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Forschen in den USA und Australien statt Amt: Zum Abschied gibt’s unbezahlten Sonderurlaub für Berlins Tierschutzbeauftragte
Berlins Tierschutzbeauftragte ging vor Gericht gegen ihre Freistellung vor, die CDU-geführte Justizverwaltung wollte sie loswerden. Setzt Kathrin Herrmann die Einigung nun auf Spiel?
Stand:
Nach einer Einigung mit der bisherigen Landestierschutzbeauftragten Kathrin Herrmann bleibt offen, ob der Posten hauptamtlich bleibt oder wie früher ehrenamtlich wird. Das werde jetzt geprüft, hieß es am Dienstag aus der Senatsjustizverwaltung.
Sicher ist: Senatorin Felor Badenberg (CDU) stutzt das Erbe der Berliner Grünen im Tierschutz auf das übliche Maß zurecht. Herrmanns Zeit als Tierschutzbeauftragte ist vorbei. Der Rechtsstreit mit der Justizverwaltung wurde im Güterichterverfahren am Arbeitsgericht beigelegt. Herrmann bekommt für ein Forschungsprojekt in den USA und in Australien unbezahlt Sonderurlaub. Anfang 2027 soll sie in den Landesdienst zurückkönnen. In welcher Position, ist offen.
Laut Justizverwaltung übernehmen die Stabsstelle der Beauftragten und die zuständige Fachabteilung ihre Aufgaben. Sie war 2020 von Ex-Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) ins Amt gehoben worden. Die Grünen hatten kurz zuvor das im Bundesvergleich weitestreichende Verbandsklagerecht durchgesetzt, das die CDU ebenfalls kassieren will und von Herrmann bis zuletzt vehement verteidigt wurde.

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Herrmann geriet mit Badenberg schon kurz nach deren Amtsantritt 2023 in Konflikt. Im Kern ging es um unterschiedliche Auffassungen über die Rolle der Tierschutzbeauftragten und ihre Befugnisse. Herrmann verstand sich als unabhängige Beauftragte, die keiner Weisung unterstehe und für sich selbst in der Öffentlichkeit sprechen dürfe. Sie bestand auf „politische Unabhängigkeit und fachaufsichtliche Weisungsfreiheit“, um „Belange unterrepräsentierter Gruppen unzensiert zur Geltung zu bringen“.
Badenbergs Justizverwaltung bestritt das: Herrmann sei als Mitarbeiterin im öffentlichen Dienst in die Verwaltung eingebunden und „weder politisch unabhängig noch fachaufsichtlich weisungsfrei“. Sie habe aber in diesem Rahmen „Gestaltungsfreiheit bei der Ausübung ihrer Aufgaben“, hieß es.
Das Problem war, dass der von Ex-Senator Behrendt geschaffene Posten nicht gesetzlich geregelt ist. Die damalige rot-rot-grüne Landesregierung führte ihn 2017 einfach über den Berliner Haushalt ein. Behrendt und die später zuständige Senatorin Bettina Jarasch (Grüne) ließen Herrmann freie Hand. Auf diese Praxis berief sich Herrmann dann auch unter Badenberg.

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Die CDU-geführte Senatsverwaltung dagegen verwies auf eine Anweisung auf Staatssekretärsebene von 2017, wonach die Landestierschutzbeauftragte Pressemitteilungen und Statements mit der Hausleitung abstimmen müsse. Herrmann wollte sich nicht daran halten – so wie sie es unter der vorherigen grünen Hausspitze gewohnt war.
Anfang 2025 wurde Herrmann nach vier Abmahnungen freigestellt, dabei ging es um verschiedene Vorwürfe. Wegen Presseberichten über die Gründe für die Abmahnungen überzog Herrmann Medienhäuser mit Beschwerden – erfolglos (dazu weiter unten mehr).
Der Hauptpersonalrat verweigerte die Zustimmung zu der von der Justizverwaltung angestrebten Kündigung. Herrmann klagte gegen Abmahnungen und auf Weiterbeschäftigung.
Bricht Herrmann Absprachen der Einigung?
Nun bekommt sie einen gesichtswahrenden Rückzug samt lobender Worte: „Ihre hohe fachliche Kompetenz hat den Tierschutz in Berlin bedeutend vorangebracht“, teilte die Justizverwaltung mit. Allerdings waren die Mitteilung und die Wortwahl selbst auch Teil der jetzt getroffenen Einigung.
Trotz der Absprachen zu Sprachgebrauch und Wortwahl äußerte sich Herrmann am Dienstag dann doch noch selbst. Der dpa sagte sie, dass die Senatsverwaltung ihre Vorwürfe nicht mehr aufrechterhalte, die Freistellung aufgehoben und alle Abmahnungen zurückgezogen habe. Auch die versuchte Kündigung sei nun endgültig vom Tisch. Warum sie der Einigung, mit der sie faktisch entmachtet und das Amt loswurde, dennoch zugestimmt hat, sagte Herrmann nicht.
Herrmann, die sich als „politische Stimme der nichtmenschlichen Tiere“ sah, ging auch gegen die Presse vor. Etwa erfolglos gegen den RBB wegen eines Berichts über Bezirkskritik an Herrmanns Stadttaubenprojekt. Herrmann passte auch ein Tagesspiegel-Bericht zu einer Anhörung im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses nicht.
Es ging um Tierversuche und Kritik von Forschern und Pharmalobby am Verbandsklagerecht. Der Presserat fand: Das sei „Ausfluss der Pressefreiheit“. Eine weitere Beschwerde: Der Tagesspiegel schrieb, sie agiere aktivistisch, habe teure Feste veranstaltet und Steuergeld an ein rechtswidriges Projekt gegeben. Ergebnis: Das war durch Tatsachen gedeckt.
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