zum Hauptinhalt

Berlin: Großflughafen kommt 2008, Passagiere zahlen ab 2003

Flughafengebühr wird verdoppelt / Berlin, Brandenburg und der Bund einigen sich mit Investoren auf Konzept zum Bau des Airports

Von Klaus Kurpjuweit

Der Flughafenausbau in Schönefeld soll zu einem großen Teil von den Passagieren finanziert werden. Zum Konzept, das an diesem Freitag förmlich beschlossen werden soll, gehört die Erhöhung der Flughafengebühr von derzeit 6,60 Euro um zunächst 3 Euro pro Passagier ab 2003. Nach Aufnahme des Betriebs sollen sie noch einmal um 5,10 Euro steigen. Fluggesellschaften haben bereits Widerstand angekündigt. Sie hatten schon die letzte Erhöhung nicht mitgemacht.

Die Gebühr, jetzt Flughafenentgelt genannt, gehört zu den „Risiken und Nebenwirkungen“ des Projekts, auf die gestern der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hingewiesen hat. Bislang haben sich Berlin, Brandenburg und der Bund auf Eckpunkte des Verkaufs der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF) an das Konsortium um Hochtief und IVG geeinigt. Der detaillierte Vertrag soll bis spätestens zum 30. November ausgehandelt werden.Sollten sich wichtige Grundlagen der Vereinbarung (Letter of intent) ändern, haben beide Seiten ein Rücktrittsrecht. Dann müsste der Ausbau des Flughafens unter öffentlicher Regie erfolgen.

Rund 1,7 Milliarden Euro soll der Ausbau Schönefelds in der ersten Stufe kosten, sagte gestern IVG-Vorstandschef John van Freyend. 650 Millionen Euro will das Konsortium selbst als Eigenkapital aufbringen.

Ein wesentliches Finanzierungselement sind weiter die Flughafenentgelte für Starts und Landungen. 6,60 Euro werden hier nach Angaben der Flughafengesellschaft derzeit fällig. Die neuen Eigentümer wollen die Gebühren, wie berichtet, zum 1. April 2003 um 3 Euro erhöhen. Fluggesellschaften wie die Lufthansa bewerten diese Erhöhung als Vorgriff auf eine Leistung, die es noch gar nicht gibt und wollen deshalb die Erhöhung nicht mitmachen. Sie klagen bereits gegen die im April vorgenommene Erhöhung durch die Flughafengesellschaft um 2,50 Euro.

Gesetzlich können solche Entgelte erhoben werden, um den Betrieb kostendeckend zu bestreiten. Sie sind dann im Ticketpreis enthalten. Den vollen Kostendeckungsgrad habe man auch mit der letzten Erhöhung noch nicht erreicht, sagte gestern Flughafensprecherin Rosemarie Meichsner.

Die Investoren planen jedoch schon weiter. Nach der Inbetriebnahme des ausgebauten Flughafens wollen sie das Entgelt – nach derzeitigem Stand – noch einmal um 5,10 Euro steigern. Dabei gehören die Berliner Flughäfen schon heute zu den teuersten in Deutschland. Vor allem Billigfluglinien kalkulieren inzwischen mit jedem Euro. Wer ein Ticket für 24 Euro anbiete, werde nicht bereit sein, fast 20 Euro allein an Gebühren aufzubringen, argumentieren Kritiker.

Für die Flughafengesellschaft, die im Betrieb derzeit einen Gewinn erwirtschaftet, sollen die Altgesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund 290 Millionen Euro erhalten. Sie wollen sich aus dem Projekt völlig zurückziehen und die Flughafengesellschaft vollständig verkaufen. Die Gewerkschaft Verdi hatte sich vergeblich dafür eingesetzt, dass die öffentliche Hand mit 25 Prozent dabei bleibt. Das Konsortium hat den Kaufpreis deutlich erhöht. Lediglich 25 Millionen Euro hatte es im ersten Anlauf vor einem Jahr geboten. Danach hatten die Altgesellschafter das Angebot als nicht verhandlungsfähig eingestuft und Nachbesserungen gefordert.

Viel werden die Altgesellschafter vom höheren Kaufpreis jedoch nicht haben. Sie bleiben nämlich auf den Flächen des so genannten Baufelds Ost in Schönefeld sitzen, die die Flughafengesellschaft Anfang der 90er Jahre zu überhöhten Preisen kaufen ließ. Vorgesehen waren sie für einen Ausbau Schönefelds, der aber in der damals vorgesehenen Form nicht verwirklicht wird. Rund 300 Millionen Euro mussten für den Kauf als Kredit aufgenommen werden. Mit dem Erlös aus dem Verkauf der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF) muss der Kredit nun getilgt werden. Für den Haushalt bleibe so nichts übrig, bedauerte Wowereit gestern.

Freudig reagierte die Industrie- und Handelskammer (IHK). Die Grundsatzeinigung zur Privatisierung sei die beste Nachricht für den Wirtschaftsstandort Berlin-Brandenburg seit längerer Zeit. Die Wirtschaft erwarte nun, dass die offenen Fragen zügig gelöst werden. Ähnlich bewertet die Vereinigung der Unternehmensverbände die Unterzeichnung. Bedauerlich sei es aber, dass sich die Eröffnung auf 2008/2009 verschiebe..

Nach Ansicht der PDS, die im Wahlkampf den Ausbau Schönefelds abgelehnt hatte, gibt es nun eine „realistische Perspektive“ für die Flugverkehrspolitik. Ein internationales Luftdrehkreuz sei damit nicht verbunden. Beim Ausbau Schönefelds gehe es nur um den Ersatz der innerstädtischen Anlagen von Tempelhof und Tegel. Die FDP wies auf die weiter bestehenden Risiken hin, und die Grünen forderten eine neue Ausschreibung nach dem Vorliegen der Ausbaugenehmigung.

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false