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Dass Hubertus Knabe als Leiter der Stasi-Gedenkstätte entlassen wurde, hat nichts mit Abrechnungen von Links zu tun.

© dpa

Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen: Hubertus Knabe ist an sich selbst gescheitert

Die Entlassung von Hubertus Knabe ist keine späte Rache des alt-kommunistischen Milieus. Knabe hat in Sachen Belästigungsvorwürfe falsch reagiert - und das nicht sehen wollen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Alexander Fröhlich

Hubertus Knabe erinnert nicht erst seit 2001, seit er Leiter der Gedenkstätte im früheren Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit in Hohenschönhausen wurde, daran, was Diktatur mit Menschen macht, wie das SED-Regime funktioniert und Menschen zerstört hat. Er hat viel früher schon gemahnt, wenn allzu schnell vergessen, auch verharmlost wurde, wenn frühere Stasi-Spitzel unerkannt Karriere in der Politik machen konnten. Weil die Aufarbeitung der Geschichte allzu oft ins Stocken geriet oder sogar gebremst wurde. Und die Aufarbeitung ist noch lange nicht vorbei. 

Noch immer kämpfen Menschen darum, dass sie als Opfer anerkannt werden, dass Taten und ihr Leid überhaupt als solche genannt werden. Ein Beispiel aus Brandenburg zeigt dies eindrucksvoll: Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Todesfällen im DDR-Übergangsheim Bad Freienwalde nachgeht. Jetzt im Jahr 2018, 29 Jahre nach der Wende. In dem Heim waren unliebsame, unbequeme Kinder und Jugendliche eingesperrt, die dem „Sozialismus in seinem Lauf“ (Erich Honecker) nicht angepasst waren. Die Drangsal und Willkür erlebten. Es dauerte bis 2017, dass an dem früheren Heim eine Erinnerungsstele aufgebaut werden konnte. Und noch immer kämpfen frühere Insassen darum, rehabilitiert zu werden. Sie nennen das Heim „Gefängnis“.

Das Renommee der Gedenkstätte ist auch Knabes Verdienst

Diesen Opfern hat Knabe Öffentlichkeit gegeben, er war ihr Sprachrohr. Mit deutlichen Worten. Etwa wenn die SED-PDS-Nachfolger, die Linke sich nicht einfach nur schwer getan hat mit ihrer Diktatur-Geschichte, sondern ihr Klientel der Altkader und Spitzel auch gehegt hat. Das Renommee der Gedenkstätte Hohenschönhausen ist somit auch Hubertus Knabe zu verdanken. Als historischer Ort ist die Gedenkstätte ein besonders eindrückliches Zeugnis dafür, wie die Diktatur funktionierte und was fehlte in der DDR: Die Freiheit von politischer Unterdrückung, Verfolgung und Gewalt. 

Und doch war Knabe zuweilen aus der Zeit gefallen. Ein Stück weit hat er sich zuletzt auch verrannt. Zwischen den wichtigen Erzählungen der Opfer von den Taten der Stasi, von der Quälerei, den Eingriffen ins Private, der Zerstörung von Familie hat er den Blick für die Zwischentöne verloren, für das Grau der Erfahrungen in der DDR zwischen Schwarz und Weiß. Zuweilen hat er auch die Unterschiede verwischt zwischen den Diktaturen. Wer links war, war ihm per se als Anhänger einer diktatorischen Ideologie verdächtig. Seine Entschiedenheit, das Absolute seiner Haltung brachte ihm viele Kritiker ein. 

All jene aber, die jetzt meinen, Knabes Absetzung sei die späte Rache der Roten an ihrem schärfsten Kritiker, sollten vorsichtig mit vorschnellen Urteilen sein. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) wusste worauf er sich einlässt, als der die Belästigungsvorwürfe gegen Knabes Vize-Direktor untersuchen ließ. Was kommen würde, wenn Knabe geht. Aber Lederer war nicht der Motor einer Bewegung, einer Verschwörung von Alt-Kommunisten, die Knabe los werden wollte. Wer ihm das unterstellt, unterschätzt ihn - und wird ihm nicht gerecht. 

Das Votum gegen Knabe fiel einstimmig

Auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), deren Einsatz für Frauenrechte bekannt ist, tat entscheidend mit. Weil nicht zu ertragen war, was in der Gedenkstätte vor sich ging.  Und alle Kritiker sollten bedenken: Der Stiftungsrat entschied einstimmig, dass Knabe gehen muss. In dem Gremium sitzt auch Dieter Dombrowski, der Vorsitzende der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft. Er selbst war politischer Gefangener in der DDR wegen Republikflucht. Als 2009 die Linke in Brandenburg Regierungsverantwortung übernahm, kam er aus Protest in seiner alten Häftlingskleidung in den Potsdamer Landtag. 

Am Ende fiel Knabe nicht wegen seines Stellvertreters, seines Vertrauten, der über Jahre gegenüber jungen Mitarbeiterinnen übergriffig wurde. Knabe stolperte über sich selbst. Weil er keinen Fehler bei sich erkennen wollte, meinte alles richtig gemacht zu haben. Als Chef einer staatlichen Stiftung hätte er spätestens seit den ersten Belästigungsmaßnahmen 2016 weitaus aktiver handeln müssen. Weil er das nicht tat, ging es unter seiner Führung weiter mit sexistischen Sprüche, mit Belästigung. Dass er jetzt unter Druck seinen Führungsstil ändern sollte - daran glaubten Bund und Land nicht. Die Entlassung von Hubertus Knabe taugt nicht für die Reaktivierung alter West-Berliner Frontstadtreflexe. 

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