeblich gesichtete Kreuzkröten gestoppt oder verhindert.

Lkw sollen über die A10 oder den Messedamm fahren

Das heißt: West-Berlin und vor allem Charlottenburg-Wilmersdorf wird Jahre unter dem Lkw-Verkehr leiden. Lastwagen sollen weiterhin die direkte Strecke über Messedamm/Königin-Elisabeth-Straße und Spandauer Damm nehmen.

Ein Vertreter des Bezirksamts war nicht eingeladen zur Pressekonferenz der Autobahn GmbH. Stadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) hatte am Tag nach der Sperrung die Autobahngesellschaft heftig kritisiert.

Soweit es geht, sollen Lkw über den Berliner Ring A10 fahren und dann von Norden über die A111, die A114 oder die B96 in die Stadt fahren. Die meisten Lastwagen wollen in die Stadt hinein oder hinaus, sagte Christian Haegele, Abteilungsleiter in der Verkehrsverwaltung. Durchgangsverkehr mache nur einen geringen Teil aus.

Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass auch Lastwagen auf dem Weg nach Hamburg durch die Stadt fahren, weil sie vom Navigationsgerät geleitet werden oder weil sie Sprit sparen wollen. Zwingen kann man die Fahrer nicht. An den Autobahndreiecken im Süden sollen, sobald es geht, Monitore angebracht werden, die die voraussichtliche Durchfahrtszeit über die A100 anzeigen, kündigte Ronald Normann von der Autobahn GmbH an. Lkw-Fahrer werden vor allem mit dem Faktor Zeit erreicht, sagte auch Haegele.

Zwei „Vorbehaltsrouten“

Die Verkehrsverwaltung hat in der vergangenen Woche zwei sogenannte „Vorbehaltsrouten“ festgelegt, also die beiden wichtigsten Alternativen durch die westliche Innenstadt. „Route I“ führt von der A100-Abfahrt Konstanzer Straße über Brandenburgische Straße, Lewishamstraße, Kaiser-Friedrich-Straße und Tegeler Weg zur A100/A111.

Eine etwas weitere Umfahrung führt als „Route II“ vom Sachsendamm über Martin-Luther-Straße, Urania, Kurfürstenstraße, Hardenbergstraße, Otto-Suhr-Allee ebenfalls zum Tegeler Weg und auf die A100/A111.

Ausgeschildert werden diese beide Strecken nicht. Auf ihnen soll künftig nicht mehr gebaut werden, bestehende Baustellen sollen so schnell es geht beendet werden. Parkverbote soll es auf diesen beiden Routen nicht geben, sie seien leistungsfähig genug. Busspuren und Radwege bleiben auf beiden Strecken erhalten, diese seien auch wichtig für Rettungsdienste.

Nur auf der Lkw-Umfahrung über Messedamm nach Norden seien Parkverbote vorstellbar, dort werden auch die Ampeln nach und nach umprogrammiert. Die große Kreuzung Messedamm/Masurenallee/Neue Kantstraße soll besonders überprüft werden, ob es Verbesserungsmöglichkeiten gibt, hieß es.

Stadtrat Schruoffeneger lobte das Konzept der Verkehrsverwaltung mit den „Vorbehaltsrouten“ am Nachmittag im Abgeordnetenhaus als sinnvoll.

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