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Kiffer feiern mit einem Smoke In die teilweise Legalisierung von Cannabis: Mehrere Hundert Personen haben sich versammelt, um sich kurz nach Mitternacht einen Joint anzustecken.

© IMAGO/dts Nachrichtenagentur/IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Update

Gras legal: 1500 Cannabis-Fans feiern am Brandenburger Tor in Berlin

Seit diesem Montag darf in Deutschland legal gekifft werden, das feierten Menschen in Berlin ab Mitternacht. Die neuen Regeln kommen mit Auflagen. Die Kritik verstummt nicht.

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Mit der Legalisierung von Cannabis für Erwachsene hat in Deutschland in der Nacht eine neue Ära der Drogenpolitik begonnen. Der Besitz bestimmter Mengen Cannabis, der private Anbau und der Konsum der Droge auch in der Öffentlichkeit sind mit dem 1. April für Personen ab 18 Jahren unter Auflagen erlaubt. Die Ampel-Koalition hatte entsprechende Gesetzesänderungen gegen große Widerstände auf den Weg gebracht.

Am Brandenburger Tor in Berlin feierten Befürworter mit einem sogenannten Smoke-In ab Mitternacht die neuen Freiheiten. Hunderte Menschen versammelten sich laut einem Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort vor dem Berliner Wahrzeichen, zündeten demonstrativ Joints an und tanzten in ausgelassener Stimmung zu Reggae-Musik. Die Teilnehmerzahl lag im „unteren vierstelligen Bereich“, wie ein Polizeisprecher dem Tagesspiegel am Montagmorgen auf Nachfrage sagte. Zunächst hatte die „B.Z.“ von rund 1500 Feiernden berichtet. Die Lage war nach Polizeiangaben „sehr ruhig“ geblieben.

Wir können uns endlich zeigen, wir müssen uns nicht mehr verstecken.

Henry Plottke, Mitglied beim Deutschen Hanfverband (DHV)

Vor dem Berliner Wahrzeichen schmückte demnach ein meterhohes Cannabis-Blatt die Szene, und pünktlich zu Mitternacht glimmten dann etliche Feuerzeuge auf. Kurz danach strömte ein starker Cannabisgeruch über den Platz. „Wir können uns endlich zeigen, wir müssen uns nicht mehr verstecken“, sagte Henry Plottke, Mitglied beim Deutschen Hanfverband (DHV), der Deutschen Presse-Agentur vor Beginn der Aktion.

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„Punkt 12 gingen die Schwaden hoch. Das Brandenburger Tor stand ziemlich im Nebel“, sagte Plottke am Montag. „Das war eine top Stimmung.“ Gegen 00.40 Uhr endete die Veranstaltung den Polizeiangaben zufolge.

Die Versammlung wurde von der Berliner Ortsgruppe des DHV organisiert und war bei der Polizei angemeldet. Mit dem gemeinsamen Kiffen wolle man die „neugewonnene Freiheitsrechte“ feiern, sagte Plottke. Es sei für ihn ein Schlüsselereignis, legal einen Joint vor dem Brandenburger Tor rauchen zu dürfen. Als Konsument spüre er „eine Menge Erleichterung“ darüber, nun nicht mehr als Straftäter zu gelten. Er sei außerdem froh, dass sich durch die Legalisierung auch das Verhältnis zur Polizei entspannen werde.

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Nicht angemeldet war hingegen eine andere Aktion. Rund 20 Aktivisten aus dem Kreis des Berliner Hanfmuseums und des Dachverbands deutscher Cannabis Social Clubs (CSCD) trafen sich pünktlich um Mitternacht auf der Warschauer Brücke in Friedrichshain und zündeten sich ebenfalls einen Joint an. „Der erste legale“, sagte Museumsdirektor Steffen Geyer und nannte die Legalisierung „die Erfüllung eines langen Traumes“.

Die „Tüten“ wurden dann nicht nur herumgereicht, sondern auch an Passanten verschenkt. Da aber das Weiterreichen von Cannabis nach wie vor illegal ist, legten die Aktivisten ihre „Tüten“ auf dem Gehweg ab. „Ich entledige mich hiermit meines Joints“, tönte es immer wieder.

An zahlreichen Orten in Deutschland feiern Aktivistinnen und Aktivisten am Ostermontag die Legalisierung und laden zum gemeinsamen Kiffen, zu Diskussionsrunden und Demonstrationen ein. In Berlin lädt das Hanfmuseum um 16 Uhr zu einer Diskussionsrunde zum neuen Gesetz ein.

Lauterbach: Historische Chance

Gegner der Legalisierung bekräftigten zum Start ihre scharfe Kritik. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigte die neuen Regeln: „Heute beenden wir eine gescheiterte Verbotspolitik“, sagte der SPD-Politiker der dpa in Berlin. Das sei eine historische Chance. „Ab jetzt kombinieren wir eine echte Alternative zum Schwarzmarkt mit besserem Kinder- und Jugendschutz. So wie bisher konnte es nicht weitergehen“, fügte der Minister hinzu.

Die Regierung argumentiert damit, dass der Cannabis-Konsum trotz Verbots zugenommen habe, der Schwarzmarkt wachse und Cannabis, das dort bezogen werde, mit erhöhten Gesundheitsrisiken verbunden sein könne. Der Wirkstoffgehalt sei dabei unbekannt und es könnten giftige Beimengungen und Verunreinigungen enthalten sein.

Legalisierung in zwei Schritten

Nun wird in einem ersten Schritt zunächst der Besitz, private Anbau und Konsum bestimmter Mengen Cannabis für Erwachsene erlaubt. Ab Juli sollen in einem zweiten Schritt sogenannte Anbauvereine staatlich kontrolliert unter strengen Auflagen Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder abgeben dürfen. Gleichzeitig sieht das Gesetz Maßnahmen zur Suchtprävention vor.

Mit Inkrafttreten der Änderungen ist Cannabis von der Liste der verbotenen Substanzen im Betäubungsmittelgesetz verschwunden. Erwachsene dürfen jetzt in der Öffentlichkeit bis zu 25 Gramm der Droge mit sich führen, zu Hause sind maximal 50 Gramm erlaubt. Außerdem ist es gestattet, bis zu drei Cannabis-Pflanzen im Wohnbereich zu haben. In der Öffentlichkeit darf gekifft werden, aber nicht in der Nähe von Kindern und Jugendlichen, Schulen, Kitas, Spiel- und Sportplätzen und am Tage auch nicht in Fußgängerzonen.

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Verstöße können mit empfindlichen Bußgeldern geahndet werden. Die Weitergabe der Droge - mit Ausnahme im Rahmen der Vereine – bleibt strafbar, besonders bei Weitergabe an Minderjährige droht Gefängnis. Wer jünger als 18 Jahre ist, darf Cannabis nicht konsumieren.

Jugendrichter aus Bernau begrüßt den Schritt der Ampel

Der langjährige Jugendrichter Andreas Müller hat die seit Ostermontag geltende Teil-Legalisierung von Cannabis begrüßt. „Heute vor 30 Jahren wurde ich Richter. Meine Ziele waren ein besseres Jugendrecht und die Legalisierung von Cannabis. Und heute ist Cannabis teillegalisiert und die Konsumenten frei“, schrieb der Bernauer Strafrichter am Montag auf der Plattform X (vormals Twitter) als Reaktion auf das in Kraft getretene Cannabis-Gesetz.

Es war ein langer und teilweise sehr anstrengender Weg, den ich nur mithilfe aller Aktivisten bestreiten konnte.

Andreas Müller, Jugendrichter aus Bernau

„Es war ein langer und teilweise sehr anstrengender Weg, den ich nur mithilfe aller Aktivisten bestreiten konnte“, schrieb der Strafrichter. Am 20. April soll um 14.00 Uhr eine Großkundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin zur Teil-Legalisierung stattfinden, unter anderem Müller wird dort sprechen. Er gilt seit Jahren als eine der stärksten Stimmen für die Legalisierung von Cannabis im Land. 

Union: Schwarzer Tag für Jugendschutz

CDU und CSU bekräftigten ihre strikte Ablehnung der Legalisierung. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Tino Sorge (CDU), sagte der dpa: „In der Tat ist der 1. April ein historischer Tag. Er wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem die Ampel ein nie dagewesenes Konjunkturprogramm für den Schwarzmarkt ins Rollen gebracht hat. In den kommenden Wochen wird illegales Cannabis aus Altbeständen den Markt fluten.“ Sorge nannte die Legalisierung in ihrer jetzigen Form ein Risiko für die innere Sicherheit. „Wir werden sie nach einem Regierungswechsel rückgängig machen.“

CSU-Generalsekretär Martin Huber nannte die Legalisierung einen schweren Fehler. Der 1. April sei ein Glückstag für Dealer und ein schwarzer Tag für den Jugendschutz. Für Bayern kündigte er eine „maximal strenge Auslegung der Cannabis-Regeln und intensive Kontrollen“ an. „Wir wollen keine Kiffer-Hochburg werden.“ Ähnlich hatte sich auch schon Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) geäußert.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft kritisiert das. Behörden und Polizei würden dadurch in eine Position gebracht, in der sie ganz genau kontrollieren müssten, sagte der bayerische Landesvorsitzende Jürgen Köhnlein. Es fehlten aber genaue Verwaltungsvorschriften und Personal. Es gebe im Cannabisgesetz bei Ordnungswidrigkeiten und Straftaten deutlich mehr Tatbestände als bisher. „Das wird ganz, ganz kompliziert“, sagte Köhnlein.

Bedenken von medizinischer Seite

Der Legalisierung ging eine jahrzehntelange Debatte voraus. Im Beratungsverfahren zum nun in Kraft getretenen Gesetz hatten auch Medizinerverbände große Bedenken angemeldet, vor allem mit Blick auf Gesundheitsgefahren für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Zwar bleibt Cannabis rechtlich für Personen unter 18 Jahren tabu. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie zum Beispiel hatte aber darauf hingewiesen, dass die Hirnreifung erst mit Mitte 20 abgeschlossen sei und ein früherer Cannabis-Konsum das Risiko für Psychosen erhöhe.

Das Gesetz schreibt vor, die Auswirkungen der Cannabis-Freigabe durch „unabhängige Dritte“ untersuchen zu lassen. Ein erster Bericht, der speziell die Auswirkungen auf den Kinder- und Jugendschutz und das Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen betrachtet, soll demnach bereits im Herbst nächsten Jahres vorgelegt werden.

Die Legalisierung fällt mit der Öffnung für den Privatanbau von Cannabis und den ab Juli möglichen Anbauvereinen insgesamt deutlich schmaler aus, als von der Ampel ursprünglich geplant. Auf Eis liegt erst einmal das Vorhaben, auch den freien Verkauf von Cannabis und Cannabis-Produkten in speziellen Geschäften zu ermöglichen, so wie etwa in den USA oder Kanada. EU-rechtliche Bedenken stehen dem entgegen. (mit dpa)

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