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Händler verkaufen Gold in Barren oder Münzen. Eine Münze zu 31,1 Gramm (Feinunze) kostet derzeit umgerechnet rund 1360 Euro. Mitunter fallen beim Kauf Gebühren an.

© dpa/Heraeus Holding/Wolfgang Hartmann

Goldrausch in Charlottenburg: Corona-Ladenschluss beendet Schlangestehen vor Edelmetallhändlern

Anfang der Woche gab vor den Edelmetallhändlern in Charlottenburg lange Schlangen. Menschen wollten massenhaft Gold kaufen. Doch das wird nun komplizierter.

Normalerweise verläuft das Geschäft im Edelmetallshop im Hotel Bristol am Ku’Damm in Berlin-Charlottenburg ziemlich ruhig. Wie Geschäftsführer Thomas Straub dem Tagesspiegel am Telefon berichtet, kommen die meisten Kunden nach Terminvereinbarung, um sich vor dem geplanten Edelmetallkauf beraten zu lassen. Dann würden noch ein paar Kunden ohne Verabredung kommen.

Doch am Montag dieser Woche war alles anders: Von der Ladenöffnung um 9.30 Uhr bis zum Abend standen die Menschen Schlange, um durchschnittliche Summen von 5000 bis 25.000 Euro in Gold umzutauschen. Zeitweise mussten die Mitarbeiter das Ladengeschäft schließen, um die Kunden nur in kleinen Gruppen hineinzulassen.

Ähnliche Szenen konnte man auch einen Steinwurf weiter vor dem Degussa-Laden in der Fasanenstraße beobachten, wie ein Leser berichtete. Nirgendwo sonst in Berlin dürfte die Dichte an Goldhändlern so groß sein wie in Charlottenburg - und speziell in der City-West. Auch am Dienstag erlebte der Edelmetallshop und andere einen vergleichbaren Ansturm.

Doch seit Dienstagnachmittag lässt sich dieses Phänomen nicht mehr beobachten. Wegen der Anordnungen des Senats zum Schutz vor der Corona-Pandemie bleibt auch der Edelmetallshop im Hotel Bristol bis auf weiteres geschlossen. Die Schlangen dürften sich ins Internet verlagern, wobei man dort in der Regel kein physisches Gold kauft, sondern Zertifikate. Die Menschen, die hier Schlange standen, ging es aber offenbar darum, das Edelmetall tatsächlich mit nach Hause zu nehmen oder im Bankschließfach einzulagern.

Sorge vor Wirtschaftsabschwung und Aktiencrash

Edelmetallshop-Geschäftsführer Thomas Straub macht das Coronavirus für diesen Ansturm verantwortlich. Denn die Lungenkrankheit schränkt die Wirtschaft ein. In Erwartung auf einen massiven Einbruch der Konjunktur verloren die 30 im Dax gelisteten Aktien im Schnitt ein Drittel an Wert in nur 14 Tagen in den letzten 14 Tagen: Luftfahrt- und Tourismusunternehmen fehlen die Kunden und auch traditionelle Industriekonzerne wie VW, Daimler und BMW müssen die Produktion einschränken. Die Weltwirtschaft steckt zweifellos in einer Krise.

Schlange zum Goldhändler Degussa in der Fasanenstraße 70 in Berlin-Charlottenburg am Montag, den 16. März 2020.
Schlange zum Goldhändler Degussa in der Fasanenstraße 70 in Berlin-Charlottenburg am Montag, den 16. März 2020.

© Markus Voigt

Nach Straubs Erklärung haben seine Kunden nun Angst, dass der Euro an Wert verliert oder gar zerbricht. Gold zu besitzen, würde ihnen eine gewisse Sicherheit geben. Denn in Krisenzeiten würde der Goldwert nicht so stark sinken wie der Geldwert. Tatsächlich gilt Gold als die klassische Krisenwährung. Dabei verursacht der Besitz von Gold mitunter auch Kosten - Gebühren für ein Schließfach zum Beispiel.

Und Gold ist im historischen Vergleich aktuell - trotz Verlusten in den vergangenen Tagen - sehr teuer. Er nähert sich dem Allzeithoch aus dem Jahr 2011. Der Preis für eine Feinunze (gut 31 Gramm) lag am Mittwoch bei 1486 Dollar (1362 Euro).

Einen vergleichbaren Goldrausch hat der Edelmetallshop zuletzt 2019 kurz vor dem Jahreswechsel erlebt. Damals sank die Bargeldgrenze von 9999 Euro auf 1999 Euro. Konkret bedeutet dies, dass die Kunden seit Anfang Januar weniger Bargeld in Edelmetalle umtauschen können, ohne ihren Namen angeben zu müssen. Daher wollten sie 2019 noch einmal ihre Chance nutzen.

Auch im Jahr 2010, während der Finanzkrise in Griechenland, zog es ebenfalls viele Menschen in den Edelmetallshop. Damals war die Angst verbreitet, der Euro könne als Währung scheitern. Dazu kam es bekanntermaßen nicht.

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