
© Steffi Bey
Hobby-Weihnachtsmann tourt durch Berlin-Hellersdorf: „Bei mir ist alles echt: Haare, Bart und auch der dicke Bauch“
Im Dezember hat Michael Rosensky besonders viel zu tun: Der Rentner tritt in Kitas und Stadtteilzentren als Weihnachtsmann auf. Zu dem Job kam er durch einen Zufall.
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Wenn Michael Rosensky in diesen Tagen seinen roten Mantel anzieht, nimmt er sich Zeit für diesen Moment. Bedächtig schlüpft er hinein, prüft, ob der weiße Bart über der Kleidung liegt, und beginnt zu lächeln. Es ist wie eine Zeremonie, bei der er sich tief mit seiner Figur als Weihnachtsmann verbündet. „Ich laufe dann automatisch anders, mache kleinere Schritte und schlurfe mit den Stiefeln“, sagt der 71-Jährige.
Er ist bekannt im Hellersdorfer Kiez rund um den Kastanienboulevard. Und wird sogar ohne „die rote Uniform“, wie er sein maßgeschneidertes Kostüm nennt, erkannt. Weil er durch sein rundliches Gesicht, die weißen Haare und den leicht gelockten Rauschebart zu jeder Jahreszeit wie der Weihnachtsmann aussieht. „Bei mir ist alles echt – Haare, Bart und auch der dicke Bauch“, freut sich der aktive Senior. Manchmal schauen ihn Kinder so intensiv und lange an, dass er nickt und sagt: „Ja, ich bin es, und in der Weihnachtszeit komme ich auch zu dir.“
38 Auftritte absolviert Michael Rosensky in dieser Saison. Er besucht unter anderem Kitas, Stadtteilzentren, geht in Seniorenheime, Flüchtlingsunterkünfte und in ein Hospiz. Akribisch bereitet er sich auf jede Tour vor: Lernt seinen Text, manchmal noch während der Fahrt, und spielt dann seine Rolle.
„Normalerweise nuschle ich“
Seit 15 Jahren ist er in Berlin und Brandenburg als Weihnachtsmann unterwegs. Vieles ist inzwischen Routine, wie das Lächeln, die weit geöffneten Augen und das deutliche Sprechen. „Normalerweise nuschle ich, aber den Weihnachtsmann müssen doch alle verstehen“, sagt er.
Dass er im Alter diese Rolle annahm, hat er dem Team vom Laienpuppentheater Berlin e. V. zu verdanken. Dort engagiert sich Rosensky ehrenamtlich. Und die sagten mal zu ihm: „Du siehst aus wie der Weihnachtsmann.“ Er ließ seinen Bart länger wachsen und freute sich über seine neue Aufgabe. „Ich bin zufrieden, dass ich Menschen glücklich machen kann“, sagt der Hellersdorfer. Noch wichtiger sei aber das Gefühl, gebraucht zu werden. Früher war er Bauarbeiter, Polizist, Journalist und gründete nach der Wende einen kleinen Buchverlag.
Dort veröffentlichte er vor drei Jahren das Kinderbuch „Der kluge Weihnachtsmann – Sommergeschichten“. Inspiriert hat ihn ein Junge, der unbedingt wissen wollte, was der Weihnachtsmann im Sommer macht. Diese spannenden Geschichten liest er im Advent, aber auch im Sommer vor.
Manche Wünsche gehen ihm nah
Die großen und kleinen Zuhörer erfahren, dass er in der warmen Jahreszeit zum Beispiel an die Ostsee fährt und dort als Rettungsschwimmer arbeitet, in Berlin bei der Tafel Essen für Bedürftige ausgibt oder mit seinem Freund, dem Schweinswal, Müll aus den Meeren holt. Das meiste aus Rosenskys Weihnachtsmanngeschichten trifft wirklich auf ihn zu. Er ist das ganze Jahr über aktiv, und wenn er dafür ab und zu ein wenig Geld bekommt, spendet er das fürs Puppentheater am Kastanienboulevard.
Seine Rolle als Weihnachtsmann ist die, die ihm am meisten abverlangt, aber auch viel zurückgibt. Besonders ans Herz ging ihm der Wunsch eines vierjährigen Jungen. „Er kam auf mich zu und wünschte sich, dass ich dafür sorgen soll, dass sich seine Eltern zu Heiligabend nicht streiten.“
Lustig sei dagegen der Besuch bei einer Familie gewesen, die einen großen Schäferhund hatte. Weil der beim Abschlussfoto so traurig schaute, hob ihn Michael Rosensky mit auf seinen Schoß. Hat das anschließend allerdings „fast ein bisschen bereut, weil das Tier richtig schwer war“. Dieses Jahr stehen am Heiligabend vier Besuche an – unter anderem im Stadtteilzentrum Biesdorf, wo er Alleinstehenden eine Freude bereitet. Seine eigene Familie ist erst gegen 21 Uhr an der Reihe.
Und was wünscht sich der Weihnachtsmann selbst zu Weihnachten? „Ich würde mich freuen, wenn viele Menschen zum Blutspenden gehen, denn gerade zu den Festtagen oder in der Urlaubszeit werden in den Kliniken die lebenswichtigen Konserven knapp“, sagt der Hellersdorfer. Er selbst ist seit 52 Jahren aktiver Blutspender.
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