zum Hauptinhalt
Ein Polizeibeamter löst die Hand eines Klimaaktivisten von der Straße,

© picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Gebühren gegen Klimakleber rechtswidrig: Berlins Innensenatorin scheitert mit Knallhartkurs gegen „Letzte Generation“

Wegen massenhafter Klebeproteste überzog die Berliner Polizei Klimaaktivisten mit Gebühren. Die waren rechtswidrig, entschied ein Gericht. Aber nicht alle bekommen nun Geld zurück.

Stand:

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und die Berliner Polizei sind rechtswidrig mit Gebührenbescheiden gegen sogenannte Klimakleber vorgegangen. Das hat das Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (OVG) jetzt entschieden und damit einen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom September 2023 unanfechtbar bestätigt.

Demnach war der Versuch, die Aktivsten der „Letzten Generation“ mit Gebührenbescheiden in Höhe von je 241 Euro zu überziehen und damit über strafrechtliche Verfahren hinaus noch härter zu sanktionieren, in dieser Form nicht zulässig. In einem exemplarischen Fall entschied das OVG wie zuvor die erste Instanz, dass es für die Gebühren keine Rechtsgrundlage gibt. Das Gericht wies die Beschwerde der Polizei Berlin zurück.

Spranger hatte im Sommer 2022 wegen der Klimablockaden Druck gemacht und angekündigt, Teilnehmer stärker zur Kasse zu bitten. „Ich halte generell ein härteres Durchgreifen für richtig“, hatte sie gesagt. Seither erhebt die Polizei Gebühren, um gegen die Täter vorzugehen. Mit Polizeirecht vertraute Experten, Grüne und Linke hatten jedoch schon früh erhebliche Probleme gesehen.

Ablösen der Hände keine sogenannte Ersatzvornahme

Die Polizei berief sich auf einen Passus ihrer Gebührenordnung zur Abwehr von Gefahren, wenn etwa ein Tier eingefangen werden muss oder ein Bauzaun auf die Straße kippt – eine sogenannte Ersatzvornahme. Doch für das Lösen angeklebter Hände sei dieser Passus gar nicht ausgelegt, entschied das Gericht.

In dem Fall hatte ein Klimaaktivist im Juni 2022 mit anderen die Kreuzung am Frankfurter Tor in Friedrichshain blockiert und sich festgeklebt, um gegen die Klimapolitik der Bundesregierung zu protestieren. Nachdem die Polizei ihn aufgefordert hatte, die Fahrbahn zu verlassen, was dieser jedoch nicht befolgte, lösten ihn die Einsatzkräfte von der Straße und trugen ihn weg.

Die Hälfe der 1300 Betroffenen legte Widerspruch ein

Die Polizei erhob daraufhin im April 2023 eine Gebühr in Höhe von 241 Euro. Zur Begründung hieß es, dass die Blockade den Straßenverkehr erheblich behindert habe und somit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellte. Der Aktivist legte Widerspruch ein, die Polizei lehnte diesen ab, dann stellte der Mann einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht.

Allerdings bekommen nun nicht alle Klimaaktivisten, die sich in Berlin festgeklebt haben, ihr Geld zurück. Die Bescheide müssten auf derselben Rechtsgrundlage basieren. Und Betroffene hätten zumindest rechtlich dagegen vorgehen, etwa einen Widerspruch einlegen müssen. Das haben bis September 2023 nur 662 von knapp 1300 Betroffenen gemacht.

Allerdings sind zahlreiche Gebührenfälle bei der Polizei auch schon abgeschlossen und die Bescheide rechtskräftig geworden – in diesen Fällen kann die Polizei das Geld behalten. Vor einem Jahr hatte die Polizei bereits 75.433 Euro mit 313 Gebührenbescheiden eingenommen, 157 Vorgänge waren abgeschlossen. Zudem sind laut Verwaltungsgericht noch bis zu 30 Klageverfahren anhängig, in denen noch nicht entschieden worden ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })