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Berlin: Ganz große Nummern

Die Seilschaft hinter dem DDR-Funkhaus-Deal träumt jetzt von Einkaufswelten und dem Spreepark

Auf den ersten Blick war es nur eine kleine Baufirma aus Sachsen-Anhalt, die das ehemalige DDR-Funkhausgelände an der Nalepastraße in Köpenick zum Spottpreis gekauft, dann dreigeteilt und einen der Teile mit Millionengewinn wieder abgestoßen hat. Doch rund um jene kleine Baufirma existiert ein Geflecht aus Unternehmen, die wahrhaft unglaubliche Pläne für das Gelände an der Spree haben – inklusive Brückenschlag ans andere Ufer nach Treptow, wo der seit Jahren geschlossene Spreepark verkommt.

Seit 6. Juni 2006 werden an der Frankfurter Börse die Aktien der „Meteor AG“ gehandelt, mit denen Geld für „ein Einkaufs- und Entertainmentcenter sowie eine Autowelt“ auf einem der noch nicht weiterverkauften Grundstücksteile gesammelt werden soll. Das ist einer über Wirtschaftsnachrichtendienste verbreiteten Mitteilung der Firma „Go East Invest SE“ zu entnehmen, die die Mehrheit der Meteor-Aktien hält und zeitweise als Hausverwaltung im Funkhaus agierte. Als weitere Vorhaben präsentierte sie auf ihren Internetseiten das größte Riesenrad der Welt in Moskau, den höchsten Leuchtturm der Welt in Dubai sowie ein mit Muskelkraft betriebenes U-Boot. Der aktuelle Stand der Dinge lässt sich allerdings nicht mehr verfolgen, weil die Homepage inzwischen stillgelegt wurde.

Meteor AG und Go East Invest teilen sich einen Telefonanschluss. Vorstand beider Unternehmungen ist Andreas Walther. „Da finden im Moment noch interne Denkprozesse statt, die ich noch nicht preisgeben möchte“, sagte er gestern auf Nachfrage. Mit seinem Namen versehene Mitteilungen im Internet sind ergiebiger: „Mit Hochdruck wird planungsrechtlich geprüft, ob von dem Gelände (Nalepastraße – die Red.) mittels Brücke über die Spree der gegenüberliegende Spreepark erschlossen werden kann, damit Berlin endlich wieder einen eigenen Freizeitpark bekommt.“ Als Investitionsvolumen ist von 80 Millionen Euro „in der ersten Phase“ die Rede. Das ist zwar deutlich weniger als jene 500 Millionen, von denen ein Geschäftsfreund Walthers vor Jahresfrist gesprochen hatte. Aber es klingt sehr ambitioniert angesichts der Entwicklung der Aktie, die auch gestern nicht über ihren einstigen Ausgabekurs von fünf Euro zu klettern vermochte und im vergangenen halben Jahr einen Umsatz von durchschnittlich 75 Euro pro Tag erlebte. Die im Dezember angekündigte „solide und überdurchschnittliche Rendite in den kommenden Wochen“ lässt auf sich warten.

Der planerische „Hochdruck“ äußerte sich nach Auskunft der Stadtentwicklungsverwaltung bislang darin, dass sich Walther & Co. im ersten Halbjahr 2006 mit ihrem gewaltigen Projekt vorgestellt und seitdem nicht wieder gemeldet hätten. Erste Adresse ist ohnehin der Bezirk, wo „die Herrschaften am 10. April 2006 zum letzten Mal gesehen“ wurden, wie es im Stadtplanungsamt Treptow-Köpenick hieß. Die damals präsentierten Eckdaten – vier Millionen Besucher im Jahr – seien „derart unrealistisch etwa bei der Bewältigung des Verkehrs“, dass das Projekt für chancenlos befunden worden sei.

Selbst wenn das Vorhaben zwei Nummern kleiner werden sollte, ginge es nicht ohne einen Bebauungsplan des Bezirks und ohne eine Vereinbarung über die mehr als zehn Millionen Schulden des insolventen Spreeparks, die bislang noch jeden Interessenten abgeschreckt haben.

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