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In vielen Städten - hier in Mexico City - gehören E-Roller längst zum Stadtbild. Inklusive Kopfhörern beim Fahrer.

© R. Arangua/AFP

Hype um neues Verkehrsmittel in Berlin: Die E-Scooter sind ein Riesenfehler!

Helme? So ein Quatsch! Fußgänger? Aus dem Weg! Wenn E-Scooter im Sommer Berlins Verkehr erobern, wird Blut fließen. Eine Polemik.

Okay, alle mal herhören. So wird es kommen: Im Mai wird der Bundesrat der Elektrokleinstfahrzeugeverordnung der Bundesregierung zustimmen, ab Juni werden ein knappes Dutzend kommerzielle Anbieter Berlin mit elektrischen Tretrollern fluten. Die sogenannten E-Scooter mit einer Höchstgeschwindigkeit von 12 km/h dürfen dann auf Bürgersteigen fahren, Fahrzeuge mit einem Maximalspeed von 20 km/h nur auf dem Radweg.

Aber so eine Unterscheidung wird in dieser Stadt natürlich keinen interessieren. Kontrollen? Haha.

Auf der Suche nach Alternativen zum Auto muss Berlin kreativ sein, Mut zeigen. Bei den E-Scootern ist die Stadt aber auf dem besten Weg, blind die Fehler zu wiederholen, die andere Städte bereits gemacht haben.

Fahrtwind im Gesicht - für kaum mehr als einen Euro

Am Anfang, an schönen Sommertagen, werden viele Berliner einmal aus Neugier auf einen E-Scooter steigen (wie in Oslo, wo die Roller gerade eingeführt wurden). Den Fahrtwind im Gesicht spüren, ins Schwimmbad oder ins Kino rollen. Sich darüber freuen, dass eine kurze Fahrt kaum mehr als einen Euro kostet, dass man den Roller überall abstellen kann. Nörgler werden sich beschweren, dass es wieder einmal enger geworden ist auf den Bürgersteigen. Aber hey, die neue E-Mobilität gibt es nicht umsonst.

Nach ein paar Wochen wird der Stadt auffallen, dass die Zahl der Roller ganz schön schnell angewachsen ist (wie in Paris, wo es dieses Jahr rund 40.000 Stück geben wird). Dass es vielleicht keine gute Idee ist, Zwölfjährigen per Gesetz zu erlauben, Fahrzeuge im Straßenverkehr zu bedienen, die aussehen wie Spielzeuge. Dass Touristen, die bislang mit Fahrrädern die Straßen verstopft haben, jetzt mit Rollern in Rudeln die Gehwege unsicher machen (wie in Madrid). Dass es ganz schön wehtut, mit 20 km/h vom Scooter aufs Pflaster zu stürzen, weil man einen Schluck Kaffee-to-go trinken oder ein Selfie machen wollte. Helme? Quatsch, braucht man nicht.

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Irgendwann wird die Stadt versuchen, reglementierend einzugreifen

In Massen geparkte Roller werden den Bürgersteig vor Kneipen in der Oranienstraße verstopfen. Betrunkene werden Scooter aus Witz nachts in den Landwehrkanal oder in die Spree werfen, verärgerte Anwohner auf rücksichtslos abgestellte Roller kacken (wie in San Francisco). Irgendwann wird die Verwaltung versuchen, nachträglich reglementierend einzugreifen (wie in Stockholm). Geldbußen einführen, feste Parkplätze einrichten, die Geschwindigkeit der Roller in besonders belebten Gegenden abregeln wollen.

Ist man ein Schwarzseher, wenn man glaubt, dass Berlin daran scheitern wird?

Es wird Verletzte geben, Blut wird fließen. Nasenbeinbrüche, Handgelenksfrakturen, Gehirnerschütterungen. Es wird Zusammenstöße zwischen Autos und Rollern geben (wie in Austin und Washington). Vielleicht wird jemand sterben (wie in einem Vorort von Barcelona). Dort wurde im vergangenen August eine 90-Jährige getötet, als zwei Jugendliche auf einem E-Scooter mit ihr zusammenstießen. Der Fahrer soll auf sein Smartphone geschaut haben. Die Frau war in einer Fußgängerzone unterwegs. Mit ihrem Rollator.

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