Berlin: Hilfe für Indien: Zwei Stardirigenten, ein Hilfsprojekt
Als Daniel Barenboim Ende Januar die Fernsehbilder aus dem indischen Erdbebengebiet sah, hielt es ihn nicht ruhig im Sessel. "Da muss man etwas tun", beschloss der Dirigent und Pianist.
Als Daniel Barenboim Ende Januar die Fernsehbilder aus dem indischen Erdbebengebiet sah, hielt es ihn nicht ruhig im Sessel. "Da muss man etwas tun", beschloss der Dirigent und Pianist. "Indien braucht unsere Hilfe." Barenboim, der seit 1992 künstlerischer Leiter und Generalmusikdirektor der Deutschen Staatsoper Unter den Linden ist, rief seinen alten Freund an, den aus Indien stammenden Dirigenten Zubin Mehta. Spontan beschlossen die beiden, ein Benefizkonzert für die Opfer der Katastrophe zu geben. Sie zückten ihre Terminkalender und fanden einen Abend, an dem die beiden Vielreisenden gemeinsam in Berlin auftreten können. Am 22. März soll es soweit sein. Um 18 Uhr werden Barenboim, Mehta und die Musiker der Staatskapelle Berlin in der Philharmonie für die Überlebenden von Gujarat spielen. Bundeskanzler Gerhard Schröder übernimmt die Schirmherrschaft.
Für das Programm wählten Barenboim und Mehta zwei Stücke von Ludwig van Beethoven aus: Das 3. Klavierkonzert und die 3. Sinfonie, die "Eroica". "Die Eroica finde ich für den Abend sehr passend", sagt Barenboim im Gespräch mit dem Tagesspiegel. "Die Sinfonie ist ein Stück von außergewöhnlich großem Format. Darin sind alle Empfindungen bis hin zur tiefen Trauer vereint." Deswegen sei es wie geschaffen für das Benefizkonzert. "Und das Klavierkonzert verbindet mich besonders stark mit Zubin Mehta", sagt Barenboim. "Wir haben es hunderte Male gemeinsam gespielt." Außerdem sei es einfach ein besonderer Publikumsliebling. Barenboim sagt, er sehe es als seine Pflicht an, sich mit seiner Musik gesellschaftlich zu engagieren. Immer wieder hat er deswegen Benefizkonzerte in Berlin veranstaltet. So Ende der 80er-Jahre nach der Brandkatastrophe in Lissabon mit den Philharmonikern. Oder vor drei Jahren mit der Staatskapelle, um Geld für humanitäre Hilfe im Kosovo zu sammeln.
Das Konzert im März veranstaltet die Staatsoper in Zusammenarbeit mit der Indischen Botschaft, dem Tagore Centre (Indisches Kulturzentrum in Berlin) und dem Tagesspiegel. Damit so viel Geld wie möglich nach Indien gehen kann, spielen die Musiker ohne Gage, die Philharmonie steht ihnen mietfrei zur Verfügung. Bundesweit haben die Bundesbürger bisher für die Erdbebenopfer in Indien mehr als 16,5 Millionen Mark gespendet, wie die großen deutschen Hilfswerke am Mittwoch mitteilten. Die Hilfsorganisation Roter Halbmond forderte den weltweiten Verzicht auf Feiern zum Valentinstag am 14. Februar. Das Geld, das am Tag der Liebenden üblicherweise für Geschenke ausgegeben würde, sollte lieber den Opfern der Katastrophe gespendet werden, hieß es in einem Aufruf der moslemischen Organisation.
Das schlimmste Erdbeben in der indischen Geschichte hat im westlichen Bundesstaat Gujarat am 26. Januar nahezu 100 000 Menschen getötet. Offiziell wurden bisher 17 000 Tote bestätigt. 200 000 Menschen erlitten Verletzungen, mehr als eine halbe Million wurden obdachlos. Die Kosten der Katastrophe schätzt die Regierung des Bundesstaates auf umgerechnet zehn Milliarden Mark.
Für Daniel Barenboim, Zubin Mehta und die Staatskapelle Berlin sei das Benefizkonzert ein besonderes Herzensanliegen, sagt Barenboim. "Außerdem wollen wir das Berliner Publikum daran erinnern, dass Indien nicht nur ein Land ist, in dem schlimme Unglücke passieren, sondern auch eines, das so großartige Musiker wie Zubin Mehta hervorbringt."