
© Jan Düfelsiek
„Ich trage den Hidschāb auf meine Art und Weise“: Berliner Schauspielerin Tua El-Fawwal träumt von einer Rolle als Marvel-Heldin
Mit 10 Jahren kam Tua El-Fawwal aus Ägypten nach Deutschland. Mit der ZDF-Neo-Serie „Druck“ wurde sie entdeckt. Nun ist sie für den „New Faces Award“ des Bunte-Magazins nominiert.
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So werden aus Zufällen Karrieren. Eine Freundin hat Tua El-Fawwal darauf aufmerksam gemacht, dass sie für eine Rolle in der ZDF-Neo-Serie „Druck“ infrage käme. Gesucht wurde dafür eine Schauspielerin, die auch privat einen Hidschāb, ein Kopftuch, trägt. „Kann man ja mal versuchen“, dachte sie sich, von Neugier getrieben. „Warum nicht“?
Schon beim Dreh der ersten Szene erkannte sie ihre Berufung. „Das ist es, was ich in den nächsten 40 bis 60 Jahren meines Lebens machen möchte.“ Für die Serie „Druck“ wurde sie 2020 sogar mit dem Deutschen Schauspielpreis als beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet. Es kamen weitere Rollen, unter anderem in „Polizeiruf 110“ und „In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte.“ In der Web-Serie, die über Youtube ausgestrahlt wird, geht es um das Leben einiger Schülerinnen am Barnim-Gymnasium in Berlin. Die Serie begleitet die jungen Frauen in ihrem Alltag und behandelt Themen wie Freundschaft, Liebe und Identitätsfindung.
Tua El-Fawwal kam erst im Alter von 10 Jahren aus Ägypten nach Berlin, wo ihr Vater schon länger lebte. Das Ankommen in Deutschland hat sie als sehr schwer empfunden. „Plötzlich war ich anders als andere“, erinnert sie sich. „Irgendwann wollte ich nur noch untergehen in der Masse, endlich wieder normal sein.“
Plötzlich war ich anders als andere.
Tua El-Fawwal
In Ägypten sei sie cool und beliebt gewesen. Hier hätten alle immer nur gewollt, dass sie sich integriert. „Aber was ist das denn, Integration?“, fragt die 27-Jährige in akzentfreiem Deutsch. Immerhin sei sie auf dem Menzel-Gymnasium, dem heutigen Gymnasium Tiergarten, irgendwann ausgezeichnet worden, weil sie mehrere arabische Dialekte beherrschte und immer wieder beim Dolmetschen mit Eltern, die des Deutschen nicht mächtig waren, half.
Stationen in der Suchtstation und im Quartiers-Management Moabit
Als sie ihre erste Rolle in „Druck“ bekam, hatte sie bereits ihr Studium der Sozialpädagogik begonnen. Das setzt sie nun weiter fort. „Wenn ich einmal gehen muss aus der Welt, will ich etwas Gutes zurücklassen“, sagt sie. Unter anderem hat sie schon auf einer Suchtstation und im Quartiers-Management in Moabit gejobbt. Auch das erfüllt sie.
Nebenbei hat sie in London bereits ihre Schauspiel-Ausbildung angefangen. Dass sie das Kopftuch trägt, sei einzig und allein ihre eigene Entscheidung, betont sie. Da habe niemand hereinzureden. „Das ist eine Sache ganz allein zwischen der Frau und ihrem Gott.“ Dass Frauen mit Kopftuch sich viermal so oft bewerben müssen wie andere Frauen, findet sie ungerecht. „Es ärgert mich, dass der Hidschāb als politisches Symbol instrumentalisiert wird von patriarchalischen Männern.“
Traumrolle: Frau, die zum Mond fliegt
Niemand, betont sie, habe einer Frau zu sagen, wie sie sich kleiden soll. Beim Video-Interview baumelt ein Zopf neben ihrem Gesicht. Den Hidschāb trägt sie da ganz hinten, fast wie eine Kappe. Es ist ihr wichtig, dieses Kleidungsstück individuell zu gestalten. „Ich trage es auf meine Art und Weise.“ Welche Rollen sie gern einmal spielen möchte? „Die Frau, die zum Mond fliegt oder eine richtig böse Boss-Lady.“ Als großer Marvel-Fan wäre sie am liebsten eine Marvel-Superheldin mit Kopftuch.
Mit ihrem selbstbewussten Auftreten will El-Fawwal Mädchen vermitteln, dass sie alles sein, alles erreichen können. „Kunst hat keine Grenzen“, sagt sie. Sie wolle Geschichten erzählen und die Herzen von Menschen berühren. Die nächste Chance auf eine Auszeichnung wartet schon.
In diesem Jahr ist El-Fawwal wegen ihres Engagements für mehr Diversität in Film und Fernsehen für den „New Faces Award Film“ nominiert. Der Nachwuchs-Preis des Magazins „Bunte“, der am Donnerstag in Berlin verliehen wird, gilt auch als Sprungbrett für eine internationale Karriere. Und für die, auch das sagt El-Fawwal freimütig, wolle sie jetzt die Weichen stellen.
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